Transkript von Episode 69: Grenzen als Sortiermaschinen – mit Steffen Mau

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Steffen Mau
Grenze geht es ja nicht um eine Normabweichung. Wenn ein Visum vergeben wird oder wenn jemand einreist, dann geht's nicht darum, dass die Person äh sozusagen das Visum.
Genutzt hat, sondern da geht es darum, abzuschätzen, ob diese Person möglicherweise das Visum missbräuchig nutzen.
Mit sozusagen einer solchen äh solchen so einem Paradigma des äh Verdachts äh öffnet sich natürlich der Weg.
Tür und Tor und das ist schon eine völlig andere Logik als die, die wir normalerweise haben, jetzt in liberalen Gesellschaften im öffentlichen Raum.
Unabhängige Kontrollen eigentlich nicht legitim sind, einfach so kontrolliert zu werden ohne Anhalt, das ist nur an der Grenze möglich.
Jan Wetzel
Zur 69. Folge von das neue Berlin. Wir sind zurück aus der Sommerpause, was deswegen ganz besonders ist, äh da wir.
Äh mal wieder persönlich vor Ort zu Gast sind. Das erste Mal seit Corona, was ja doch schon eine ganze Weile ist. Wir sind heute an der Humboldt-Universität ähm und auf dem Weg. Ich.
Potsdamer Platz gekommen, kommt man ja an der Friedrichstraße vorbei, auch direkt mit dem Fahrrad am Tränenpalast vorbei.
Der alten Ausreisehalle, der Grenzübergangsstelle Friedrichstraße, drehen deswegen, weil dort eben, ja, manche Beziehungen oder manche Besucher schrecklich geändert sind, weil die einen eben äh wieder an den Messen reisen durften, die anderen,
nicht. Für die meisten, insbesondere für Zugezogene hier in Berlin. Das merkt man natürlich heutzutage ist, wenn man dieses historische Gedächtnis nicht hat, ähm diese ähm Mauer längst nicht mehr da.
Und auch.
Blick ist dann doch so dieses, dass diese Mauern gefallen sind in bis insbesondere in Berlin, dieser Ende des Kalten Krieges, der sich hier so ästhetisch auch so ganz deutlich zeigt, allgemeiner
Eindruck gewesen, wir haben Freihandel erlebt, Freizügigkeit, den Abbau der europäischen Grenzen. Also eigentlich ein Ende der,
Grenzen. Unser heutiger Gast ähm sagt, dass das ja ein partikularer Eindruck war, vielleicht ein falscher Eindruck sogar. Äh wenn man auf die ganze Welt liegt, auf die Globalisierung,
blickt. Ähm es gibt mehr Mauern, es gibt schärfere Grenzen, es gibt andere Grenzen, ähm wer den Buchmarkt ein bisschen verfolgt, weiß schon, dass wir hier bei Steffen Mau sitzen. Ähm,
Er hat jetzt frisch das Buch Sortiermaschinen ähm herausgebracht. Der Untertitel ist die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert.
Ja und mit ihm wollen wir heute über die Grenze in unserer Zeit äh und was es bedeutet auch für die Entwicklung.
Der Welt, auch für uns vielleicht besprechen. Hallo Herr Mauer, schön, dass das klappt.
Steffen Mau
Ja, ich freue mich, dass sie beide da sind.
Jan Wetzel
Vielleicht zum Einstieg die Frage, wir haben ja natürlich vielen soziologisches Publikum, ähm was auch ähm gerne sich Gedanken darüber macht, wie konstruiert das eigentlich ist. Ich habe gedacht, ist die Grenze vielleicht nicht auch was Natürliches.
Man kennt Hunde, die ihr Revier verteidigen. Also äh wie würde man das vielleicht soziologisch erstmal verordnen? Ist das ein äh sozusagen natürlicher Tatbestand?
Steffen Mau
Es gibt natürlich äh ja auch Morphologien der Grenze, also das oder geographische Bedingungen, die die Grenze wahrscheinlicher machen oder unwahrscheinlicher, aber ansonsten bin ich schon äh simmel, da ist Similianer, dass ich sage, so zu sagen, Grenze ist auch erstmal was äh,
das ist eine soziale Tatsache, die sich räumlich formt
und nicht ein Raum, dass das soziale sozusagen herstellt. Und das äh wissen wir natürlich auch aus der Geschichte des Grenzen unglaublich kontingent sind. Also sie bewegen sich permanent hin und her, Grenzverläufe verändern sich
ganze Nationalstaatsbildung war eben auch eine Form der Grenz
Bildung und äh der Etablierung äh ja von Territorialität, also Territorialität verstanden als äh Form der Kontrolle,
von Personendingen äh äh in Form der Kontrolle von Raum
Also das ist das Spezifische sozusagen an dem territorialitätsverständnis, was man jetzt in der Moderne entwickelt hat. Man könnte sich andere Zuordnungssysteme vorstellen, also die katholische Kirche ist ja zum Beispiel nicht räumlich organisiert
die hat Mitglieder in aller Welt, die eben nicht territorial definiert werden.
Aber Nationalstaaten sind eben Territoriale Organisationen mit dieser Einheit von ja staatlicher Herrschaft, von ansässiger Bevölkerung
und von einem bestimmten Staatsgebiet, das ist schon etwas äh Typisches. Ähm das heißt äh eben nicht, dass jede Grenze, dass Grenzen natürlich sind, sondern es heißt letzten Endes, dass äh Grenzen,
auch anders denkbar wären,
Äh manche Leute, die jetzt in der Forschung darüber nachdenken, die kommen dann dazu sagen, ja, wenn ich an die Grenze kontingent ist, dann kann sie ja auch im Prinzip, es sind willkürlich.
Aber nicht dasselbe, Kontingent und willkürlich.
Sondern Grenzen sind natürlich auch gewachsen, sie haben bestimmte soziale Folgen, sie führen eben auch dazu, dass sich so etwas wie Nationen herausbilden, dass sich sowas wie Identität heraus äh bildet und von da sind sie unglaublich,
mächtig und in der Art und Weise, wie wir unsere Grenzen strukturieren strukturieren wir letzten Endes auch die.
Gesellschaft. Man könnte jetzt sagen, ja, wie funktioniert das eigentlich global? Da reden wir ja von der segmentierten Weltgesellschaft,
Also die gesamte Weltoberfläche ist ja patzeliert.
Einzelne Staatsgebiete. Es gibt eigentlich keine Gebiete, die nicht mehr durch den Staat ähm äh mehr oder weniger okkopiert sind. Also der Staat,
besetzt und besitzt äh diese Gebiete. Und das ist eben, da sind Grenzen eben zentrale Institutionen, soziale Ordnungsbildung.
Die Zuordnung, Klassifikation in räumlicher Hinsicht vornehmen.
Jan Wetzel
Wie kann man sich ähm diesen Prozess vorstellen? Also wir haben jetzt schon gesagt, heute.
Und ich meine, jeder, der, wer als Kind vielleicht auch so einen Globus hatte und dann ist das sozusagen,
Also dann ist natürlich noch die Frage, hat man topografisch, aber wenn man einen politischen Globus hat, dann hat man ja wirklich diese kleinen, bunten Felder überall. Äh wie hat sich das herausgebildet? Seit wann hat man eigentlich so eine Vorstellung, dass eben die Welt aus diesen.
Hundert X ähähm kleinen Feldern aus diesen paar Zellen, wie sie sagen, besteht.
Steffen Mau
Ja, also das Nationalstaatsprojekt, das ist zunächst mal ein europäisches.
Äh gewesen mit dem westfälischen Frieden, auch mit der Vorstellung äh staatlicher Souveränität, das ist dann global auch exportiert worden, zum Teil durch äh natürlich Koloniale.
Bestrebungen, zum Teil auch Imperiale, die gab's natürlich auch schon früher, dass man versucht sozusagen durch Raumausdehnungsprojekte äh im Prinzip so etwas wie Herrschaft äh herzustellen.
Das finden wir überall. Das Römische Reich äh ist ja auch äh so ein Fall. Aber das Osmanische Reich, man kann da ganz viele nennen, wo es immer um Landgewinnung,
gegangen ist, ne? Je größer man ist, desto mächtiger ist äh ist man, dass es heute nicht unbedingt der Fall.
Kann man auch anders sozusagen mächtig werden, zum Beispiel durch ökonomische Potenz oder durch militärisches Säbelrasseln, also gibt's Gas eine unterschiedliche Möglichkeiten,
vielleicht auch durch äh digitale Innovation, also wenn man sagt, äh auch die Digitalisierung ist natürlich eine Möglichkeit der.
Weltbeherrschung und der Machtgewinnung. Und ähm heute ist es eben äh im Prinzip ein global
etabliertes Modell dieser territorialen Ordnung. Aber die afrikanischen Grenzen, das ist ja auch bekannt, das sind eben zunächst mal Grenzen, die durch Kolonialmächte,
in der Berliner Konferenz, in 19. Jahrhundert gezogen worden sind, eben mit einem Lineal, deswegen sehen sie heute auch so aus, auch im Nahen Osten findet man ja Lineal, Grenzen, also gerade durchgezogen und da spielten natürlich ja
äh bestimmte äh Kollektivitäten spielten keine große Rolle, also Stämme äh
ethnische oder linguistische Gemeinschaften, äh die haben da bei diesen Art von Grenzbildung keine große Rolle gespielt, weil das eben äh ja in der Ferne entschieden worden ist und da ist nichts von unten
gewachsen. Das heißt nicht, dass diese Grenze heute nicht auch selber wirkmächtig sind und zum Teil auch weitgehend akzeptiert.
Afrikanische Union hat ja selber auch immer gesagt, ja, wir akzeptieren eigentlich diese
kolonialen Grenze auch in der postkolonialen Zeit, aber das ist sozusagen ein Modell, das hat sich überall rausgebildet in anderen Weltteilen, dann äh später. Und wir haben jetzt, wenn ich jetzt mal den
des letzten Imperiums anschaue, nämlich der Sowjetunion
oder auch Ex-Jugoslawien natürlich auch neue Staatenbildung, ne, die dann äh alte aufheben, zum Teil auch gar nicht unbedingt im Rückgriff,
das was davor war.
Weil er sich äh ja dann auch Bevölkerung verschoben haben. Wanderungsprozesse stattgefunden haben. Aber das ist sozusagen so ein so ein ganz gängiges Muster,
dass fast alle Staaten heute in gewisser Weise sich über
Territorialität äh definieren. Äh wir haben auch natürlich ähm ja einzelne Territorien, die sind nicht staatlich definiert, also abhängige Territorien
äh die dann Kids and Nevers und so etwas, ne? Oder auch äh Länder mit de facto Grenzen, die nicht,
international anerkannt sind, äh aber
sich so über die Zeit eingebürgert haben und irgendwie von den Beteiligten mindestens hingenommen werden, wenn nicht sogar äh äh akzeptiert werden
aber das sind eigentlich die Ausnahmen. Die Regel ist schon das Grenzen in ihrer Territorialität relativ stabil sind.
Und äh Autor, ein amerikanischer Autor spricht von Grenzfixität, ist so ein Begriff, den ich auch übernommen habe. Ähm also es gibt eine sehr starke Grenzfixiertheit seit dem Zweiten Weltkrieg, Grenzen verschieben sich kaum noch.
Davor sind sie ununterbrochen eigentlich äh immer gewandert.
Jan Wetzel
Habe ich auch gedacht, also ähm natürlich alle, die nach dem Krieg aufgewachsen sind, kennen das, aber man hat ja ähm wenn man sich zum Beispiel den äh.
Diese Landmannschaften und so weiter anguckt, die eigentlich bis in die achtziger und neunziger Jahre, weiß nicht, wie das, also hat sich dann, glaube ich, geändert, aber eben auch die Oder-Neiße-Linie äh noch nicht anerkannt haben.
Und natürlich auch natürlich das, was auch zum zweiten Weltkrieg geführt hat, auch zum Beispiel solche Grenzdebatten äh waren, was die sortierten Gebiete anging und sowas. Dass das hier jetzt auch noch nicht
unendlich lange her ist, ähm dass ähm dass ähm ja dass es zumindest vielleicht nicht die Existenz der der Länder oder der Grenzen, aber zumindest wie die Grenze genau aussah, im äh jetzt der deutschen ähm
Westgrenze ja genau dasselbe wie wie das da im Einzelfall ähm aussieht, welche Gebiete zu Frankreich gehören und so. Das ist auch noch nicht so lange her ist. Also ist auch.
Sozusagen in der europäischen Erfahrung eher ja etwas, was ja jetzt ein halbes Jahrhundert ein bisschen länger normal geworden ist.
Steffen Mau
Ja, also die Oder-Neiße-Grenze ist ja auch so ein interessanter Fall. Da gab's zur deutschen Wiedervereinigung noch große Debatten darum.
Ob man die jetzt äh endgültig anerkennen sollte oder nicht oder ob man noch äh irgendwie,
als Zugeständnis natürlich an äh die Ostpreußen, die dann äh äh sozusagen von abgewandert sind
ob man äh das nicht noch offen halten äh müsste
Also solche Debatten hat man natürlich und äh wie gesagt, es ist nicht so, dass es keine Grenzkonflikte äh gibt. Wir sehen die ja auch zwischen Aserbaidschan.
Und Armenien, wir sehen die bei einigen afrikanischen Ländern, wir sehen China ein Land, das eben Inseln aufschüttet
um ähm äh dann eine die Seegrenze zu verschieben. Wir sehen das zwischen Vietnam und äh Kambodscha, also es gibt schon an vielen Stellen auch äh heiße Grenzen, also wo es wirklich,
Konflikte, Rivalitäten, gibt auch Formen von Grenzverletzungen, aber die Grenzen sind trotzdem sehr stabil. Äh was ist vielleicht der Unterschied zwischen der Phase vor dem zweiten Weltkrieg oder auch im Zweiten Weltkrieg, aber das ist natürlich nochmal massiver
das ist, dass es heute im Prinzip 'ne Weltgemeinschaft gibt, die so 'ne Art von Wächterfunktion hat, also die politischen Kosten.
Grenzveränderung sind viel, viel stärker geworden, also früher hätte man gesagt, ja, das ist jetzt sozusagen regionalpolitisch vielleicht von Bedeutung, aber da mischt sich die Weltgemeinschaft nicht ein, aber die.
Die Echtung und äh möglicherweise auch die Sanktionen, die so zahnlos, wie die dann auch oft sind und äh äh so Schulter zucken, wie dann vielleicht auch die Invasion
Russlands India äh Ostukraine hingenommen wird. Äh aber es gibt eine Reaktion.
Und Russland kann das für aushalten, aber viele andere Länder könnten das nicht so ohne weiteres äh aushalten, sondern die sind schon
bisschen auf das Wohlwollen der Weltgemeinschaft äh angewiesen. Die wollen eben auch nicht zum Paria werden und deswegen gibt's eine stärkere Zurückhaltung, äh weil man eben weiß, dass das zu ja.
Auch öffentlichen und vielleicht sogar dann auch der praktischen Reaktion führt.
Jan Wetzel
Kann man das auch jetzt im Fall Russland sagen, dass dort quasi also dass man vielleicht davor sagen konnte, okay, mit den Menschenrechten, das ist noch eine innenpolitische Frage. Da auch das ist ein Problem, aber ähm in dem Moment, wo wirklich expansiv dort die Grenzen verschoben werden.
Ist diplomatisch auch ganz viel nicht mehr möglich.
Steffen Mau
Man hat das ja immer wieder versucht, mit Russland im Gespräch äh zu bleiben, äh aber es ist äh schon so, dass diese verschobene.
Ostgrenze der Ukraine und mit der Besatzung auch mit diesen pro-russischen äh Milizen. Äh dass die sich in gewisser Weise verstetigt. Also man spricht dann von de facto Borders, äh also die äh
irgendwie eine Lebensrealität gewonnen haben, wo es dann auch äh
Grenzkontrollen gibt, äh wo es auch äh sozusagen Leute gibt, die im kleinen Grenzverkehr darüber gehen, äh äh und äh wo die im Alltag sozusagen eine Art von Normalität dann plötzlich äh erhalten
äh bishin dann auch zu neuen äh Gebietsregionen, die dann da entstehen, also neue administrative Einheiten, die dann da gegründet werden und wenn das sehr, sehr lange dauert.
Über 20, 30 Jahre, dann setzt sich so eine Grenze eben fest. Das ist vermutlich jetzt auch der Versuch, den den Russland da.
Unternimmt, ich hab eine Kollegin hier in Berlin.
Quwedolin Sasse vom äh die macht genau Forschung äh dazu, die guckt sich eben an, wie sich aus dieser äh mehr oder weniger militärischen äh Situation. Die Besatzung, wie sich da im Alltag der Leute an die Grenze heraus.
Bildet.
Und was dabei eigentlich äh passiert. Äh und das ist äh jetzt ein Beispiel, äh dass man dafür nehmen könnte, dass Grenze eben auch äh als Resultat politischer oder auch militärischer Konflikt,
äh entstehen, äh wo dann sich plötzlich irgendwie was festsetzt, die Front sich nicht mehr bewegt und dann über lange Zeit
dann auch äh ähm mehr oder weniger äh sich Dinge so festsetzen. Also äh jetzt die äh es gibt ja diese auch äh ja Zypern ist ja auch so ein Fall oder Nord und Südkorea.
Das sind eben auch Grenzen als militärische Zonen, die eigentlich,
Frontstellung der benachbarten Territorien oder Staaten dann auch äh bedeuten. Aber äh die sich dann.
Gewisser Weise verdauen und dann auch da bleiben.
Leo Schwarz
Hat ja Jan am Anfang schon dieses große Narrativ, diese große Erzählung.
Aufgerufen, dass wir eigentlich uns tendenziell in einer Welt befinden, die immer weniger Grenzen kennt, ähm also vor allem mit, ich würde sagen, die neunziger Jahre sind stark von dieser Stimmung geprägt gewesen, natürlich auch durch die Erfahrung.
Ähm äh das Zerfalls der Sowjetunion und der ähm ja des ähm.
Endes dieses zentralen, globalen Konfliktes, dieser Lagerbildung sozusagen und dann natürlich äh auch.
Der Berliner Mauer, der jetzt natürlich für Deutsche besonders äh biographisch oder auch äh in der kollektiven Erinnerung feststeckt. Sie haben äh in einem Forschungsprojekt sich.
Auch ja quasi quantitativ mit den Grenzen weltweit beschäftigt und kommen eigentlich zu 'nem ganz anderen Ergebnis das,
Die wirklich harten Grenzen, die äh sie nennen das Grenzen, also die, die wirklich auch nach
nach Grenze aussehen und nicht nur nach Grenzstein ähm dass die seit äh eigentlich dem Zweiten Weltkrieg kontinuierlich zugenommen haben.
Wie wie erklärt sich das? Also und wie wie kommt's auch zu dieser Dissonanz in der Wahrnehmung vielleicht.
Steffen Mau
Ja, das Interessante ist, dass man im Prinzip die Zahl dieser vortifizierten Grenzen, die ist eigentlich in 50er und 60erjahren so ein ganz bisschen gestiegen. Da sieht man bisschen Aufwärtsbewegung
und dann bleibt die so stabil und neunzehnhundertneunundachtzig, klar, die Ost-West äh Konfrontation fällt dann weg, da geht's ein bisschen drunter.
Sind ja aber auch nur wenige Grenzen, die es betrifft, also die innerdeutsche Grenze, dann äh Tschechen, äh Ungarn.
Jugoslawien, also es sind eigentlich wenig Grenzen und seitdem geht's dann hoch und ab 2000 geht's nochmal dramatisch hoch.
Also man sieht dann richtig, wie das abgeht und äh das war für mich auch interessant äh zu sehen, dass das äh im Prinzip im Tandem mit dem Globalisierungsprozess äh und.
Dem auch damit verbundenen Grenzungsnarrativ äh passiert
und ja, wenn man das jetzt nun mal zahlenmäßig äh unterlegt, also es gab 1990 so zwölf von diesen sogenannten Borderwalls oder Mauergrenzen
heute gibt es deutlich über 70, siebenundsiebzig, 8und7 werden sogar jetzt monatlich wieder neue gebaut, auch in Europa
von 27 EU-Staaten haben zwölf immerhin vorifizierte Grenzen,
die sind nicht in die gesamte Grenzlänge vertifiziert, aber über Teile
aber äh ja Polen baut jetzt die baltischen Länder äh bauen, Ungarn hat das äh zu Serbien, äh Österreich hat einen ganz kleines Stück äh Slowenien, dann natürlich die spanischen.
Exklaven selbst am Tunnel,
äh an dem äh Kaletunnel in Frankreich gibt's Formen der Fortifizierung. Das kann man ja letzten Endes auch als Grenze betrachten. Also gibt's eine ganze Menge,
Beispiel selbst Norwegen hat jetzt Soße als zwar nicht Mitglied der Europäischen Union, aber zumindest ein assoziiertes äh Land äh fängt jetzt an, Grenzzaun äh zu bauen.
Zu belaruss zu Russland sind die Grenzen verstärkt worden, also das ist schon sehr sehr interessantes Phänomen. Bulgarien ist auch so ein Fall, äh wo das zu finden ist und Griechenland natürlich auch. Und ähm,
äh also wenn man das jetzt mal global misst, also von allen Landgrenzen, die es weltweit gibt, waren in den achtziger Jahren fünf Prozent vordiffizierte Grenzen, heute sind's zwanzig Prozent.
Ein enormer Zuwachs.
Leo Schwarz
Es ist eine Notwendigkeit oder es deutete sich so an, es ist irgendwie eine Notwendigkeit der Globalisierung, dass auch.
Oder sagen wir mal die andere Seite der Medaille, dass auch Mobilität speziell von Personen.
Eingeschränkt wird. Das ist zwar irgendwie unmittelbar plausibel und äh ich will auch gar nicht irgendwie so den naiven Gegenstandpunkt der sofortigen grenzlosen Welt aufmachen, aber man kann ja trotzdem auch.
Soziologisch fragen, was für ein Interesse hat eigentlich ein Nationalstaat oder ein größeres Territorium? Ähm.
Den Zufluss oder schwierige Metapher, also äh die Einwanderung von Menschen überhaupt zu regulieren, wenn gleichzeitig.
In bestimmten anderen Bereichen, wenn man sagt, okay, Kapital soll möglichst frei sich bewegen können, ob das jetzt wirklich der Fall ist, ist nochmal eine andere Frage, aber also Produkte, Dienstleistungen, Kapital ähm sollen irgendwie sich bewegen können.
Wo ist überhaupt das Problem? Wieso wieso müssen wir oder wieso müssen tun es empirisch ähm Nationen, dass sie ihre Grenzen ähm.
An den Grenzen Menschen bestimmter Art aufhalten müssen und ja Mobilität einschränken.
Steffen Mau
Gut, jetzt muss ich das nochmal richtig stellen. Ich meine das ja natürlich nicht normativ, ne, also sondern ich reine das äh meine Reihen sozusagen aus der Perspektive äh staatlicher.
Akteure. Und äh da gibt's natürlich bestimmte Ereignisse des Not äh notwendig machen wiederum,
Akteursperspektive äh und äh das hat was natürlich damit zu tun, dass wir uns nicht mehr in einer stationären Insassengesellschaft befinden. Also die Mobilität ist explosionsartig äh angestiegen.
Eine Zahl da in dem Buch, also zum Beispiel internationale Touristen gab es 195, 25 Millionen.
Jetzt vor Corona sind wir auf 1,5 Milliarden äh gewesen. Der Staat hat ein Kontrollinteresse
im Hinblick auf öffentliche Sicherheit, die Klassifikation von Personen, äh Zugehörigkeits äh äh Form
die äh Unterbindung sozusagen von ungewollter und ungewünschter äh Migration. Also es gibt eine ganze Menge.
Interessen auch Fragen von Kriminalität, äh Schmuggel äh sind sicher auch Teil äh sozusagen dieser Kontrollambition.
Versuchen, die nach wie vor äh auszuüben. Äh sie stellen aber Leute unterschiedlich.
Unter Verdacht, jemand, der aus Finnland nach Deutschland einreist, wird eben nicht unter denselben Verdacht äh gestellt wie jemand, der aus Burkina Faso äh kommt. Und diese Differenzierung, die wird eben durch staatliche Institutionen und Akteure,
vorgenommen und man konzentriert heutzutage die Kontrollressourcen die man hat ist ja auch so ein Zeit intensiv und administrativ auch aufwendig Leute zu kontrollieren die konzentriert man auf diejenigen.
Die waren als Risiko belastet in Anführungszeichen ansieht. Wiederum alles immer die Perspektive staatlicher.
Sicherheitsorgane und wir haben das ja jetzt äh in der Diskussion permanent, also aha gibt's 'ne
äh rechtspopulistische Auffallung in vielen westeuropäischen Ländern, in osteuropäischen noch viel stärker dann gibt es große Skepsis gegenüber offenen Grenzen, gibt eine
Bewegung auch für Open Borders, ne, also die das auch normativ äh fordern und die ganzen äh sozusagen normative Argumente, die finde ich auch zugänglich und höchst plausibel
äh aber es ist nun mal so, wir bewegen uns eben in einem politischen Umfeld, wo es Skepsis gegenüber einer vollständigen Offenheit.
Und wo starten jetzt nicht nur an Ungarn, sondern man kann sich da viele andere anschauen. Auch so ein Recht auf kollektive Selbstbestimmung Geld machen,
wollen. Mit allen sozialen diskriminierenden und explodierenden Effekten, die das hat. Und wir haben ja letzten Endes jetzt innerhalb einer liberalen Ordnung, zwei Grundprinzipien, die,
auf Kollisionskurs geraten und das eine ist und sondern das Recht auf individuelle Selbstbestimmung.
Vielleicht auch Bewegungsfreiheit und auch die Möglichkeit, sich woanders äh Lebenschancen äh zu sichern, äh dazu gehören, also dass man eben nicht
Gefangener des äh Staates, in dem man geboren ist äh ist. Und das andere ist das Recht auf äh kollektive Selbststimmung. Das geht bis hin zur Auffassung, dass man sagt, ja der Staat ist eben sowas wie ein ein Club.
Wechselseitiger Kooperation und Vorteilsgewährung und dieser Club kann eben selbst entscheiden wer da,
Mitglied werden möchte und das muss er vielleicht sogar, weil die Clubgüter, also das, was man sich da erarbeitet hat.
Sonst in Gefahr gerät. Das ist im Prinzip diese auch ein rechtspopulistisches Argument, äh das eben behauptet, ja unser ganzer Sozialstaat gerät ins Rutschen, äh wenn wir jetzt äh plötzlich ganz viel Migration,
hätten und wir sind auch gar nicht so aufnahmefähig und das sprechen dann auch kulturelle und religiöse und andere Gründe,
dagegen. Von daher ist sozusagen die gesellschaftliche Ordnung häufig eben,
Nationalstaatlich ähm äh ja nach wie vor nationalstaatlich ausgeprägt. Äh es gibt
dann ja innerhalb des der EU oder des Schengenraums natürlich Form der Binnenmobilität, auch der Niederlassungsfreiheit und so weiter. Ähm aber das äh wird eben nur von einem Teil der Menschen in Anspruch genommen.
Jan Wetzel
Zu diesem Nationalstaat. Ähm ah da hat man ja auch die Vorstellung.
Dass das sozusagen im Zuge der Globalisierung eben zurückgegangen ist, das haben sie auch schon gesagt, wie würde man das eben,
de facto bewerten, also welche Rolle spielt der Nationalstaat,
in diesem Globalisierungsprozess, beziehungsweise damit verbunden Globalisierungen sagt man natürlich immer so schön und es ist ja seit den 90ern sozusagen die Supervokabel äh geworden für alles. Ähm was passiert.
Ähm ist das jetzt quasi eine Reaktion der Nationalstaaten auf diese Prozesse, dann aber die Frage,
Wir sind die Akteurin, die diesen Prozessen, man denkt natürlich so was wie an wie WTO und so zu sagen auch schon große politische Programme, ein anderes Freihandels im Regime.
Einzuführen und damit verbunden die Frage, es ist ja nicht so, dass es sozusagen vor dieser Globalisierung,
nicht schon auch Globalisierungsbewegungen gab, also das heißt, auch die.
Es gab eine große äh die die Polen, Einwanderung, Ende des 19. Jahrhunderts. Warum im Ruhrgebiet auch diese ganzen polnischen Namen sind und so weiter. Also man hatte ja auch schon lange immer wenn ein Nationalstaat sagt, ich habe eine Bevölkerung mit
einer Kultur, mit einer Sprache et cetera. Diese Bewegungen, also.
Wie würde man, ist es natürlich ein langer Prozess, aber ähm da die Rolle des Nationalstaates hin und ist ja stärker geworden vielleicht sogar.
Steffen Mau
Nationalstaatsbildungsprozesse wie ich sagte, ne, das waren immer Grenzbildungsprozesse äh und äh da gab's natürlich auch innere Form der Homogenisierung.
Also zum Beispiel über das Bildungssystem, äh Sprachpolitik, auch natürlich äh ethnische Politik, die zum Teil eine Rolle spielt und auch
äh natürlich so etwas wie Nation äh Branding, also dass man versucht, so etwas wie so eine Nationalidentität herauszu.
DDR war ja auch so ein Land, die das das verzweifelt versucht hat, aber wo es nicht so richtig äh gelungen ist, war man eben dann äh sich davon.
Bestimmte auch Stabilität oder auch Persistenz dieser nationalstaatlichen Ordnung überhaupt erstmal zu erzeugen, wenn keiner,
wenn die keine Bindungskräfte entfalten könnten, ja, dann äh würde es natürlich auch keine Bereitschaft geben zum Beispiel
äh für ein Land mit der Waffe in der Hand in den Krieg zu ziehen und möglicherweise auch äh zu sterben. Also äh man könnte jetzt so sagen, dass eigentlich die äh Grenzbildung auch dazu dient.
Die staatlichen Handlungskapazitäten.
Überhaupt erstmal zu erzeugen und bereitzustellen, indem man eben zum Beispiel äh den Menschen, die da leben.
Dass man die registriert, dass man die administriert, das hat ja alles wunderbar beschrieben aber auch zu Steuerbürgern macht zu Wehrpflichtigen
zu Leuten, die jetzt nicht nur Rechte haben, sondern denen man auch bestimmte Pflichten auferlegt. Und dieses sozusagen Bindungsverhältnis.
Das stellt sich eben nicht spontan und ad hoc her, sondern das ist eben eines, das äh tradiert ist. Äh und deswegen gibt's eben auch
bestimmte äh ja Staatsbürger hier Loyalitäten und Pflichten, die man äh dann auch äh akzeptiert.
Ist ein langer Prozess gewesen. Äh da gibt's natürlich jetzt auch Bewegungen, die da ein Stück weit rausführen.
Post National Citizenship ist ja so ein Begriff, ne, also ähm.
In den 90er Jahren war diese Vorstellung, dass wir in so eine postnationale Konstellation hineingeraten, schon relativ dominant
äh das hat auch äh in der realen politischen Entwicklung, auch in der rechtlichen Stellung, zum Beispiel von Staatsbürgern, äh durchaus den Wiederhall gefunden,
also früher waren ja unglaublich viele sozusagen Privilegien an den äh an die nationale Mitgliedschaft gebunden.
Zum Beispiel soziale Rechte. Heute finden sie ja gar keinen Unterschied mehr,
Zugang zu sozialen Rechten zwischen Staatsbürgern und nicht Staatsbürgern. Also wenn man langfristigen Aufenthaltstitel hat, ist man genauso in der Renten- und Krankenversicherung und sonstigem. Äh der Unterschied äh und bei den zivilen Rechten sowieso
äh der Unterschied besteht ja nur noch in den politischen Rechten, also dass man als äh nicht Staatsbürger eben keine Wahlrecht, kein Wahlrecht hat.
Bürger wiederum aber so ganz allgemein.
Ist das letzten Endes dieses diese enge diese enge Konnex zwischen Staatsbürgerschaftlicher Mitgliedschaft und Zugang zu spezifischen Rechten ist das aufgelöst worden.
Die politischen Rechte, wie gesagt, sind davon äh äh ausgenommen. Und ähm.
Gibt ja so ein äh berühmtes Aufsatzbändchen von von Jürgen Habermaß, die postnationale Konstellation.
Und da hat er auch wunderbare Formulierungen drin zu den Grenzen und da äh sagt er, eigentlich ist es so, dass unter Bedingungen von Globalisierung die,
die Grenzen, die so wie Schleusen funktionieren, die nur gewollte Zu- und Abflüsse dann zulassen wollen, dass die eigentlich umspült werden. Und äh das hat dann in der in der Forschung vielfach zu so einer Lost of Control-These geführt.
Also der Kontrollverlust von Staaten und der Bedingung von Globalisierung, die können zum Beispiel ihre Steuerpolitik gar nicht mehr selbst organisieren, weil sie einem internationalen.
Wettbewerb, um Investoren, um Kapital ausgesetzt sind.
Vielleicht auch, weil die Arbeitskräfte abwandern, wenn die Besteuerung äh zu hoch ist. Äh die können bestimmte Sachen gar nicht mehr äh selbst regeln, die müssen sich liberalisieren, das war ging natürlich auch mit dieser liberal neoliberalen
Vorstellung immer einher, dass sozusagen so 'n so 'ne Weltmarktintegration auch erstmal
auf bestimmten ökonomischen, auch sozialen Nutzen hervorrufen äh würde.
Jan Wetzel
Aber da wäre eben genau meine Frage, ist das sozusagen dieser.
Globalisierungstalk oder kann man das auch quantifizieren? Also das ist eben wirklich ähm ein Machtverlust, der Staaten bedeutet, wer andersrum,
könnte man ja genauso sagen, auch da haben wir mit Dieter zum Beispiel schon mal gesprochen wo man ja eigentlich ein Gefühl dafür entwickelt, dass Neoliberalismus sehr.
Die staatliche Macht sehr ernst nimmt auch darum wissen, dass ein Weltmarkt natürlich nur durch die nationalstaatliche Macht geschaffen werden kann
Das heißt, da zeigt sich eigentlich eher ein Nationalstaat sehr stark und gar nicht äh bedroht, sondern er muss sozusagen umprogrammiert werden, ähm um
Weltmarkt oder die eine bestimmte Art von Weltmarkt zu zu schaffen.
Steffen Mau
Ja, das ist äh schon das Interessante, dass die äh äh dass die Nationalstaaten selbst so eine Form von äh konstituenten.
Des globalen sind also es ist nicht so, dass die Prozesse der Globalisierung notwendigerweise vom Nationalstaat.
Wegführen. Äh manche interpretieren das sogar als Form sozusagen der Steigerung äh von äh Möglichkeiten. Auch die Europäische Union hier wird ja zum Teil so interpretiert, also was man als einzelner vielleicht auch kleiner Nationalstaat gar nicht kann.
Kann man dann im Verbund oder auch als Rettung des Nationalstaates. Ich habe
wer so eine These in dem Buch sind, dass ich sage, ja es ist schon interessant zu beobachten, dass die Grenzen jetzt sich eigentlich globalisieren. Also es gibt globalisierte Grenzregime.
Die zum Teil auch im Verbund mit internationaler Organisation, also International Organisation of Migration und andere dann äh durchgesetzt äh werden.
Aber es ist nicht so, dass das in einen postnationalen oder weltgesellschaftlichen Bezugsraum überführt wird, sondern es verweist immer wieder zurück auf die Nationalstaatlichkeit, zum Beispiel auf die Form von Territorialität
Die Grenze mag wandern und mag sich dann der Subsahara befinden, aber letzten Endes geht es um den Zugang
zum deutschen Territorium. Und äh das ist wirklich sehr interessant zu beobachten äh und ich glaube, das trifft für viele Prozesse der Globalisierung äh zu tun, dass die Nationalstaaten selber zentraler.
Akteure und Treiber dieses Globalisierungsprozesses sind und ihnen auch massiv äh mitgestalten. Und ähm äh zugleich dabei natürlich die Form.
Sozusagen, wie man das eigentlich macht und wie Nationalstaaten organisiert sind, sich vollständig verändert. Das schließt nicht aus.
Dass sie selber auch unter Druck geraten können, aber ich würde nicht sagen, dass der Nationalstaat jetzt ein ein ohnmächtiger oder schwacher.
Akteur ist, ich denke mal, die Coronakrise hat recht eindrücklich gezeigt, zum Beispiel in Bezug auf Grenzsicherungsmaßnahmen oder Grenzschließung, dass man von heute auf morgen quasi über Nacht.
Brücken hochfahren kann und die Mobilität zum Stillstand bringen kann. Mit rein rechtlichen Verordnungen. Dafür braucht man noch gar nicht so viel Grenzpolizei.
Man sagt einfach, kein Flugzeug darf hier mehr landen.
Man schafft es auch, 2hunderttausend Deutsche, die sich dann zu dem Zeitpunkt, wo das dann äh verfügt wird, im Ausland äh befinden sozusagen mit einer.
Großen Aktionen des Auswärtigen Amtes innerhalb von zwei, drei Wochen nach Deutschland äh zurück äh äh zu bringen.
Also man äh hat über Nacht.
Wieder so etwas wie eine Insassengesellschaft äh konstruiert und diesen Container, dessen Nationalstaates im Prinzip in seiner Vollständigkeit wiederhergestellt. Alle, die draußen waren.
Die jetzt im Freilauf waren, die mussten relativ schnell wieder zurück. Dafür hat man dann Maschinen geschartert und dann saß man eben wieder fest in diesen Nationalgesellschaftlichen Kompartimenten. Und dann gab's natürlich Leute.
Die waren nicht mehr zuordenbar oder die hatten wie nationale Ehen oder eine Person hatte keinen Aufenthaltstitel und so weiter. Das hat das alles verkompliziert. Da ist die eine eindeutige Zuordnung heute eben nicht mehr so möglich. Aber gemacht hat das der Staat.
Und mit einer, mit einer Wucht und mit einer einer Fähigkeit, die ich schon überraschend ist, äh selbst
auf der Subnationalen Ebene sind ja plötzlich Grenzziehung, also dass man bestimmte Landkreise nicht mehr verlassen durfte oder in die nicht einreisen durfte, dass Mecklenburg-Vorpommern äh seine Grenzen vollständig.
Dicht gemacht hat. Und äh da würde ich schon sagen, da war der Staat letzten Endes omnipotent. Ich hätte mir das nie vorstellen können.
Bin zu der Zeit äh zu meinen Hochbetagten Eltern äh nach Rostock gereist, dass ich äh sozusagen auf der Autobahn von Berlin nach Rostock fahre und äh äh zweieinhalb Stunden äh nur ein Auto sehe, ne?
Ist absolut ist absolut verrückt und äh obwohl es jetzt keine direkte Grenzkontrolle an der Grenze gab, sondern es gab nur.
Eine Entscheidung äh sozusagen eines eines Bundeslandes zu sagen, wir lassen jetzt keine Leute.
Die jetzt nicht Betreuungsaufgaben haben, wo der andere in unser Bundesland mehr hineinfahren und da gibt's ja auch im Prinzip 'ne 'ne Regeltreue,
äh äh der der Bevölkerung, ne? Also man macht die Sachen auch, weil sie dann eben verordnet sind äh gar nicht notwendigerweise, weil sie dann auch äh äh in der Fläche vollständig durchkontrolliert werden.
Jan Wetzel
Also kann man sagen, dass einfach der Nationalstaat ähm und auch das ähm.
Ja dieses Globalisierungs ähm Regime, das eben diese Territoritorialität nie verschwunden ist, sondern dass sie eher so.
Geräuschlos geworden ist. Also anderes Beispiel ist ja der Brexit, ähm wo man das äh
Was natürlich ein ganz seltener Fall ist, weil für die Mitglieder von solchen ähm äh von solchen Verbündeten, Staatenverbünden wie der EU selten,
quasi so blöd sind, könnte man jetzt sagen, ähm da raus zu gehen. Jetzt ist es im Fall des Brexit passiert und man nach wie vor dort ja Lehre,
Supermärkte hat, ähm weil sozusagen diese ganze Geräuschlosigkeit äh,
darin besteht, dass die Grenzen natürlich da sind. Anderes Beispiel ist, was mir immer im Kopf geblieben ist, dass äh CETA diese Freiheitshandelsabkommen, die haben ja Tausende Seiten.
Und auf diesen tausenden Seiten, die machen das ja nicht zum Spaß, da stehen ja überall also sind ja alles vertragliche Regelungen im Detail, wer hat welche Rechte, welche Branche, wie wo welches Gericht ist zuständig et cetera. Ähm.
Und diese sozusagen, also da es ist ja auch Verrechtlichung ein ganz eigener eigener Bereich davon. Das ist alles eben geräuschlos und man hat eher das Gefühl, es läuft irgendwie automatisch alles und es gibt immer mehr Freihandel und es gibt immer mehr Bewegungen, aber ähm.
Es sind unendlich viele Staaten und ähm Verträge daran beteiligt, Institutionen, riesige Organisationen äh und das.
Hat man irgendwie nicht gesehen vielleicht, äh kann man das so sagen?
Steffen Mau
Ja, also es ist schon so eine Art Hintergrundrauschen, aber das ist so wie bei jeder guten äh Maschine, die läuft und läuft und läuft, wenn sie mit dem Auto fahren, dann äh schnupst das irgendwie und der Motor fährt, dann guck
sie ja auch nicht immer unter die Motorhaube, wie jetzt irgendwie der Keilriemen und wie die Zündkerze nun gerade aussehen und wie da die ganze mechanische Übertragung funktioniert. Und äh so ist das letzten Endes auch. Also es gibt eben sehr komplexe Regelwerke
die soweit in den in den Schatten treten und sozusagen gar nicht mehr unsere Aufmerksamkeit
äh so richtig herausfordern, äh dass es einfach passiert. Und ich glaube, bei der Grenze ist es wahrscheinlich nochmal intensiver, weil man da diese starken sozialen Teilungsprozesse hat. Ähm das ist sicherlich auch sozusagen,
etwas, was äh für mein Buch jetzt relevant ist, äh dass man sagen könnte, es gibt eine Depolitisierung der Grenze äh auf der Seite der
privilegierten.
Weil die Grenze für uns gar nicht mehr tangeln gar nicht mehr spürbar ist. Also wenn man jetzt selber mal äh nach äh Russland reist und so weiter,
man muss dann vor seinen Pasta irgendwie abgeben oder noch eine Agentur beschäftigen und dann dauert das wieder ewig und kurz vor der Reise kriegt
man das denn oder wenn man wirklich äh an irgendeiner Grenze nochmal intensiv kontrolliert wird, dann fühlt man sich in gewisser Weise auch ohnmächtig
und stellt dann plötzlich fest, was was äh was was äh was ist das denn jetzt? Also wir sind jetzt im
im Urlaub sind wir von Wien nach nach Bukarest mit dem Zug gefahren und dann äh kommen dann plötzlich mitten in der Nacht im Schlafwagen äh eben die äh.
Die Grenze aus äh Ungarns an und äh leuchten da zu fünft dann da irgendwie das ist für die Kinder erstmal unglaublich irritierend, weil die dann ja, was machen die denn jetzt eigentlich? Die kennen ja sowas gar nicht
aber das ist sozusagen für viele Leute, die alltägliche Praxis, auch diese Angst sozusagen vor diesem, vor dieser
extrem starken staatlichen Autorität an der Grenze, also die Grenze ist ja der Ort, wo der Staat legitimerweise alle
kontrollieren darf und auch alle unter Verdacht stellen kann. Er stellt nicht alle gleicht
gleichermaßen der Verdacht, aber er könnte es und äh da gibt's ja, ja, so etwas wie einen sozialen Tauschprozess, also Kontroll- und Zugriffsrechte gegen Eintrittsrechte, also territorialer Eintritt.
Äh bis dahin, dass man all seine Taschen.
Muss, dass man sich in so einen Nacktscanner hineinstellen muss, äh äh wie das heißt und dass man sich vielleicht auch äh interviewen lassen muss, dass man aufgehalten äh werden kann.
Jan Wetzel
Ich hatte paar Mal das, glaube ich, wurde den Abstrich machen. Ja. Wenn ich auch paar Mal dann in so eine eigene Zelle und dann habe ich mich schon gefragt, äh habe ich mir irgendwo
Kokain äh ähm Schmuggler begegne, der wo ich vielleicht das ran bekommen habe äh und dann gehen schon die schlimmsten Filme. Man hat ja auch so Filme, wo das dann vom einen zum nächsten und dann am Ende ist dann wirklich der Schwerverbrecher. Also es ist ähm genau, eine sehr auch nervliche.
Schwierig.
Steffen Mau
Und das ist natürlich, da spielen natürlich auch ähm rassistische äh und auch kulturelle Aspekt
äh unbedingt mit rein, also das wissen wir ja auch vom Profiling, dass nicht alle Leute gleichermaßen kontrolliert werden
wenn sie als westeuropäischer äh weißer Mittelschichtsbürger reisen, dann äh sieht das eben ganz anders aus, als wenn sie äh
aus dem globalen Süden kommen oder eine dunkle Hautfarbe haben oder äh oder anderes. Oder ein auffälligen äh Namen. Äh und das ist.
Leo Schwarz
Nicht nur an der individuellen Entscheidung des Grenzpersonals unbedingt, die dann irgendwelche rassistischen Muster im Kopf hat, sondern das ist ja regelrecht.
Kodifiziert, dass die und die national Zugehörigkeit zu äh verschärfter Kontrolle führen muss, also zumindest eine amerikanische Flughafen, kann man mit dem falschen Pass.
Unangenehmes Erleben, auch selbst wenn man wahrscheinlich vermutlich auch wenn man blonde Haare hätte sogar. Also nur weil immer wieder gesagt wird, dass der Begriff des strukturellen Rassismus irgendwie unplausibel wäre. Da, finde ich, ist er gerade
massiv plausibel, weil es ja wirklich äh Regeln, die jetzt innerhalb äh des Staatsterritoriums noch einigermaßen äh gelten würden, an der Grenze
fast ausgehebelt scheinen, weil man eben wirklich, wenn man rein will, muss man dieses äh Prozedere über sich ergehen lassen und die Regeln akzeptieren, die einem hier auferlegt werden. Da gibt's keine als wenn man in USA am Flughafen ankommt.
Sollte man bereit sein, seine Fingerabdrücke abzugeben. Äh da ansonsten muss man zurückfliegen. Also das ist wirklich.
Steffen Mau
Ja, es ist interessant und äh dass natürlich auch viele Leute, also gerade jetzt was autoritärer Regimes angeht, aber auch die Grenze zur USA ist auch immer so eine, wo man so ein bisschen so ein flaues Gefühl im Wagen hat.
Geht das jetzt äh gut? Beantwortet man die Fragen jetzt richtig? Also wenn man zu einer Konferenz, dann darf man eben nicht sagen, dass man da arbeitet, obwohl man ja eigentlich arbeitet, aber äh sonst sieht das so aus, als würde man da irgendwie als illegaler Einreisen da äh
dann äh eine ähm Beschäftigung aufnehmen wollen. Also man muss im Prinzip auch die die Koda der Grenze äh ganz gut äh kennen. Und äh
die Leute, die jetzt die innerdeutsche Grenze öfter mal passiert haben, von äh, weiß nicht, Stuttgart nach Berlin oder von Hamburg nach Berlin, die kennen das natürlich auch mit den ostdeutschen äh Grenzern und mit den Rollspiegeln, die unter das Auto gehen oder wenn wir einen Spiegel hätte.
Blage, also die Zeitschrift äh liegen hatte oder bestimmte Kassetten, äh dann konnte man schon verdächtig werden, also da kann unglaublich viel
kann plötzlich Verdachtsauslösend sein, äh wenn die Grenze das dann äh wollen. Aber das ist sozusagen Teil der
gebe ich ihnen Recht, sozusagen dieses institutionalisierten Regimes des Misstrauens. Äh die Grenze soll ja Misstrauen und äh soll die Frage äh des
risikolosen oder der risikolosen Reisenden oder der vertrauenswürdigen, das ist ja die.
Unterscheidung, die man machen will. An der Grenze geht es ja nicht um eine Normabweichung.
Um eine Ordnungswidrigkeit oder eine Gesetzesübertretung, sondern an der Grenze geht es nur um Mutmaßungen darüber, nur um Verdachtsfälle.
Letzten Endes um die möglichen Intentionen zu einem Regelabweicher äh zu werden.
Wenn ein Visum vergeben wird oder wenn jemand einreist, dann geht's nicht darum, dass die Person äh sozusagen das Visum missbräuchlich genutzt hat, sondern da geht es darum, abzuschätzen, ob diese Person möglicherweise das Visum,
missbräuchlich nutzen,
könnte. Und mit sozusagen einer solchen äh solchen so einem Paradigma des äh Verdachts äh öffnet sich natürlich der Willkür,
Tür und Tor, also es ist ein unglaublich äh schlecht einzuschränken und da geht's eben nicht darum, äh äh um äh sozusagen
einen wirklichen Nachweis oder einen gerichtsfesten Bestand, sondern Grenz äh äh Kontrolleure können Leute eben auch so festhalten und auch zurückweisen, äh wenn sie
bestimmte Anhaltspunkte haben und was dann Anhaltspunkt sein könnte, das ist relativ.
Weit, weit gefasst, bei jetzt Visumbeantragung in Konsulaten und Botschaften ist es im Prinzip noch äh aufgeweichter
weil es der Geier keine harten Kriterien gibt. Äh sie bekommen dann letzten Endes ein sehr inhaltsleeres Ablehnungsschreiben, wo steht äh die Bedingungen ihrer Reise konnten nicht festgestellt werden
äh oben steht, dass ihnen da jemand ganz genau nachweisen könnte, dass sie da eine kriminelle Handlung vorhatten oder werden äh könnten. Und das ist schon eine völlig andere Logik.
Die, die wir normalerweise haben, jetzt in liberalen Gesellschaften im öffentlichen Raum, wo verdachtsunabhängige Kontrollen.
Eigentlich nicht legitim sind, nur an bestimmten Kriminalitätsbelasteten Orten und so weiter, da gibt's ja da rechtliche Ausnahmeregelungen, aber einfach so kontrolliert zu werden,
Anhalt, das ist nur an der Grenze möglich.
Leo Schwarz
Da klang jetzt grad schon einen Moment an, was ich auch sehr.
Interessant fand, auch wenn's irgendwie auch offensichtlich ist, aber man macht sich das immer nicht so richtig klar, dass es halt auch sowas gibt wie Papierkränzen, dass man eben gar nicht unmittelbar an einem Grenzbeamten scheitert oder an einem
einer Handfesten, sondern dass man einfach schon, wenn man versucht, ein Visum zu bekommen, was man nur.
Was man als Angehöriger eines bestimmten Staates eher braucht als Angehöriger eines anderen Staates.
Dass man da auf was stößt, was äh absichtlich,
irgendwie so ein bisschen kafkaesk ist, weil man fühlt sich, also man muss es ja oft in einer fremden Sprache ausfüllen und man fühlt sich immer so ein bisschen,
Nicht klug genug oder man hat äh man hat äh man hätte Fragen. Wie ist diese Frage zu verstehen? Was muss ich hier aufführen? Und das ist immer so ein so ein grau Bereich, in dem man dann Wahre Angaben macht oder auch nicht
und letzten Endes ähm,
wenn dann eben diese diese auch sehr oparken Ablehnungsbescheide kommen, dann gibt's vermutlich auch in der Regel keine Ansprechperson oder so. Man hat's tatsächlich mit einer äh einer bürokratischen Struktur zu tun, die.
Ich vermute intentionalerweise tatsächlich
undurchdringlich ist und die an der Leute schon systematisch und in statistisch signifikanter Zahl scheitern, bevor es überhaupt äh um die Frage geht, habe ich jetzt was in meinem Handgepäck, was gefährlich ist oder so. Also die ähm also die nicht,
der nicht gemachte Migrationsversuch durch bürokratische Hürde ist eigentlich schon ein ganz großer Faktor auch, nicht wahr?
Steffen Mau
Ja, das ist so. Also die im Prinzip gibt's so etwas wie so ein äh so einen grauen Schatten äh der Macht, der der der staatlichen Macht, äh wo
bestimmte Leute schon davon absehen, überhaupt äh sich darum zu bemühen, ein Visum zu bekommen, weil sie wissen, dass da unglaublich viele bürokratische Hürden aufgebaut sind und das geht eben weit über.
Bestimmten spezifischen.
Regelungsbereich rechtlicher Art hinaus, sondern es sind vielfach dann auch bürokratisch administrative Prozeduren, also sozusagen die Vollzugsseite.
Des Rechts ist ja angesprochen und ja wie kann man Hürden schaffen.
Zum Beispiel indem man sagt, also man hat ein großes Land äh und man sagt, die Leute müssen persönlich,
Visumbeantragung erscheinen äh oder indem man äh den den Rechner, der dann.
Bestimmte Dokumente hochlädt, indem man den sehr langsam macht und die Leute müssen siebenundzwanzig Mal probieren, bis das einmal.
Gelingt, indem man nicht das nicht in der äh Sprache macht, in der die tatsächlich sprechen und natürlich der Umfang der Dokumente ist letzten Endes auch,
Ufer los, den man da potenziell um sich als vertrauenswürdiger Reisener dann auszuweisen äh hochladen muss. Und das wird gezielt von Bürokratien.
Auch genutzt. Wir hatten vor einigen Jahren auch
äh den äh äh Visa äh Ausschuss im Bundestag, da ging's um bestimmte Visumpraktiken in der Ukraine und da musste Joschka Fischer, der damalige Außenminister auch äh sozusagen lange Auskunft äh geben.
Und da hat man im Prinzip gesehen, dass sich um diese äh Botschaft herum in Kiew äh so ein ganzes Geflecht von Agenturen,
äh gegründet hat, äh die den Leuten auch eine, also die äh auch mit Wissen und äh zum Teil auch mit
kooperation der Botschaft äh sozusagen Geld abgenommen haben und äh die Leute im Prinzip so vorbereitet haben, wie auf eine Prüfung, deren äh Unterlagen zusammengesammelt haben. Also weil man eben wusste, ohne,
professionelle Assistenz.
Ist das gar nicht möglich, sowas wie man heute Förderanträge bei der EU äh stellt, ohne professionelle Assistenz ist das gar nicht möglich, alles richtig äh zu machen und die wissen dann auch, die Tricks in
und und Kniffe und welche äh Knöpfe man genau drücken muss und welche Passwörter man dann irgendwie braucht.
Um da äh durchzukommen und das gibt's ja fast in allen Ländern äh in und in Afrika, zumindest auch äh immer wieder begegnet, dass es da so eine richtige informelle Kultur.
Wechselseitigen Beratung gibt, ne? Also wer das dann mal geschafft hat, äh diese Hürden zu überwinden, dann
versuchen Leute, genau das Identische irgendwie alles einzusenden, die Dokumente genauso vorzubereiten, auch genauso zu formatieren. Und daher gelingt das wiederum nicht, weil die dann vielleicht an einen anderen Beamten kommen, der das bearbeitet
Also das ist äh relativ schwer äh zu äh durchschauen. Das sorgt auch für unglaublich viel Frustration und Enttäuschung
Äh ganz stark natürlich bei Leuten, die sich selber
zum Teil einer nationalen Elite zählend, also grade Akademiker und Universitäten, die zu Konferenzen fahren wollen und so weiter, für die ist es zum Teil erschütternd für ihr eigenes Selbstbild
weil sie sich eben zum Teil einer globalen kosmopolitischen Akademische Elite zählen, vielleicht auch ihren, die in den USA gemacht haben und dann plötzlich feststellen, äh dass sie
äh an der Universität im Senegal arbeiten, dass sie gar keine Möglichkeit mehr haben eine Konferenz in Paris, Brüssel oder Berlin zu besuchen, weil das einfach nicht gelingt.
Dahin zu kommen. Die sind dann vielleicht nicht verheiratet, single, also genügt ungenügend familiäre Bindung. Die haben vielleicht kein Wohneigentum im Herkunftsland und so weiter und das sind natürlich dann alles Aspekte, die gegen sie.
Äh sprechen und das finde ich schon interessant, also zu diesem äh Visa-Vergabepraxen gibt's jetzt auch erste ethnographische Studien, die zeigen, wie das eigentlich äh gemacht wird und wie das stattfindet. Ich.
Eine Abschlussarbeit mit einer Person, die äh abgelehnte.
Personen interviewt hat und da sieht man eben, dass sich da ein unglaublich starker Groll auch aufbaut, weil man dieser bürokratischen Maschine entgegentritt und gar nicht genau weiß, was da eigentlich vor sich geht.
Man sieht nur, dass man eigentlich von der Sortiermaschine Grenze zurückgewiesen oder abgeschmettert wird.
Jan Wetzel
Jetzt hat man ja diese Grenze, sie haben's auch schon angesprochen, natürlich vor allem in so einer Nord-Süd ähm Nord-Süd-Achse, die natürlich äh recht bekannt ist, kann man auch sagen, dass
quasi dieser alte koloniale Ordnung, ähm die ich schon so lange her ist, ähm aber natürlich nach wie vor äh, dass Menschen, also dass äh die Lebenschancen und die Lebensrealität von jedem einzelnen Menschen auf dieser Erde
definiert, dass die in diesen Grenzregime, auf diesen unendlich vielen Ebenen weitergeführt wird, neu erfunden wird.
Steffen Mau
Das gibt es im Common World. Äh da gibt's sozusagen bestimmte Privilegien. Das gibt's auch bei bestimmt
sozusagen und so weiter wo man eben weiß die bleiben auch gerne bei Frankreich weil sie damit die europäische Staatsbürgerschaft haben und damit auch bestimmte Reiseprivilegien, die sie äh sonst,
äh hätten. Äh ansonsten so unsere eigene Untersuchung haben relativ wenig.
Äh davon äh gefunden. Also wir würden immer sagen, also wo was vorifizierte Grenzen, wie auch Visumpraxen angeht, das eigentlich äh,
Economy Matters. Also das wirklich die Ökonomie eine relativ starke äh durchschlagende Wirkung hat
politische Systeme etwas weniger und dass wir.
Dass letzten Endes auch mit seinen nicht so richtig zutrifft, wenn man jetzt mal die vertifizierten Grenzen anschaut, dann verlaufen die meisten fortifizierten Grenzzwischen dominant muslimischen Ländern,
nicht sozusagen zwischen der muslimischen Welt und irgendwie dem äh christlich-jüdischen äh Westen, die gibt's natürlich auch.
Aber es ist nicht so, dass das jetzt einheitliche Blöcke sind, Saudi Arabien hat auch unglaublich starke Grenzen gebaut
zu Jemen beispielsweise auch die Türkei ist ja ein Grenz
bau äh Land im Moment äh zu Syrien und äh und und zum äh Iran. Und äh das sind so Entwicklungen, die innerhalb dieser äh Blöcke, das lässt sich durch
kolonialismus nicht besonders gut erklären. Das finde ich auch sehr interessant, dass man das sieht.
Jan Wetzel
Die Erklärung wäre dann sozusagen eher mittelbar, dass man sagt, Länder, die so ehemalige Kolonialänder stehen in, zumindest mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, ökonomisch schlechter da, aber wenn sie es schaffen, dann dann sind sie auch äh eigentlich, ja, okay.
Leo Schwarz
Gut, aber das ist ja, ist ja noch überwiegend der Fall. Das ehemalige Kolonialländer ökonomisch schlechter darstellen, also die Nord-Süd äh das Nord-Süd-Gefälle ist ja ganz offensichtlich, auch wenn man das in Einzelfällen sicherlich
sehen kann und äh sie schreiben ja auch, wie wie extrem Ungleichheitsrelevant.
Und Nationalzugehörigkeit sind und das es ja tatsächlich.
Unfraglich so ist, dass wenn man in Europa geboren ist, äh in fast alle Länder reisen kann, aus dem schon genannten Senegal wird's schon schwieriger und äh aus dem Kongo vermutlich noch schwieriger. Ähm also.
Diese diese Dimension äh sozusagen, dass die ähm globale soziale Ungleichheit.
Großen Ausmaß korreliert mit ähm.
Visumsrechten äh oder ähm Visumsfreiheit besser gesagt. Äh das ist ja äh schon ein Befund von ihnen auch, oder?
Steffen Mau
Genau, das ist richtig, also diese Power of Pass, es gibt ja so einen Index, äh wie so ein Befreiungsindex oder Index, wo man eben sehen kann, wie viele Länder kann man eigentlich mit einem bestimmten Pass äh reisen.
Und das ist natürlich klar, dass korreliert äh stark mit äh mitm ökonomischen Gefälle.
Spiel natürlich auch koloniale äh sozusagen Abhängigkeiten und auch äh sozusagen die äh Dominanz bestimmter Länder später natürlich auch eine Rolle.
Wie das kausal genau verknüpft ist, das kann ich nicht rekonstruieren. Das ist auch unglaublich äh schwierig und es gibt wie bei allem immer viele Ausnahmefälle. Äh
Botswarner und Südafrika bauen eben auch intensiv Mauergrenzen und äh,
äh starke Zäune äh und da hat es eben auch was mit äh mit dem Wohlstandsgefälle zu den Nachbarländern äh zu tun und mit potenzieller Abwehr von äh Zuwanderung. Also das
sozusagen, das gibt's an dann an, an vielen Orten. Manchmal haben die Grenzen dann natürlich auch mit äh was mit Terrorismus zu tun, Saudi-Arabien Jemen ist so ein Fall.
Aber auch natürlich damit, dass jedem viel ärmeres Land ist als äh Saudi Arabien. Äh
also ich würde das jetzt mal sagen, salumonisch, so beantwortet, sie ist komplex. Äh also es ist nicht nur äh es ist nicht nur ein Faktor und ich würde sagen sozusagen dieses ökonomische, soweit das jetzt kolonial.
Bedingt ist, ist schon der der durchschlagende Faktor.
Weniger Politik, obwohl das auch eine Rolle spielt und äh aber noch weniger aus meiner Sicht äh Kultur.
Jan Wetzel
Vielleicht noch zu ihrer ähm ja Hauptthese, die ja auch mit drin steckt, nämlich dass eben die Grenzen ganz anders aussehen, dass es nicht mehr dieser, das haben sie ja vorhin schon angesprochen,
nicht mehr in dieser Grenzstein ist äh auf dem Feld oder äh auf der Straße, äh sondern dass sie digitaler werden, dass sie ähm in diese Organisation eher wandern, verschoben,
werden können, wie wie stellt sich der Prozess da einmal und dann
Die Frage, die bei mir so aufgetaucht ist, hat ja viel mehr mit der Technologie zu tun, dass man jetzt Menschen erfassen kann, man kann vielleicht die Gesichter schon scannen, wenn sie über die Grenze fahren und äh die raus äh ziehen, äh die dann.
Wo dann rotes Licht ähm erscheint, nachdem die NSA da gemeldet hat, äh ist verdächtig. Ähm manchmal habe ich aber auch das Gefühl, man überschätzt dann die Technik
und wenn man dann genau das anguckt, das ist bei China ganz oft den Fall, da denkt man, die haben jetzt diese ganzen verrückten Algorithmen und alles mögliche und meistens ist es dann doch einfach eine,
Bürokratie, mit einer unheimlichen Manpower, die eben einfach sich um diese ganzen Fälle kümmern. Also wie genau, wie stellt sich der Prozess dar und welche Rolle spielt die Technik dabei?
Steffen Mau
Da ist ja vieles im Fluss, ne? Die Dinge sind ja noch nicht äh in ein finales Stadium äh gekommen. Man äh sieht jetzt sozusagen, dass es äh diese Entwicklung in Richtung Smartboarders äh gibt. Also da würde ich schon sagen
dass das jetzt unglaublich schnell äh wächst. Es äh ist eine rasante Geschwindigkeit, auch die technologischen Möglichkeiten sind jetzt eben auch da.
Jan Wetzel
Also nicht nur ein quasi.
Steffen Mau
Äh na ja, es ist nicht so, dass es jetzt in der Fläche schon ausgerollt ist.
Äh es gibt relativ viele Pionierprojekte, aber es gibt auch große Investitionen von Staaten in die Digitalisierung von Grenzen und das bezieht sich einerseits auf die Grenzraumüberwachung.
Hatten wir schon äh gesprochen, also dass man da andere Mittel hat, äh äh zum Beispiel ja über äh.
Wärme Thermalkameras und so weiter Dinge zu machen aber jetzt an den Flughäfen in Europa ist ja mehr oder weniger schon flächen in der Fläche.
Auch sind automatisierte Grenzschleusen aufgebaut worden, die ja auch mit Datenbanken verbunden sind. Also das sind jetzt nicht nur Einzelphänomene, äh wo letzten Endes der oder die Grenzbeamte nicht mehr notwendig ist, sondern sie rangehen und dann zur zur
kollaborativen Grenzpersonen werden, die selber dann ihr Dokument auflegt und wo dann äh eine Gesichtsvermessung stattfindet.
Und sich die Schleuse dann äh öffnet. Und die umfangreiche diese Datenbanken sind, also in der EU gibt's ja konkrete Pläne, so eine Entry Exit-Datenbank äh zu machen,
dass jeder, der reinkommt in den Schengenraum, registriert wird, auch biometrisch registriert und jeder, der rauskommt, auch.
Das heißt, man kann immer das Delta bestimmen, also Differenz von Personen, die jetzt noch da sind.
Auch feststellen, ob eine Person möglicherweise geblieben ist, obwohl sie gar nicht mehr bleiben sollte, also dass sie eigentlich ihr äh sozusagen.
Ihren ihr Ausreisedatum verpasst hat und das sind dann erkennt sie die Grenze natürlich, also da,
so eine Entwicklung, dass die frühere Grenze ja nur darin bestand, dass ihr Pass abgeglichen wurde mit mit der Person, die den Pass dann irgendwie ähm äh gehalten hat und dem Grenzbeamten vorgelegt hat und heute die Grenze sie häufig schon kennt.
Oder zumindest an Datenbanken äh kontrollieren kann, ob äh sozusagen.
Zu ihrer Person was problematisches äh vorliegt, vorliegt. Und da würde ich schon sagen, da gibt's ein ganz starke Entwicklung in Richtung Digitalisierung. Amerika gibt's ja schon auch und so weiter, dass sie selber.
Teil eines Trust Traveller Programms werden können. Das heißt, sie geben vorab freiwillig Daten ab. Äh
Das können soziale Mediendaten sein, das können aber auch andere äh Dinge sein oder auch ein Travel-Record, also äh sozusagen Reisehistorie. Äh und dann werden sie in den Status eines Trusted Travellers erhoben und können dann einfach mit dem Scan.
Eine Grenze überschreiten. Das heißt, die Grenze wird für sie eigentlich invisibilisiert und auch gar nicht mehr spürbar. Sie gehen dann da hin, die Grenze kennt sie.
Hat, macht einen ihres Scan und sie laufen da durch, das dauert wenige Sekunden, gibt's ja schon auf äh in den Golf äh Staaten gibt's ja schon äh solche Smart Tunnels, die genau.
Äh das machen. Und äh da gibt's jetzt kommerzielle Unternehmen, die das verbreiten, die da auch riesiges Interesse haben
in USA kostet das 19 oder 200 Dollar, wenn sie da Mitglied werden. Und äh für vier Flieger ist das natürlich unglaublich interessant
und das gab es vor 30, 40 Jahren nicht, dass sie an einer Grenze, wie sie das jetzt auch haben, hier am BER oder in Frankfurt, unterschiedliche.
Kontrolllinien haben, also und Kontrollschlangen. Automatisierter äh Grenzkontrolle äh Schengen und nicht Schengen.
Und das differenziert sich eben stärker weiter aus, sodass ich sage, die Grenze ist nicht mehr so pauschal.
Sondern sie individualisiert sich äh stärker und je mehr die Grenze über sie weiß, äh die Grenze ist eben auch eine Datenzapfstation, ne, das darf man auch nicht vergessen, wenn sie.
Viele Länder einreisen müssen sie eben auch äh einen Fingerabdruck hinterlassen oder sich biometrisch vermessen lassen oder ein Foto.
Von sich machen äh lassen. Äh da kann ich nicht sagen, wo das dann jeweils gespeichert wird und wie das weiter verwandt wird
aber ich muss ehrlich sagen, bei manchen Ländern mache ich das sehr ungern, dass ich meinen Finger abt.
Hinterlasse. Das ist ja eine erkennungsdienstliche Maßnahme, die wir sonst äh der Polizei jetzt äh äh eigentlich überlassen und auch nur unter bestimmten Umständen da einwilligen. Äh aber an der Grenze wird das eben standardmäßig gemacht, sodass da eben auch große Daten
entstehen äh können und da sieht in der Europäischen Union in Deutschland sicherlich anders aus als in Russland oder in Venezuela.
Jan Wetzel
Nicht auch sagen, dass die Grenze
mehr oder weniger selber zu so einem Netzwerk ähm wird dadurch insbesondere, das erwähnen sie auch ähm äh anhand der Fluggesellschaften, ähm die sozusagen in Haftung genommen werden, wenn sie da äh Leute mitnehmen, äh die diese nicht mitnehmen,
sollten, also das heißt, dass eben dieser eigentlich diese hoheitliche Aufgabe, eben dieses dieses Sortierens an ganz unterschiedliche Unternehmen.
Gegeben wird an die Flughafengesellschaften natürlich auch an die Softwarehersteller äh an alle möglichen Leute, die da beteiligt sind. Da kann man wahrscheinlich eine eigene Doktorarbeit ähm drüber schreiben, über dieses Netzwerk.
Leo Schwarz
Hatte ich auch gedacht, ähm weil's ja diesen Begriff vom Militär, industriellen Komplex in den USA gibt, der,
den man mit Vorsicht verwenden sollte, aber ob sich auch so einen grenzindustriellen Komplex eigentlich gibt, also mit diesen ganzen Sicherheitsfirmen und äh all dem, was Jan jetzt schon skizziert hat, ja.
Steffen Mau
Ja, das ist sicherlich so, also da gibt's richtig äh große Firmen und äh äh in den USA, auch in Europa, Airbus ist daran beteiligt, in Israel,
Magall, also gibt's äh da eine ganze Menge, äh die da unterwegs sind und da richtig viel Geld verdienen. Also es ist ein Big Business, äh auch die Mauergrenze, das bauen jetzt nicht einfach Staaten, so wie das früher jetzt hier
die Grenzsoldaten 1961 bei der Berliner Mauer äh gemacht haben, äh sondern das sind richtig große Firmen, die dahin gehen und dann diese Grenzen auch digital letzten Endes ausstatten und aufrüsten.
Und ähm äh das, was äh äh Witze jetzt gesagt hatte, sozusagen die, dass die Grenze,
diffundiert, das ist einerseits räumlich, ne? Durch diese exterritorialisierung von Kontrolle, Vorverlagerung, es gibt eine Grenze vor der Grenze, aber es ist eben auch äh ein zweiter Tatbestand, die äh Delegierung.
Von,
Kontrollverantwortung hin zu privaten Unternehmen, zu Technologieunternehmen, zu Transport äh Gesellschaften, äh die werden eigentlich alle in die Kontrollinteressen von Staaten.
Eingebunden, zum Teil rechtlich eingebunden, aber zum Teil auch, weil der Staat gar nicht die technologischen Möglichkeiten hat, das selber äh zu machen. Und wenn eine Fluggesellschaft eben äh nur noch Leute
mitnehmen darf, die eine Eintrittsberechtigung haben oder einen regulären Aufenthaltstitel in dem Zielland. Gut, da ist die Grenze relativ sicher, weil eben äh äh.
Dass es gar nicht mehr möglich ist überhaupt ein ja.
Eine Transportmöglichkeit zu nutzen. Äh und dann übernimmt eben die Person, die den Check in macht im Flughafen oder sogar die automatisierte Schleuse.
Übernimmt dann eigentlich die hoheitliche Aufgabe äh des Zielstaates.
Leo Schwarz
Begriff der.
Territorialen Grenze, sondern vielleicht noch kurz äh genauer fassen, weil das ist da da ist ja auch ein interessantes Moment, dass.
Diese vorgelagerten Grenzen im Prinzip auch verhindern, dass Leute,
bestimmte Rechte in Anspruch nehmen können, also der Rechtsraum, der ist quasi erst im Territorium und aber schon weiter vor sind die Hürden gezogen, damit man erst gar nicht im Territorium,
Rechte, wie zum Beispiel Asylrecht äh in Anspruch nehmen kann. Äh das fand ich ein ganz interessantes äh auch ein ganz interessanten Gedanken. Auch, dass Deutschland zum Beispiel seine Grenzpolitik eigentlich schon äh im Niger.
Betreibt und nicht erst an der europäischen Außengrenze.
Steffen Mau
Hm, ja, die äh Beinfreiheit von Staaten sozusagen, Dinge zu tun, auch illiberale Dinge zu tun, die.
Hängt natürlich davon ab, ob man in der Lage ist, äh den eigenen Rechtsraum zu verlassen und der Rechtsraum ist eben stark territorial definiert. Von daher gibt's eben doch ein großes Interesse an dieser Vorverlagerung von Grenzkontrolle.
Ja zu dieser Delegation von Kontrollaufgaben kommt natürlich auch
natürlich auch Drittstaaten dazu, ne, also dass man nordafrikanische Staaten oder Staaten der Subsahara damit äh einbindet, die äh zum Teil Entwicklungshilfe bekommen oder
wo bestimmte auch Infrastrukturprojekte finanziert werden, im Austausch gegen äh stärkere, sozusagen Grenzkontrolle,
und Verschließung auch von Grenzen für irreguläre Migration. Das ist sozusagen sehr interessanter Tatbestand und wenn man jetzt sagt, äh äh das gibt das Recht auf Asyl, aber das kann erst geltend gemacht werden,
Territorium betritt oder erreicht und wenn man dann gleichzeitig sagt, es gibt ganz viele sichere Drittstaaten, die einen alle umzingeln.
Und es gibt keine Möglichkeit, sozusagen Flugzeug zu betreten, ja dann äh dann kann man vielleicht noch mitm selbstgebauten Ballon kommen, aber dann verringern sich natürlich die Möglichkeiten überhaupt Asylrecht äh
geltend äh zu machen, äh weil dann äh sozusagen
diese Verbindung von Recht und Territorialität eigentlich das ausschließt. Von daher ist diese Vorverlagerung von Grenzkontrolle eine sehr effiziente Maßnahme.
Auch der Steuerung sozusagen des Zugangs zu bestimmten.
Liberalen äh Selbstbindung in Bezug auf äh Schutzrechte, Asyl und äh,
Fluchtmigration. Äh das wird ja willentlich und wissentlich gemacht. Jetzt gibt's immer Diskussionen, ob man das nach Nordafrika mit bestimmten äh Asylzentren verlegen könnte. Ähm äh aber ich äh
bin da immer so ein bisschen äh skeptisch. Das wäre einerseits konsequent, das zu machen, dass im Prinzip der rechtliche Rahmen mitwandert, da wo dann auch die Grenzkontrolle stattfindet.
Aber ob man da wirklich einigermaßen gute rechtliche Bedingungen
auch äh den Schutz der Personen, also der Rechtsentscheid ist ja nicht innerhalb von vierzehn äh Stunden irgendwie zu treffen, sondern da braucht's eben doch
mehrere Wochen, vielleicht Monate, Prüfung und Leute leben dann sozusagen auch in in sehr unsicheren, zum Teil lebensbedrohlichen Verhältnissen, wenn sie dann so einen Wartestand hineingeraten, gar nicht zu schweigen von den äh Möglichkeiten der
des rechtlichen Widerspruchs oder der zivilgesellschaftlichen Beteiligung oder einer bestimmten.
Öffentlichkeit, die an so was äh dann äh teilnehmen kann. Also von daher bin ich so ein bisschen skeptisch, ob das jetzt äh des Rätsels Lösung ist.
Und die dritte Lösung sind natürlich die Kontingentlösungen, die aber eigentlich auch gegen äh ein Asylrecht äh äh sprechen.
Dass äh äh sich nicht an einer Obergrenze orientieren äh sollte.
Leo Schwarz
Ich hätte noch eine Frage. Eine letzte, einen letzten Gedanken, ähm ich hatte immer den Eindruck, dass.
Erstaunlicherweise oder vielleicht gar nicht so erstaunlicherweise Grenzen auch irgendwie immer so kognitive Grenzen markieren, dass eigentlich der territoriale Raum auch irgendwie den Raum absteckt, wo.
Politische Öffentlichkeiten sich überhaupt äh ihre Gegenstände finden und definieren und
Ich äh bezweifle, dass im letzten Kanzler Triell äh jetzt äh die Grenzpolitik im Negativ thematisiert wurde, also dass sozusagen diese diese Zwiebelstruktur von Grenzen auch irgendwie letzten Endes eigentlich auch
so ein bisschen unsere politische Vorstellungskraft.
Im Bann hält, trotz aller Globalisierung, vermeintlicher Globalisierung, ist das ein Gedanke, den sie irgendwie plausibel finden oder.
Steffen Mau
Ja, wir denken ja immer noch äh territorial und im Sinne von eines Landes, da haben wir ein Gebiet vor Augen.
Ansässige Bevölkerung, also die Möglichkeit sozusagen Globalisierung und auch globalisierte Grenzen zu denken, äh die ist kognitiv noch nicht besonders äh gut verankert. Äh da gibt's äh Gründe dazu
Aber man darf eben auch nicht verschweigen, es wird zum Teil ja auch strategisch genutzt, indem die Grenzen so weit wandern und von uns weg sind.
Äh können sie jetzt auch vielleicht nicht so stark moralisiert und politisiert äh werden, wie man das vielleicht könnte, wenn man dieselben Dinge.
An der Deutsch-Polnischen Grenze oder in Deutsch äh tschechischen Grenze machen würde, äh wenn man jetzt äh sozusagen äh bei den temporären Grenzkontrollen im Zuge der Corona-Maßnahme, wenn man daran zurück,
äh dann ist das ja zum Teil auch schon für sehr problematisch gehalten worden oder auch die Grenze zu Dänemark,
dass sich Leute nicht mehr besuchen konnten und so weiter, stellt man sich jetzt mal vor, ob Deutschland würde im Prinzip im äh Zuge einer.
Renationalisierung der Grenzkontrolle, also eine Abkehr dieser globalisierten Grenze wieder auf die eigenen Grenzen zurückfallen.
Müssten wir uns eigentlich, wenn wir jetzt sozusagen dieselbe Art von Selektivität gewährleisten wollten, dann müssten wir uns eigentlich mit ähnlichen Mauern.
Um Grenzen, wie man sie an der Grenze zwischen USA und Mexiko äh findet.
Und das ist ja eine verrückte Vorstellung, aber funktional, rein funktional gesehen machen diese vorverlagerten Grenzen fast sehr, sehr ähnlich ist.
Jan Wetzel
Vielleicht auch dann doch noch als letzter Gedanke natürlich im Zuge dieser sogenannten Flüchtlingskrise, also dass,
man ja doch so ein bisschen, dass politische System da durchaus ein Trauma ähm äh davon hat, wo es noch gar nicht darum geht,
wer hatte jetzt politisch wirklich was zu sagen, aber so dieses Gefühl das hat sehr, sehr, sehr viele Leute, zumindest äh oder es ist ja nicht ganz aus der Luft gegriffen
extrem verunsichert, weil das doch so ein Kontrollverlust tatsächlich irgendwie war, wie viel der gefühlt ist und wie viel der tatsächlich war, das ist dann eine andere Frage, aber
macht es vielleicht nochmal sehr deutlich, wie, wie, wie, ja, verankert das auch so in der Wahrnehmung der Welt ist.
Steffen Mau
Ja, das ist einfach interessant. Also wir haben ja häufig noch kognitiv eine räumliche Vorstellung, ne. Also auch äh alles sozusagen das äh Raum um Grenz, also Form von Raumproduktion. Wir sitzen hier in einem Zimmer.
Abgeschlossen und nicht auf der grünen Wiese und das,
Denke ich jetzt äh gilt für Grenze in gewisser Weise auch. Ich wir haben natürlich auch immer eine Symbolpolitische Funktion.
Auch 'ne innenpolitisch stark innenpolitische Funktion, also das Gefühl des Schutzes,
bei Mauergrenzen weiß man, dass sie gleichzeitig natürlich auch ein äh ein Gefühl der Gefahr vermitteln, das ist durchaus.
Paradox soll man dann ja natürlich vor den äh jenigen, die da außen sind, irgendwie Angst haben äh sollte, das vermittelt sich ja durch äh so eine starke Grenze
immer äh mit äh ob wir davon mal loskommen, da wäre ich auch skeptisch. Also ich glaube, der Mensch hat einfach auch einen sehr, sehr starkes Raumempfinden,
äh aber man muss äh gleichzeitig sagen, dass die Landgrenzen natürlich äh
äh auch für jemanden, der jetzt, was weiß ich, in Hannover wohnt, äh der wohnt ja auch nicht an der Grenze.
Sondern das sind ja auch vorgestellte äh Grenzen, ne. Also der erlebt ja auch nicht jeden Tag äh wie jetzt vielleicht jemand, der in Flensburg wohnt oder in Saarbrücken, äh dass man da so eine Grenz äh Nähe hat und ein starkes Bewusstsein dafür, sondern die allermeisten Leute.
Leben eben mehr als 50 Kilometer von der Grenze weg, sodass es in ihrem Alltag keine Rolle spielt. Trotzdem hat das äh sozusagen in der in der im sozialen Horizont.
Und auch sozusagen in der politischen Wahrnehmung irgendwie eine Art von von Geltung auch, ne, dass es Grenzen gibt und dass man,
Gefühl hat, äh äh sie sind einigermaßen äh kontrollierbar. Äh die große Öffnung innerhalb der Europäischen Union äh jetzt auch wenn man nochmal den Brexit anschaut, ne, das hatte ja auch was damit zu tun, dass irgendwie der polnische Klempner jetzt.
Da angeblich kommt äh und bestimmten Druck auf den Arbeitsmarkt äh ausübt, dass man bestimmte Sachen nicht mehr kontrollieren kann. Also es gibt auch immer wieder diese Tendenz.
Man durch neue Formen von Abschließung auch was zurückholen kann.
Da würde ich sagen, das ist schon eine Form von gegen Globalisierung, aber viele andere Formen, die jetzt stark auf diese Selektivität.
Und die Filterfunktion von Grenzen gehen, die ich in dem Buch beschreibe, da würde ich sagen, das ist eben Bestandteil dieser Globalisierung äh selbst.
Und solange man diese Entgrenzung dann als positiven.
Angenehm, komfortablen ökonomisch irgendwie sinnvollen Prozesse ansieht, solange ist man dann auch dabei und die Grenzen als Sortiermaschine, die sorgen genau dafür,
Das äh Prinzip dieser Differenzierung zwischen den erwünschten Formen von Zirkulation und Mobilität und den weniger erwünschten Formen von Zirkulisation und Mobilität.
Aus welcher Sicht dann auch immer, äh dass diese Unterscheidung gezogen wird.
Jan Wetzel
Herzlichen Dank
ähm für die Zeit. Ähm ich sage es nochmal. Äh Sortiermaschinen, wir haben über sie gesprochen, heißt das Buch, die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert ist bei CH Beck erschienen,
sehr gut zu lesen, ähm solche Bücher, die man auch wirklich in einem Rutsch ähm mal durchlesen kann, ohne das Gefühl zu haben. Es ist irgendwie
ähm vereinfacht oder es ist viel rausgelassen, ähm das sollte es mehr geben. Wie immer der Hinweis, teilt doch die Folge mit allen, die sich äh dafür interessieren könnten in den sozialen Medien und wo auch immer, dann.
Herzlichen Dank nochmal, Herr Mau. Und bis zur nächsten Folge von das neue Berlin, tschüss.
Steffen Mau
Jesus.