Transkript von Episode 83: Bürgerliche Kälte – mit Henrike Kohpeiß

ACHTUNG: Das Transkript wird automatisch durch wit.ai erstellt und aus zeitlichen Gründen NICHT korrigiert. Fehler bitten wir deshalb zu entschuldigen.


Henrike Kohpeiß
Und mir geht es nicht so darum zu sagen, bürgerliche Subjektivität ist immer schon gleichgültig gegenüber der Welt, sondern mir geht es darum zu sagen,
wie es im Resultat all dieser sehr elaborierten kulturellen Techniken, die die Geschichte des Bürgertums begleitet und auch gefüllt haben, wie ähm resultiert daraus eine Form von makrosozialer Kälte, die sich
selber, die sich vor sich selber verbergen kann.
Leo Schwarz
Hallo und herzlich willkommen zur 83. Folge von Das neue Berlin. Ich bin Leo Schwarz.
Jan Wetzel
Und ich bin Jan.
Leo Schwarz
Gemeinsam mit Gästen aus den sozialen Geisteswissenschaften versuchen wir hier die Gesellschaft und Gegenwart zu verstehen.
Ein viel zitiertes Spiegel-Interview mit dem Philosophen Theodor Viad Adorno, beginnt mit den Worten Herr Professor vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung. Worauf Adorno erwidert? Mir nicht.
Überraschend fand ich dabei immer weniger Adornos Erwiderung als den unbekümmerten Einstieg selbst
Ob die Welt einem in Ordnung erscheint, ist sicherlich eine Frage der Perspektive, des Wissens und der Deutung der Welt, aber mit voller Zufriedenheit auf die sogenannten Verhältnisse zu schauen, erfordert schon ein erhebliches Maß an
und dass die offensichtliche Not, der Mangel,
Ungleichheit und die Ungerechtigkeit auf dieser Welt in keinerlei Verbindung mit der eigenen Lebensform stehen, ist bei aller Komplexität nun wirklich schwerlich zu behaupten
Trotzdem leben wir in unserem Alltag oft unbeschwert, sind desinteressiert, haben einfach unsere eigenen Probleme und denken dann vielleicht auch doch
dass die Welt irgendwie in Ordnung ist. Diese Geisteshaltung oder Gefühlslage hat mich schon immer interessiert, auch weil ich sie an mir selbst gut kenne.
Heute mit Henrike Kopals, Philosophin an der FU Berlin. Sie hat eine grundlegende philosophische Studie,
zu dieser, ich sage mal Gefühlslage veröffentlicht und spricht in Anlehnung äh an Adorno auch von bürgerlicher Kälte, so auch der Titel des Buches. Henrike, schön, dass du da bist.
Henrike Kohpeiß
Hallo, danke für die Einladung.
Leo Schwarz
Wir haben äh kurz vor der Sendung schon ein bisschen geredet. Tatsächlich hatte ich an deiner Studie, an deinem sehr umfassenden und so in sowohl formaler als auch inhaltlicher Hinsicht doch sehr radikalen äh Studie,
einiges zu knabbern, nicht so sehr, weil ich äh jetzt irgendwie dir in allen Punkten immer wieder sprechen würde, sondern erstmal, weil ich Probleme hatte überhaupt zu verstehen, was deine
Art des Denkens, deiner Art des Vorgehens, deine philosophische Methode, in dieser Hinsicht ist, ähm oft also zumindest bei vielen Philosophen, die wir hier schon mal in der Sendung hatten
oft eher das philosophische Arbeiten so ein ein Durchbuchstabieren, eine logische Analyse irgendwie von gegebenen Begriffen zu gucken, wie kriegen wir da eine möglichst konsistente Variante raus und äh
Ist vielleicht ein möglichst haltbare äh konzeptionelle Auffassung von etwas.
Gar nicht so der Weg, den du jetzt beschreitest. Vielleicht kannst du versuchen am Anfang so ein bisschen zu beschreiben, was eigentlich dein philosophisches Selbstverständnis in diesem Sinne ist.
Henrike Kohpeiß
Ja gerne ähm also zunächst mal vorweg, ich denke viele Kontinentalphilosophinnen und insbesondere diejenigen, die sich mit Dialekt
beschäftigen, weigern sich oft einfach ihre Methode zu beschreiben und ich glaube auch, aus guten Gründen und zwar liegt
daran, dass ähm in der sagen wir mal Geschichte der Dialektic oder in der intellektuellen Tradition der Dialektik immer der Grundsatz ist, dass,
Methode, mit dem Gegenstand, mit dem man sich beschäftigt, auf eine Weise verwirkt ist
es nicht möglich macht, die Methode quasi zu isolieren. Also da gibt es nicht ein ähm Anwendungsparadik mehr, das heißt, es gibt nicht irgendwie eine Methode, die wir dann auf beliebige Gegenstände anwenden können, sondern die Methode ergibt sich erst dadurch, dass wir auf bestimmte,
ähm Gegenstände schauen und wir müssen ausgehend von dem Gegenstand ähm uns überlegen, wie wir angemessen über ihn nachdenken
so und ich glaube das ist grundsätzlich etwas, womit ich ähm meine Vorgehensweise auch beschreiben würde, aber vielleicht, um das noch ein bisschen spezifischer zu machen.
Das steht auch so oder ähnlich im Buch wenn,
denke, dass wenn wir uns mit menschlicher Subjektivität beschäftigen, also wenn wir uns damit beschäftigen, wie Menschen zu dem werden, was sie sind, also wie sie bestimmte Identitäten ausbilden, bestimmte soziale Positionen.
Dann ist so dieses ähm Paradigma von von ja einem die elektrischen Verhältnis zwischen Inhalt und Methode besonders wichtig,
weil wir anerkennen müssen, dass diese Subjektivierungsprozesse, also die Art und Weise, wie Personen zu sich selber werden, nie abgeschlossen sind und grundsätzlich offen und das heißt,
dass ich glaube, dass also oder dass ich meine Methode als eine Offenheit gegenüber diesem Prinzip,
erstmal beschreiben würde. Also das ist es ist offen. Was dabei rauskommt und ich wusste am Anfang noch nicht wie dieses Buch sich entwickeln wird.
Das mag euch jetzt wahrscheinlich sehr abstrakt oder irgendwie auch erstmal so sehr vage vorkommen, weil es ähm weil es keine klare Antwort formuliert, aber ich glaube, wir werden uns im Laufe des Gesprächs wahrscheinlich noch weiter annähern, was das im Hinblick auf diesen konkreten Gegenstand bedeutet.
Leo Schwarz
Reden wir vielleicht mal vom Gegenstand. Der ist ja auch äh sagen wir mal erstmal relativ,
offen gefasst äh dein Buchtitel im Untertitel heißt es Affekt und koloniale Subjektivität, also irgendwie geht es dir um Subjektivität, um Affekte und äh um eine Art von,
Bürgerlichkeit auch von äh einer äh bürgerlichen, affektiven Technik, wie du dann später auch schreibst, über diese bürgerliche Kälte. Ähm,
vielleicht fangen wir erst mal mit
mit dem Bürgerlichen an. Also das ist ja auch, sagen wir mal, wenn man jetzt Ideengeschichtlich arbeiten würde, dann würde man da jetzt eine unfassbare Menge an Studien dazu finden, welche verschiedenen symantischen Facetten das hat, wie sich das verändert hat, welche verschiedenen
Großgruppen damit überhaupt bezeichnet wurden und du redest,
relativ, ich sage mal, vereinheitlichend auch äh von bürgerlicher Subjektivität europäischer Subjektivität, weißer Subjektivität, inwiefert ist denn das überhaupt
zulässig diese Redeweise, wenn man
Wenn man natürlich weiß, also wenn jetzt jemand äh anfangen würde von der islamischen Subjektivität oder der arabischen Subjektivität zu reden, dann würde ich erstmal sagen, hä was ist denn das? Ist das nicht viel zu monolithisch? Das sind doch irgendwie komische,
äh Vorstellungen die Welt irgendwie in kulturelle Großregionen einzuteilen und so weiter, also da du kennst die Debatten, also wie inwiefern können wir von,
bürgerlicher europäischer weißer Subjektivität sprechen.
Henrike Kohpeiß
Ja, also erstmal würde ich denken, dass ähm die Bezeichnung bürgerlich was anderes meint als islamisch zum Beispiel, also weil das natürlich auf eine ganz andere Art und Weise eine soziale Position, die auch mit einer bestimmten ökonomischen Position verschränkt ist, beschreibt und nicht eine kulturelle oder auch geografische,
Herkunft zuschreibung ist, sondern grundsätzlich ist
in meinen Augen oder wie die so wie ich den Begriff verwende, die Kategorie des Bürgerlichen relativ offen für,
aus allen möglichen so kulturellen ähm Richtungen gefüllt zu werden und ich glaube, was wichtig ist, um diesen Beruf so ein bisschen zu verstehen, weil es stimmt auch, was du gesagt hast, dass es natürlich unzählige Inselektuelle Traditionen gibt
die sich damit auch sehr eingehend beschäftigt haben, was das heißt und die auch,
diesen Begriff unterschiedlich besetzt haben und auch ihm unterschiedliche Funktionen zugewiesen haben. So und ich glaube einerseits kann man,
so den den magischen Begriff der Bonjour verwenden, um so ein bisschen zu verstehen, was damit gemeint ist und da ist es ein ökonomischer Begriff. Also da geht es erstmal um eine bestimmte,
sozialökonomische Klasse, diejenige, der Boujoursi und die ist ähm ganz streng strukturell bestimmt. Also da gibt es keine,
also ein bisschen gibt es das bei Max und Engels natürlich auch, dass irgendwie beschrieben wird, wie die so lebt und was irgendwie die gerne mag und was nicht so. Aber es geht erst mal darum zu verstehen, welche sozialökonomische Position.
Diese Klasse der Bürger einnimmt und wie sie ökonomische Prozesse steuert, beherrscht ähm bestimmten Status Quo aufrecht erhält und so weiter.
Ich würde sagen für meinen Begriff des Bürgerlichen ist das ein Aspekt, aber das ist nicht der Hauptaspekt. Also mir geht es darum, einem bestimmten Ökonomismus auch zu entgehen und ähm.
Eine vielleicht andere, das heißt ach das hattest du mir auch schon mal gegenüber angedeutet, nämlich die Bezeichnung des quasi oder Citizen dazuzunehmen, die ein bestimmtes Verhältnis zum Staat beschreibt und ich glaube, dieses Verhältnis zum Start,
beschreibe ich im Buch zum Beispiel anhand des Verhältnisses zur Europäischen Union. Also wie eine eine Mittelklasse in Europa,
ähm ein affirmatives Verhältnis zu
Europäischen Union und auch den den zugehörigen Staaten aufbauen kann, weil ihre Interessen von dieser Institution relativ gut vertreten werden und dadurch auch eine bestimmte.
Effektive Bindung an diese Institutionen entsteht. Also das ist so eine das ist auch eine Identifikationsfrage, eine Frage von politischer Positionalität, die spielt da auch mit rein.
Was für mich aber auch noch eine Rolle spielt und das ist jetzt von diesen beiden Kategorien denke ich noch nicht so abgedeckt
ist auch eine Besetzung des Bürgerlichen als als was positives. Also das das Menschen wollen auch Bürger sein so oder oder man könnte sagen,
Das ist das Ideal des Mittelstands ist mit diesen bürgerlichen extrem stark identifiziert oder ich würde sagen das spielt eine Rolle,
Der letzte Aspekt, der der auch sehr wichtig ist, den hast du auch schon kurz angedeutet, ist ähm der Aspekt des Weiß seins und ähm ich beschreibe das auch an einer Stelle so, dass ich sage, Bürger,
sein, ist eine Modifikation von Whitenes und Whitennes könnte man, das da kommen wir vielleicht später noch drauf zu sprechen, könnte man sagen, das ist eine.
Fast globale Beschreibung für ein bestimmtes Privileg, dass,
durch ähm den Kolonialismus sich ausgebildet hat, dass dadurch irgendwie eine bestimmte Machtposition entfalten kann bis in die Gegenwart und das Bürgersein,
ähm würde ich sagen ist ein ist eine europäisch spezifische Modifikation davon und ich glaube, ich finde es wichtig, das spezifisch zu machen, weil,
Bürger seien auch eine Position ist, aus der ich sprechen kann, dass vielleicht so als letztes, ähm dass es dieses Buch natürlich auch eine Auseinandersetzung ist mit dem Eigenen und mit dem ähm auch mit den Institutionen, in denen ich mich bewege,
die Art und Weise wie ich aufgewachsen bin und so weiter so und dass das alles will dieser Begriff eigentlich ähm andeutend auffangen.
Leo Schwarz
Okay, aber da sind ja dann auch schon gewisse Widersprüche enthalten, ob nun produktiv oder nicht,
äh sei mal dahingestellt. Also aber der Staatsbürger ist ja schon mal irgendwie,
Meine Kategorie, die mehr eine Art von von Gleichheit impliziert, von sagen wir mal bürgerlicher Revolution, von Verallgemeinerung der Rechte, als
die Bojozi, die eben innerhalb der äh dieser bürgerlichen Gesellschaft eine bestimmte Machtposition einnimmt, weil sie eben zum Beispiel Produktionsmittel besitzt. Ähm aber das ist das ist sozusagen für dich erstmal,
okay, dass das da so eine Grundspannung gibt, ähm weil du eben äh erstmal mit einem art terroristisch offenen Begriff arbeitest, ja.
Henrike Kohpeiß
Ich glaube, so könnte man das sagen, ne, also dass der Begriff juristisch offen ist und tatsächlich erstmal selber rausfinden will, was er ist oder dass das ist dann vielleicht diese methodische Offenheit, die ich am Anfang ähm versucht habe zu beschreiben,
Zweitens geht es glaube ich auch darum, diese Begriffe so ein bisschen zu aktualisieren oder so zu gucken, welche ganzen Überlagerungen finden in der Gegenwart statt,
so, weil es ist ein also das ist auch eine Gegenwartsdiagnose. Also ich behaupte dann nicht, dass das, was ich da beschrieben habe,
aufs 18. Jahrhundert genauso zutrifft wie auf die Gegenwart oder ich würde fast
dass eine bürgerliche Subjektivität und Haltung im vielleicht im 18. Jahrhundert noch besser funktioniert hat als moralisch Instanz, als sie jetzt funktioniert, sondern mir geht es darum, anhand,
der vielleicht der Genialologie ähm des des Begriffs des Bürgerlichen zu verstehen, welche ganzen Besetzungen, Hoffnungen, effektiven,
Ja, welche affektive Attraktivität in diesem Begriff steckt, ähm,
weil man die, glaube ich, nicht mehr ohne Weiteres erkennt und ich glaube, das ist so ein bisschen der Umgang mit den Widersprüchen. Also mir geht es nicht darum, am Ende so einen glatten Begriff herauszubekommen, um zu sagen, das ist so die die universelle
des Bürgerlichen, sondern mir geht es irgendwie darum zu zeigen.
Was hat das Bürgerliche alles so bedeutet und warum warum gibt es das immer noch, obwohl und da kommt man vielleicht dann auch so zu dem politischen Einsatz des Buches,
wir eigentlich seit Marx wissen, dass die bürgerliche Gesellschaft und die bürgerliche Demokratie,
ein Problem ist für Gleichhaltung halt ein Problem darstellt um bestimmte Ungerechtigkeiten zu überwinden so und und ich glaube mir geht es ein bisschen darum zu untersuchen welche Kräfte dafür sorgen,
das nicht passiert.
Äh und ich glaube, diese Kräfte, die können auch, die können unterschiedlich wirken und die können zusammenwirken, obwohl sie teilweise widersprüchliche Ideen davon enthalten, was Bürger seien so bedeutet, so,
Das halt trotzdem so anfühlt. So das ist glaube ich das ist auch ein ja das ist auch ein Punkt über Gefühle die da drin stecken.
Leo Schwarz
Gefühl müssen wir auch noch reden. Äh ist sind Affekte dasselbe wie Gefühle eigentlich oder ist das noch was anderes? Du kommst auch aus einem so einer Forschungsbereiche, Societys heißt da glaube ich äh ist das ähm gleichzusetzen?
Henrike Kohpeiß
Ähm da also da kann ich dir jetzt natürlich auch sehr viel darüber erzählen, was diese Forschung so ergeben hat, aber ich glaube jetzt ähm für unseren Kontext ist es schon also ich würde sagen ja, Affekte sind Gefühle. Es gibt aber einen Unterschied zum Beispiel zwischen Affekten und Emotionen und insgesamt,
ähm würde ich denken, Affekte ähm versuchen also oder der Begriff des Affekts versucht eine Kategorie,
anzubieten, wie man die soziale Manifestation von Gefühlsstrukturen beschreiben kann, wohingegen der Begriff der Emotion meistens eher individuelle Phänomene meint und vor allem auch klarer benennbare,
singuläre ja Manifestation von von einzelnen Gefühlen, also.
Leo Schwarz
So wie Freude, Trauer und so.
Henrike Kohpeiß
Freude, Trauer, Scham und so weiter. Das sind die sind können wir irgendwie erkennen. Wir haben Kategorien dafür. Wir haben irgendwie Kriterien dafür, wann die sich einstellen und ähm,
Und Affekte sind eigentlich, also man kann das auch aus einer philosophischen Tradition ähm beschreiben mit Spinosa und Deluxe vor allem,
sind eigentlich erstmal Intensivierung. Also es ist sowas so total abstraktes da geht es irgendwie erstmal so darum zu verstehen wann,
sind Konstellationen intensiver und weniger intensiv, mehr intensives Mehr-Effekt, weniger intensives, weniger Affekt,
Ähm und dann kann man aber ähm eine soziale Analyse dieser Intensivierung anschließen und sich zum Beispiel fragen, ähm
was bedeutet es, dass eine Gesellschaft wütend ist oder dass irgendwie man in einer Gesellschaft eine extreme Spannung oder eine extreme ähm.
Extreme Widersprüchlichkeiten wahrnimmt in der Stimmung zum Beispiel, die es gibt und ähm und ich glaube dafür eignet sich so ein also der Begriff des Affekts sehr, sehr gut, weil der auch im noch nicht immer weiß, ähm,
Die Bezeichnung dafür ist, was sich da intensiviert, sondern eigentlich erstmal so eine Strukturanalyse ist von was sind so die,
Gefühlsbewegung innerhalb einer gegebenen Gesellschaft, ohne das immer schon klar sein muss, alle sind wütend oder alle sind traurig oder alle haben irgendwie Verlustängste oder so, sondern man guckt erstmal aha aha aha
hier passiert irgendwie was und wie kann man das nun gut analysieren?
Leo Schwarz
Okay, das verstehe ich. Also es ist ein bisschen soziologischer einfach. Alles klar.
Jan Wetzel
Also auch der Versuch, eben Gesellschaft zu verstehen, ohne dass man einen Begriff schon davon hat. Also das ist ja dieses genau dieses die Stimmung ist vielleicht auch ein guter Begriff, ja okay.
Henrike Kohpeiß
Die Stimmung ist ein guter Begriff und vielleicht um noch eine andere so ach das ist auch eine methodische Setzung anzuschließen wie Affekt,
ähm Theorie da, wo ich jetzt arbeite, ähm funktioniert, da gibt es den Begriff des
effektiven Arrangements, der noch so sehr wichtig ist und das versucht irgendwie zu beschreiben, dass
bestimmte räumliche und zeitliche Anordnungen auch eben,
gefühlte Stimmungen produzieren können. Also es gibt zum Beispiel oder so einfaches Beispiel ist so die Schule, also das ist auch von Fokur zum Beispiel als Disziplinaregime bezeichnet worden und man kann aber auch
Man kann es auch so analysieren, dass man sich fragt, okay welche ganzen affektiven Einstellungen und Anordnungen, Erwartungen und,
und Vorbilder prägen diesen Raum auf eine Art und Weise, dass Menschen sich da so oder so fühlen, wenn sie in diesen Raum reinkommen und dafür,
eignet sich diese Art von Analyse einfach sehr gut.
Leo Schwarz
Alles klar. Jetzt hast du gesagt, du machst so eine Art genialologische Zugang zur Bürgerlichkeit,
Machst du aber trotzdem nicht so also gehst du jetzt nicht in die Ideengeschichte irgendwie der moderne oder schon auch, aber ähm gleichzeitig,
startest du da, wo auch schon äh die Aufklärung startet bei äh was ja schon bei denen
relativ kühn war, die Bürgerlichkeit soweit zurückzudatieren und dann auch noch in einem nach heutigen Maßstäben fiktionalen Text äh,
was genau für eine Rolle spielt für dich dieser Mythos des äh Odysseus,
innerhalb deiner Argumentation und inwieweit kann so ein literarischer Text jetzt uns was über Bürgerlichkeit der Gegenwart verraten?
Henrike Kohpeiß
Ja, du hast es ja schon ganz richtig bemerkt, dass ich mich da hingehend natürlich auch stark an der orientiere und versuche nochmal nachzuvollziehen, was haben die da eigentlich gefunden so also was haben die in,
Odyssee gefunden als ähm protobürgerlicher Konstellation, wie sie das ja nennen. Also ich glaube, das
das ist so sehr kosmetisch, aber man könnte schon nochmal dazwischen unterscheiden, ob's eine protobürgerliche oder eine wirklich bürgerliche Konstellation, also es ist so was wie ein Vorbild für das Bürgerwerden.
Ähm und ich glaube, ich habe dann, als ich nochmal angefangen habe, darüber nachzudenken, also auch über die Dialektik der Aufklärung schon einfach,
in der ähm Odyssee nochmal versucht diese diese Konstellation zu finden und so
einfach sich zu fragen, was ist Düsseldorf eigentlich für ein Subjekt? Also was ist das für ein Typ? So und wenn Adorno und Horka immer das als protobürgerliche,
protobürgerliches Subjekt beschreiben, was bedeutet das für den Begriff?
Des bürgerlichen, also ich vertraue Ador und Horkam auch relativ stark, sowas was ihre, was ihre Lesart angeht und die ähm die Aspekte, die dabei irgendwie eine große Rolle spielen, ähm ist zum einen.
Also die Art und Weise, wie Addys Macht entfaltet ähm zu seinem eigenen Vorteil. Also es gibt diese diese Ausbeute
beuterische Konstellation oder das Verhältnis, das er zu seinen Gefährten hat. Also das ist im Prinzip die Gefährten sind, die ihm ermöglichen
Abenteuer zu bestehen. Am Ende ist er aber der Einzige, der lebend nach Hause kommt. Alle anderen sind gestorben und diese Art der Rücksichtslosigkeit, da nehmen Adorn und Horkheimer auch drauf Bezug.
Und was aber interessanter und vielleicht auch noch komplexer ist, ist ähm seine sinnliche Einstellung zur Welt und ähm ganz entscheidend dafür ist,
Passage der Sireneninsel, eine sehr berühmte Szene der Odyssee, in der ähm.
Und das soll's ähm und seine Männer quasi auf dem Schiff die Sireneninsel passieren und die die der Mythos ist eben der, dass die Sirenen,
ähm mit ihrem Gesang bisher alle verführt haben und niemand diese Passage geschafft hat und dann entwickelt eben,
die berühmte List, in der die Gefährten ihre Ohren mit Wachs verstopfen, sodass sie die
Sirenen nicht hören und vorbeirudern können und sich quasi nicht verführen lassen. Und dann gibt es aber eben die Besonderheit, dass Odysseus selber sich die Ohren nicht mit Wachs verstopft, sondern die Sirenen hören möchte.
Dann gibt es bei Adorn und Horkheim die Deutung, ich erzähle das jetzt alles kurz, weil ich find's auch immer noch endlos faszinierend, aber es ist auch einfach glaube ich wichtig, als Kontext,
gibt es bei Adorn und Horkamer die Interpretation, dass ähm,
Dass diese List und auch die Tatsache, dass Odysseus sich diese Erfahrung aussetzt, ähm,
eine Art Tausch mit den Göttern, ein Tauschhandel mit den Göttern in Gang setzt,
in dem quasi Adorno, äh nein, Entschuldigung, Audisso ist suggeriert, dass er sich der Verführung hingibt, weil er sich an den Mast fesseln lässt und dann einfach quasi darunter leidet, dass er nicht
Zu den Sirenen ähm hin kann und und ich glaube aber, dass es auch noch wichtig ist, irgendwie zu sehen, was,
Ist dabei gewinnt und ich glaube was er dabei gewinnt ist eine ästhetische Erfahrung. Also er erfährt eine eine ähm,
eine eine sinnliche Besonderheit, die vor ihm niemand überlebt hat, also die einfach so eine eine absolut exklusive Erfahrung mit einem Klang ist,
von dem niemand sonst berichten kann und ich glaube das finde ich einen sehr interessanten Moment für bürgerliche Subjektivität.
Diese diese extrem hohe Valorisierung ähm einer sinnlichen Erfahrung, die gleichzeitig die,
Eindruck oder irgendwie,
Von einem Risiko hat, dass tatsächlich aber gar kein Risiko ist, weil die Gefährten werden ihn ja vorbeirudern. Die haben halt ihre Ohren verstopft. Und und diese ähm,
diese also die Tatsache, dass Odysseus quasi für sich eine ästhetische Erfahrung generiert,
auf dem Rücken von Arbeitskraft über die er verfügt. So, das ist glaube ich eine bürgerliche Konstellation, über die es ähm sich lohnt, weiter nachzudenken.
Leo Schwarz
Aber also es geht ihnen um eine sinnliche Erfahrung, die er vielleicht auch irgendwie also ich stelle mir das irgendwie extatisch vor oder irgendwie, also zumindest, wenn wir mal rauschhaft,
Wie passt das in die Kälte rein? Also ist das äh ist das wie da spricht das nicht sogar schon der Kälte?
Henrike Kohpeiß
Ja das ist das ist gut, dass wir von da aus auf die Kälte ähm zu sprechen kommen, weil ähm also ich glaube
oder ich finde es wichtig erstmal ähm zu klären, dass ähm bürgerliche Kälte, das ist halt der Titel des Buches so und das bedeutet nicht einfach Indifferenz oder,
sinnliche Abwendung oder keine Intensität, sondern das ist eine soziale Konstellation, das ist eine ich habe das ähm,
Affektive Technik oder effektive Sozialtechnik auch genannt, die natürlich sehr komplex ist, also die nicht einfach nur bedeutet, man man beschäftigt sich nicht mehr mit dem, was um einen rum passiert.
Sondern ähm mir geht es darum zu verstehen, inwiefern genau ein Spiel aus so was wie einer extrem,
ähm hochballerisierten ästhetischen Erfahrung.
Das dann ermöglicht gegenüber anderen Schauplätzen, die im eigenen Leben vielleicht stattfinden oder im in der eigenen Gesellschaft stattfinden, kalt zu bleiben oder sich abzuwenden.
Das heißt, die bürgerliche Subjektivität, die ich beschreiben möchte, die ist extrem gut in Affektregulation. Also die die ähm,
produziert für sich selber immer genau die Intensitäten, die sie möchte oder die sie braucht, um irgendwie ein interessantes Leben zu haben ähm,
und das ermöglicht ihr auch eine Autosuggestion von ja, aber wir beschäftigen uns ja damit. Wir gucken uns ja die Kunst an über die Menschen, die im Mittelmeer ertrinken und darüber können wir aber,
vergessen, dass die wirklich im Mittelmeer ertrinken und dass das eine strukturelle Ursache hat, ähm für die wir zumindest strukturell ähm irgendwo mitverantwortlich sind.
Genau diese Technik, das so auszuregulieren, dass man das aushält, dass es bürgerliche Kälte. Nicht die bloße Abwendung, weil das hält kein Mensch aus.
Jan Wetzel
Also es wäre sozusagen auch der Unterschied zwischen sozusagen einer einfachen Grausamkeit oder so was, die,
das Leid sieht, aber da gar nichts empfindet äh und und sozusagen oder auch einer einer reinen Machtdemonstration, sondern eben auch dieses verfeinerte auf eine gewisse Weise, also zwar diese gewaltstrukturell auszuüben
Auch in einem globalen Maßstab. Wir kommen ja dann sicher auch auf die einzelnen Mittel, Bürokratie, Staatlichkeit et cetera, aber eigentlich,
Nähe zu sagen, man hält das von sich ab, sondern sich immer auch widmen zu können, aber auf eine kontrollierte Weise, die ästhetisch sozusagen eigentlich in einem negativen Sinne ist, nie echte Konsequenzen hat eigentlich.
Niesbar wird fast sogar als als ästhetisch genießbar wird.
Henrike Kohpeiß
Genau, das finde ich eine gute Beschreibung und ähm,
Ich meine, wir können auch sehen, inwiefern die bürgerliche äh bürgerliche Ästhetik hat so Empfindsamkeit miterfunden. Also diese Idee von einer besonderen Empfänglichkeit für bestimmte sinnliche Reize und für auch eine besondere,
Fähigkeit, was diese Reize anbelangt. Das ist ja eine zutiefst bürgerliche Idee. Und mir geht es nicht so darum zu sagen, bürgerliche Subjektivität ist immer schon
gleichgültig gegenüber der Welt, sondern mir geht es darum zu sagen, wie ist im Resultat all dieser sehr elaborierten, kulturellen Techniken, die die Geschichte,
Bürgertums begleitet und auch gefüllt haben, wie ähm resultiert daraus eine Form von makrosozialer Kälte, die sich
selber, die sich vor sich selber verbergen kann. Also ich glaube, ähm ein wichtiger Asp
dabei ist eben auch, dass Bürgerinnen nicht immer wissen, dass sie selber kalt sind oder dass sie sich selber eben für besonders empfänglich und für besonders empfindsam gegenüber,
bestimmten ähm Leiden halten, aber dass sie diese Leiden meist nicht auf einer strukturellen Ebene erfassen können oder sich damit beschäftigen, sondern immer nur in einer,
isolierten oder reduzierten Formen, die ihrem Leben und ihrem ihrer Lebensweise ähm,
keinen grundsätzlichen Einwand ähm bietet.
Leo Schwarz
Da hatte ich mich immer gefragt, verweist diese schon irgendwie ja kritische Analyse,
auch offenen Begriff von emotionaler Authentizität, der vielleicht auch irgendwie sozial theoretisch ein bisschen schwierig ist, also brauchen wir nicht auch sozusagen ästhetische Formen, kulturelle Formen,
äh sind Strukturen überhaupt grundsätzlich. Anthropologisch möchte ich fast sagen, aber nicht ganz. Äh dann äh äh um um uns sozusagen,
Gefühle anzueignen, also äh äh ist es nicht so, dass es also wenn wenn's jetzt so eine so eine
so eine naive Entfremdungstheorie wäre, die du nicht machst, äh wäre es ja irgendwie also es gibt da irgendwie die wahren Gefühle und dann gibt's irgendwie die Entfremdung und dann sind die irgendwie nicht mehr so wie sie sein sollen oder so. Aber ist das nicht eigentlich immer
in der kulturellen Matrix sozusagen drin, die Affektivität so oder so unausweichlich.
Henrike Kohpeiß
Also die Grundidee meines Buches ist, dass Gefühle gestaltbar sind, genau wie alle anderen sozialen Verhältnisse.
So und ich glaube, das muss man erst mal so mitgehen, um dann irgendwie zu verstehen, dass ähm dass es nicht darauf hinausläuft, dass wir alle nur authentisch sein müssen und alle nur irgendwie genügend Mitleid haben müssen und irgendwie von allem,
für immer für alles offen sein müssen, damit alles gut wird, das ist nicht so ähm,
Sagt an einer Stelle, man kann die Wärme nicht einfach andrehen. Das geht nicht, sondern man muss ähm,
eine soziale Konstellation finden, in der Affekte auf eine Art und Weise reguliert oder irgendwie verhandelt werden können, ähm dass sie ja letztlich der Befreiung beitragen und nicht der Abschottung von von Leid.
Ähm ja das also das andere, worüber du noch gesprochen hast, also die diese,
Gestaltbarkeit von von ich glaube effektiven Strukturen.
Das kommt einem immer so fremd vor und ich glaube, es ist ein zutiefst feministischer Punkt, dass man sagt, das ist wahrscheinlich fremd in einer patriarchalen Gesellschaft, weil in einer patriarchalen Gesellschaft das Gefühlsvermögen tendenziell,
Frauen zugeordnet wird oder tendenziell den Menschen, die sich nicht aussuchen können, ob sie bestimmte Sorgearbeiten machen wollen oder ob sie die nicht machen wollen.
Das sind diejenigen, die die emotionalen Kompetenzen dann am Ende des Tages haben und so. In meinem Buch beschreibe ich das mithilfe von Sylvia Federici und Audrey Lord.
Silvia Federici hat viel darüber geschrieben, inwiefern,
emotionale Arbeit ähm eine bestimmte Kompetenz ist, die das Patriarchat zu seiner Aufrechterhaltung,
braucht und die es quasi als ähm umsonst Ressource auch immer von weiblich sozialisierten Subjekten einfordert.
Ohne dafür zu bezahlen,
Ich glaube, ich finde es interessant, darüber nachzudenken, inwiefern darin auch bestimmte Kompetenzen liegen, also inwiefern diese emotionale Arbeit auch nicht, was ist, was alle machen können, nämlich Frauen können das halt machen, weil sie immer dazu gezwungen wurden und dann wissen die halt auch irgendwann, wie das geht.
Macht diesen Punkt auch auf eine sehr interessante Art und Weise, indem sie davon erzählt.
Also aus ihrer Kindheit erzählt und ähm davon, wie ihre Mutter im Prinzip immer Erwartungen an sie hatte, die sie nie ausgesprochen hat,
Als Kind immer ähm ja einfach dann gelernt hat, diese Erwartung zu erfüllen und das ist halt auch eine Kompetenz und ich glaube, diese Kompetenz, die damit gemeint, es ist einfach die einer sozialen Gestaltbarkeit von Gefühlen.
Interessanterweise, dass es auch ähm ein Aspekt, wo ich ähm ja Adorno kritisch lese oder wo ich quasi,
Auf seiner Seite bin, gibt es in in Adonisschriften scheint manchmal so ein bisschen eine Vorstellung von von dieser Authentizität, die du, glaube ich, meintest, durch. Also dass Adorno irgendwie schon die Vorstellung zu haben scheint
wir irgendwie alle nicht so
entfremdet wären oder wenn wir alle irgendwie und einfach mal so uns auf unser Inneres besinnen, dann wird das schon alles gut so oder dann dann wissen wir schon was richtig und was falsch ist.
Ich glaube aber, dass ähm.
Ja das das Kompetenzen und ähm und Strukturen im Bereich der Gefühle eben genauso kompromitierbar sind wie alles andere auch und ich halte das für relativ naiv anzunehmen, das hattest du ja auch angedeutet.
Ähm dass wir eben das das Mitleid immer gut ist oder dass wir automatisch immer wissen, was jetzt das authentische Gefühl ist, wenn wir uns nur mal darauf besinnen. Das ist nicht so.
Leo Schwarz
Ja Mitleid ist ein gutes Thema. Ähm damit können wir, glaube ich, auch zu deiner ersten, ich sage mal,
Fallstudie kommen oder eigentlich der zweiten, äh je nachdem, also du hast eine sehr interessante Struktur da auch in deinem Buch. Du dein dein Buch ist nach ähm Meeren eingeteilt, äh was,
auch schon sehr irgendwie, aber für meine Augen sehr literarisch wirkt, also ist ihr und im zweiten Teil Mittelmeer thematisierst du die europäische Grenzschutzpolitik mit all ihren äh verheerenden,
inhumanen Folgen und auch den Umgang von äh mit geflüchteten Menschen, unter anderem dann auch in den,
Ankerzentren in Deutschland beispielsweise und du beschreibst dort auch,
ähm redest dort auch von Mitleid, nicht wahr? Also und zwar aber in einer Form, die auch sehr kritisch ist, eben auch kontraintuitiv eigentlich, also äh man könnte ja denken, Mitleid wäre eigentlich das Gegenteil von bürgerlicher Kälte.
Was wenn ich Mitleid ähm was äh wie ist da dein Gedankengang?
Henrike Kohpeiß
Ja das greift den Punkt wieder auf, den wir eben besprochen haben. Ähm ich denke nicht, dass also erstmal glaube ich nicht, dass ein Mitleid irgendwas Natürliches ist, was wir einfach haben und was dann
ähm mobilisiert werden kann und das immer automatisch zur Verfügung steht und niemals verloren geht. Also das so vorweg und dann ähm denke ich, dass es
einfach unterschiedliche Modifikationen des Mitleids gibt und ich behandle hier eben dann wieder die bürgerliche ähm die bürgerliche Variante des Mitleids und da ist der ja kritische Gedankengang wie du schon gesagt hattest,
derjenige, dass ähm wir uns wenn wir uns angucken, wie funktioniert vielleicht auch,
die Selbstrechtfertigung angesichts der sich wieder täglich wiederholenden Katastrophen im Mittelmeer einer bürgerlichen Gesellschaft in Europa, deren zu deren Schutz
diese Katastrophen ähm also initiiert und irgendwie aufrecht erhalten und immer wieder perpetuiert werden.
Und ich glaube das finde ich interessant. Ich finde es so interessant, dass es möglich ist,
ähm sich darüber zu empören, so dass ne, weil das das passiert schon, das passiert auch irgendwie in liberalen Medien und gleichzeitig aber ähm,
Trotzdem ist eine extrem große gesellschaftliche Ohnmacht gibt, was die Veränderung dieser Verhältnisse anbelangt und,
Ich finde zum Beispiel, also wenn man sich bestimmte Formen der Berichterstattung anguckt, dann ist ein beliebtes Motiv, der um Mitleid zu generieren, die Individualisierung, also das individuelle Geschichten erzählt werden.
Einzelschicksale, die ähm,
die besonders also die eine Betroffenheit wecken oder die halt irgendwie ähm eine Empathie evozieren ähm und ich denke aber, dass dass diese Individualisierung zum Beispiel auch eine Variante ist ähm,
Mitleid zu fast einem vielleicht am Konsum gutzumachen oder sich etwas anzunähern, dass man dadurch natürlich nicht in seiner strukturellen Dimension begreift, sondern dass man als ein,
ähm ja ein individualisiertes, zwischenmenschliches Verhältnis dann reduziert und diese ähm,
Ja diese Struktur oder diese Tendenz oder diese Technik die hat glaube ich auch in dem was in Deutschland 2015 Willkommenskultur genannt wurde, eine extrem große Rolle gespielt, also das natürlich persönliche Begegnungen,
meistens dazu beitragen, dass Menschen sich bestimmten Schicksalen und auch bestimmter einer bestimmten Hilfsbedürftigkeit besser öffnen können und daran ist auch an sich überhaupt nichts auszusetzen und natürlich ist das auch begrüßenswert, dass Menschen das weiterhin machen.
Aber gleichzeitig sind das auch immer Arten und Weisen strukturelle Ursachen zu verschleiern oder nicht mehr so in ähm,
Im Fokus sein zu lassen, weil natürlich man sagen kann, okay, über diese persönlichen Begegnungen wird ein Verhältnis zu einer zu bestimmten politischen Entscheidung.
Hergestellt, die diese Entscheidungen,
auf Schicksalscharakter reduziert und nicht mehr deutlich macht, dass das Entscheidungen sind, die auch anders getroffen werden können oder dass das eine bestimmte Politik ist, die dafür sorgt, dass Menschen leiden und und fliehen müssen und,
und das ist keine staatliche Hilfeleistung im angemessenen Maße gibt. Und ich glaube mir geht es
nicht darum, grundsätzlich zu sagen, Mitleid ist schlecht, sondern mir geht es darum, zu verstehen, welche strukturelle Funktion bestimmte dispositive des Mitleids erfüllen können.
Jan Wetzel
Würdest du das auch auf den persönlichen Kontakt ziehen? Also ich sehe das auf jeden Fall bei den Medien. Wir erinnern uns auch zwar glaube ich somit so das
wurde von dem Alan Kurdi, der kleine Junge, der dort am am Strand tot lag. Das ist ja war ja in allen Schlagzeilen. Da war das, glaube ich, diese große Welle, wo man äh das so richtig angekommen ist und da kann man ja auch wirklich nur geschockt davorstehen, wenn man das Bild sieht. Ähm,
gleichzeitig würde ich denken, da wo es dann um die Flüchtlingshilfe ging in in Deutschland.
Und sozusagen da wirklich der persönliche Kontakt war nicht nur sozusagen auf individueller Ebene, sondern auch wirklich persönlicher Ebene.
Da ist es doch ein bisschen anders. Also da könnte ich mir auch vorstellen, da haben viele, gerade weil sie dann geholfen, haben gemerkt, wie schlecht der Staat organisiert ist. Oh, da
wenn's dann darum ging, äh Sprachkurse zu organisieren oder zu gucken, wie kommen die Leute in den Arbeitsmarkt et cetera, wo man gesehen hat
als Helfer vielleicht, äh den werden nur Steine in den Weg gelegt und offenbar ist der Staat ja nicht bereit äh das Beste sozusagen für die für die Leute zu entwickeln, da ist man doch eigentlich auch in der Lage über den persönlichen Kontakt, gerade eine kritischere Haltung auch auf die strukturellen äh Ebenen zu entwickeln.
Henrike Kohpeiß
Ja das finde ich das ist ein sehr interessanter Punkt. Den habe ich nicht behandelt, aber das würde ich auch sagen, dass es natürlich Formen der Auseinandersetzung gibt,
irgendwie da anfangen, also die bei einem bei einem persönlichen Kontakt oder auch bei einem individuellen Engagement anfangen,
dann aber in einem politischen Engagement letztlich enden oder irgendwann nicht mehr über die strukturellen Gegebenheiten dieser Hilfeleistung,
hinwegsehen können. Also sowas ähnliches ist ja zum Beispiel auch passiert ähm,
als Russland die Ukraine angegriffen hat und als sehr viele Geflüchtete aus der Ukraine in Berlin angekommen sind, gab es ja auch starkes Engagement, zum Beispiel,
am Hauptbahnhof und einerseits wurde dann relativ schnell auch die die mangelhafte staatliche Versorgung bemängelt, die dann auch schnell ausgeglichen wurde und zweitens ist es da auch so gewesen, dass viele,
Helferinnen dann auch auf diesen rassistischen Charakter dieser Hilfeleistung ähm von sich aus zu sprechen gekommen sind, weil
einfach so stark auffällig war, wie unterschiedlich die Bereitschaft ausfällt ähm ja
Frauen mit Kindern aus weißen Frauen mit Kindern aus der Ukraine zu helfen und dann zum Beispiel afrikanischen Studierenden, die aus der
Ukraine gekommen sind und diese Arten von von Bewusstwerdung oder Erkenntnis, die können natürlich auch Teil von solchen Prozessen sein, auf jeden Fall.
Leo Schwarz
Sprichst du auch sehr kritisch von der äh privaten Seenotrettung ähm vielleicht kennst du nochmal den Begriff des ähm Militär,
Verzeihung. Äh vielleicht kannst du mal den Begriff des humanitären industriellen Komplexes erläutern, weil er ja doch irgendwie eine eine Analogie herstellt zu einem ähm ja zum industriellen Komplex und auch,
In meinen Augen dann,
eine Art von ja gegenseitigem Stützungsverhältnis äh äh insinuiert, dass ähm du sicherlich nicht äh der privaten Seenotrettung unterstellen würdest?
Henrike Kohpeiß
Also das ähm das ist kann ich verstehen, dass das erstmal,
vielleicht eine Irritation auslöst vor allem, weil dieser also ne, weil der Begriff des Humanismus natürlich auch ähm immer noch eine extrem wichtige politische Funktion hat, vor allem, was so ich glaube,
internationale Politik anbelangt, dann ist Humanismus ja schon immer noch so das worauf unterschiedliche Akteuren und versuchen sich zu einigen als als irgendwie ethisches
Leitmotiv,
Ähm und die die ökonomische Interessenslage, die versucht wird mit diesem Begriff des humanitären industriellen Komplexes darzustellen ist einfach erst mal die, dass es
Situationen gibt, in denen äh humanitäre Hilfe anstelle von politischer Veränderung. Ähm,
angeboten wird. Also es gibt
Konstellationen, in denen humanitäre Hilfe und auch die die Reduktion eines Engagements auf humanitäre Hilfe wiederum strukturelle Ursachen, strukturelle Grundprobleme,
ausblendet und ähm und versucht dadurch bestimmte eigentlich bereits illegitime ähm ja.
Übergriffe,
nachträglich legitimiert werden. Also indem man sagt, ja aber wir helfen doch, muss man nicht mehr an die an die Ursache ran. Und was jetzt diesen spezifischen Fall der Seenotrettung ähm anbelangt, ist es
auf keinen Fall so, dass dabei die Seenotretterin irgendeine Schuld tritt oder dass die dafür verantwortlich sind, weil es in diesem humanitär industriellen Komplex auch nicht meistens nicht die Helferinnen natürlich sind, die da irgendwas dran ändern können und das sind natürlich auch nicht die,
Schuldtragenden, aber es gibt also die, die Fassade hat dazu gearbeitet zum Beispiel, also es gibt einfach ähm,
bestimmte international arbeitende NGOs, die bestimmte staatliche Interessen einfach vertreten und damit dann auch ökonomische Interessen,
und es ist eher auf dieser Ebene von von Schulterschluss zwischen Staaten und NGOs,
dass diese Interessen irgendwie eine Rolle spielen oder ausgespielt werden. Und ich glaube, das ist alles worum es dabei geht. Dieser Vergleich zum Militärindustriellenkomplex, also diese
Bezeichnung des industriellen Komplexes, die gibt es inzwischen in relativ vielen Genres und die wird auch in vielen Genres verwendet, um irgendwie zu verstehen.
Unterschiedlichen Lebensbereiche oder ne, welche unterschiedlichen äh also Prison Industrial Komplex gibt es. Es gibt auch
pharmakologischen, industriellen Komplex und so weiter, welche unterschiedlichen Lebensbereiche durchwirkt sind von ökonomischen Interessen in der Art und Weise, die nicht ohne Weiteres erkennbar ist,
die auch nicht ohne Weiteres von Akteurinnen, die in diesem Bereich arbeiten, von einen Tag auf den anderen unterbrochen werden kann.
Sondern es geht einfach genau darum zu gucken, wie sind bestimmte ökonomische Interessen in ganzen.
Industrien auf eine Art und Weise fixiert ähm und gesellschaftlich verankert,
man eine relativ umfassende Analyse braucht, um wieder darauf zu kommen, was ist eigentlich das Verhältnis zwischen Seenotrettung,
der Europäischen Union und dann ist es natürlich so, dass die Europäische Union ein Interesse daran hat, dass private Seenotrettung stattfindet, um,
also um erstens das selber nicht machen zu müssen und um selber die politische Frage der Migrationspolitik nicht anders beantworten zu müssen, als sie's jetzt machen und das ist eigentlich erst mal alles, was damit gemeint ist.
Leo Schwarz
Okay, als wenn die Europäische Union daran interessiert ist, also gut, da könnte man auch drüber nachdenken, äh,
Aber du sagst ja auch, es gibt ein ökonomisches Interesse. Also ich will's jetzt nicht äh will jetzt nicht zu lange drüber reden, aber,
Ist das wirklich so? Ist ist äh Seawatch äh hatten die in irgendwie ein ökonomisches Interesse. Es hängt das ökonomische Interesse, mit dem Anderer zusammen.
Henrike Kohpeiß
Nein, das ökonomische Interesse ist nicht, was Seawatch hat, dieses ökonomische Interesse nicht, sondern die Staaten der Europäischen Union haben ökonomisches Interesse.
Leo Schwarz
Okay, also weil das das ist wäre zumindest, glaube ich, jetzt beim Prison Industrial äh Komplex der Fall, dass die Gefängnisbetreiber eben äh die Arbeitskräfte ihrer ihrer äh Insassen äh,
ausbeuten können auch, dass sie einfach ein ökonomisches Interesse haben, dass die nie wieder frei kommen auch, dass dass dieses ganze System,
sich selbst perpäiert aus ökonomischen Interessen, aber das auch die Institution selbst ähm daran Interesse hat und nicht eins an Rehabilitation zum Beispiel.
Henrike Kohpeiß
Genau, das stimmt und dann aber in, also in in der Folge haben natürlich auch Staaten Interesse daran, weil sie sich zum Beispiel nicht um Rehabilitation kümmern müssen. So, also das ist ich glaube so könnte man diese Verschränkung denken.
Jan Wetzel
Es ist aber eigentlich schon wieder eben dieses Muster, den wir also dass du vorhin schon überhaupt genannt hast, also dass man einerseits äh sozusagen die die wirtschaftliche Übermacht natürlich der westlichen Staaten
ähm
inklusive dann Klimawandel natürlich auch den Folgen, ähm äh für die ja irgendwie die westlichen Staaten zu. Ich kenne die Zahlen nicht, aber irgendwie so neunzig Prozent oder so was, das CO2 ist dürften wir ja sozusagen in den letzten 150 Jahren produziert zu haben. Das heißt
eigentlich auch ursächlich zum Teil für große Naturkatastrophen oder sowas, verantwortlich zu sein. Ähm,
Aber wenn dann diese Katastrophen passieren, nicht zu fragen, wie kann man langfristig irgendwie ein Umlageverfahren finden oder dafür sorgen, dass die äh dass sich die ökonomischen Unterschiede ausgleichen langfristig ähm
dann so sagen, oh, es ist ja ganz schlimm und wir schicken da jetzt
äh das THW hin und so weiter. Und da aber sozusagen die Verbindung nicht zu sehen, sodass man vielleicht sagen kann, es ist nicht das ökonomische Interesse, aber so ein bisschen das Interesse mal ähm,
Schlimmste eigentlich zu verhindern und Diana züchte oder doch Leben zu retten et cetera, das ist ja eine Hilfe, aber langfristig eigentlich nicht die Konsequenzen da rauszuziehen.
Henrike Kohpeiß
Also ich glaube, was du gerade beschreibst, deutet auch so darauf hin, dass eine ereignishaftigkeit immer auch die Chance birgt, ja, bestimmte strukturelle Entwicklungen.
Zu ignorieren oder einfach nicht als als,
Artikulation des Problems zu sehen und und diesem Problem etwas an Schicksalshaften Charakter zu verleihen gegen den alle machtlos sind und in dem Moment, in dem ein,
Ereignis, einen schicksalhaften Charakter hat, ist jede Hilfe erst mal willkommen und ethisch geboten. Aber es gibt keine kein Verantwortungsverhältnis mehr.
Ähm dass man für diese Hilfe quasi anbringen kann oder das irgendwie klar macht, wer ist jetzt eigentlich verantwortlich zu helfen, weil er diese Katastrophe mit verursacht,
Ich glaube das das kann man irgendwie auch noch ja auf diesen,
Manitäa industriellen Komplex beziehen, dass der Humanismus oder das humanitäre natürlich immer unter dem Eindruck das nur helfen wollens
passiert, aber sich dadurch auch entpolitisiert oft. Also wenn humanitäre Hilfe ist quasi immer geboten, wenn Menschen leiden und dann geht es nicht mehr darum,
Akteure oder welche Verschränkungen überhaupt zu diesem Leiden geführt haben, sondern das Leiden ist dann schon etwas ähm außerhalb des eigenen Verantwortungsbereiches außerhalb,
jeglicher, möglicher Einflussnahme und ich glaube, dass das so ein bisschen so zu verstehen, okay, welche Rahmungen führen auch dazu,
dass das plausibel erscheint, das ist das ist wichtig daran.
Jan Wetzel
Also auf Regierungsebene, wenn ich das noch sagen kann, würde das bedeuten
man teilt das einfach auf die Ministerien auf. Also man hat das Entwicklungshilfeministerium, das ist da, was sozusagen in der ganzen Welt passiert, hat vielleicht auch das Außenministerium, dass es dafür, aber das, was hier passiert, ähm was in der Wirtschaft passiert, ähm was vielleicht auch ähm
dann im Innenministerium entschieden wird oder im Wirtschaftsministerium, also alles das, was eben innen ist,
Das hat keine direkte Verbindung zu außen. Das wird sozusagen in die einzelnen Gebiete verteilt und das ist eigentlich eines der Elemente, die so.
Henrike Kohpeiß
Ja oder ich glaube, das kommt auch so ein bisschen, das hat mit diesem Komplex der Bürokratie zu tun, den ich auch beschreibe. Also das ist so eine komplett Metalisierung der Verantwortung gibt,
ermöglicht, sich eben quasi auch seinen Job zu berufen, wann auch immer es ähm darum geht, sich um irgendwas zu kümmern.
Leo Schwarz
Das ist in äh das ist interessant. Also das glaube ich, das stimmt wirklich. Also diese äh also,
Nein, nein, äh ich meine das das würde ich auch sagen, dass es irgendwie.
Du hast ja eine umfangreiche Diskussion der Staatlichkeit und der Bürokratie auch äh in deinem Buch ähm und dass das schon natürlich,
erstmal unglaublich defizite, institutionelle Arrangements sind, die ja aber auch irgendwie ja erstmal aufm,
gesprochen irgendwie auf funktionale Differenzierung reagieren, also die die irgendwie auf eine Organisationsprobleme auch reagieren und die auf irgendwie ein Problem von Politik,
auch reagieren, die die irgendwie auf politisch das Problem der politischen Steuerung irgendwie auch reagieren. Also erstmal Institutionen, die ähm,
von der Sache her natürlich auch kompliziert sind und verschiedene Verantwortlichkeiten,
Verantwortlichkeiten aufgefächert werden und äh mit einem unglaublichen regulativen Apparat versehen sind und so. Also und äh
tatsächlich steht glaube ich wirklich der jetzt mal Staatsbürger schon gegenüber diesem Apparat erstmal ja auch,
buchstäblich einigermaßen machtlos. Also wenn man jetzt keinen Bürgeramtstermin hier in Berlin bekommt, naives Beispiel, dann
dann ist, läuft da halt nichts, dann kann man da auch nichts machen. Das ist halt wirklich die Bürokratie ist halt so. Die ist gnadenlos, in dem, wie sie eben schaltet und waltet äh und äh gleichzeitig auch äh
Klar, also ich persönlich oder als Video umgedacht, individualisiert sicherlich äh bin auch erstmal gegenüber ähm diesen strukturellen Zusammenhängen, die du beschreibst, macht es wie immer jetzt die genau aussehen. Ähm.
Insofern also das das das stimmt auf jeden Fall, aber ist das dann sozusagen Produkt der Kälte oder der der fehlenden Empathie oder das Einfühlungsvermögen oder der äh da fehlt des fehlenden Verantwortungsgefühls oder ist es einfach auch,
ein normaler Zustand, der Überforderung mit strukturellem Unrecht, dass er sozusagen sich ja nicht in äh in dem in der Krise der europäischen Flüchtlingspolitik erschöpft, sondern quasi ja
quasi unendlich ausgeweitet werden könnte, auf alle möglichen Teile der Welt auch und alle möglichen äh innergesellschaftlichen oder innereuropäischen Problembereiche. Also,
Ähm ist das wirklich sozusagen effektiv zu erklären oder eher andersrum ist, sie sind die Strukturen, so sagen die äh produzieren die durch diese Ohnmacht äh Kälte, effektive
Kälte, wie würdest du das beschreiben.
Henrike Kohpeiß
Ja, das ist natürlich irgendwie so ein bisschen eine Henne und Eifel. Also kamen zuerst so die bürgerliche Kälte, die dann diese Institutionen ähm errichtet und gestaltet oder sind es die Institutionen, die die Kälte,
in die Welt bringen. Also ich beschreibe an einer Stelle Institutionen als Trainingslager der Kälte. Also ich glaube, das sind schon Orte, an denen in besonderem Maße man man Kälte oder bürgerliche Kälte besonders erlernt,
auch gut darin wird ähm sich als kalte Bürgerin durch die Welt zu bewegen, ähm das ist, was Institutionen einem beibringen und,
ist es natürlich nochmal wichtig zu bemerken, dass Kälte nicht nur was Schlechtes ist, sondern dass wir das auch brauchen und das ist glaube ich genau,
gerade angesprochen hast, also das natürlich ist eine Überforderung mit strukturellem Unrecht gibt, die keine Person individuell,
überwinden kann und insgesamt ist es auch so, alles, also das Problem, was ich in diesem Buch beschreibe, kann ich individuell überwunden werden. Wir können uns nicht individuell aus der Kälte lösen und,
irgendwie Apostel der richtigen Gefühlslagen werden und dann wird alles gut, sondern das ist eine gesellschaftliche Konstellation und ich glaube, mir geht es darum zu sagen, dass wir.
Zusätzlich zu natürlicher, grundsätzlichen ökonomischen Umstrukturierung ähm der Art und Weise, wie wir leben. Also grundsätzlich oder,
zusätzlich zur Überwindung des Kapitalismus müssen wir auch lernen anders ähm,
effektiv unser Zusammenleben zu gestalten. Also wir müssen wir müssen das wieder lernen, weil wir natürlich in bürgerliche Subjektivitäten oder viele von uns in bürgerliche Subjektivitäten hineinsozialisiert,
sind und gelernt haben uns so durch die Welt zu bewegen und ich glaube,
Das steht in diesem Buch nicht und das weiß ich auch nicht genau, wie man das macht und wie das dann aussieht aber es ist ähm es stimmt, dass es dass die Überforderung mit irgendwie dem dem Unrecht in der Welt,
nichts ist, was wir jetzt einfach von von heute auf morgen beenden können und und es bringt auch nichts ähm sich,
sich dieser Ohnmacht dann noch mehr auszuliefern und einfach,
sich nochmal intensiver mit einem zu beschäftigen, was so passiert, weil also weil weil das hat auch was mit affektiver Regulation zu tun, dass Handlungsfähigkeit nicht daraus entsteht,
ähm dass man besonders nah an am Leid ist.
Leo Schwarz
Äh vielleicht gehen wir mal noch mal auf deine deine Staats- und Bürokratie-Kritik. Ich fasse das jetzt so zusammen. Du äh bearbeitest das getrennt, aber die hören ja auch irgendwie ähm zusammen und da wirst du auch relativ,
grundsätzlich äh zumindest in Bezug auf den Staat, also du argumentierst ja teilweise sogar mit,
selbsterklärt anarchistischen Autoren, also mit mit Gräber und mit äh gegen den,
gegen die Staatlichkeit, also das da müsstest du noch, glaube ich, auch nochmal ein bisschen genauer werden. Also du du startest eigentlich von äh mit einem Benjaminaufsatz äh mit Benjamins Kritik der Gewalt,
und dann wird sehr schnell quasi Staatlichkeit und äh auch der administrative Apparat zu
einem gewalttätigen Komplex per se scheint es mir, oder?
Henrike Kohpeiß
Ja, so kann man's sagen. Man kann aber auch sagen, dass man anhand des Staates noch mal ein bisschen besser versteht, was Gewalt ist.
Also das ist ja total die Frage, was für einen Gewaltbegriff man hat, inwiefern man das problematisch findet oder diese dieses Argument, ne und,
Ich glaube, dass Kritik der Gewalt von Benjamin ein Aufsatz ist, der jetzt nicht nur da also der ist nicht daran interessiert,
jede Staatlichkeit deswegen zu verurteilen, weil sie automatisch gewalttätig ist. Das ist nicht, was da steht
sondern was da steht oder was was Benjamin glaube ich versucht, ist zu sich zu vergegenwärtigen, was ist Gewalt überhaupt? Das ist eine
der Gewalt, also der versucht zu verstehen, was was Gewalt ähm,
unterschiedlichen Ebenen bedeutet, also einerseits natürlich, wie sie sich artikuliert, wie sie sich strukturell artikuliert, aber dann gleichzeitig auch die Unvermeidbarkeit vielleicht von von ähm.
Gewaltausübung auf einer strukturellen Ebene in jeder Art von von menschlicher Selbstorganisation zu verstehen. So, ich glaube, das ist das ist ein Aspekt davon.
Ich glaube, dass.
Ich möchte das nicht so verstanden wissen und ich glaube, ich fände das auch problematisch, das so zu verstehen, dass man sagt okay, jeder Staat ist gewalttätig, was sollen wir machen? Also ich bin auch keine Anarchistin und ich glaube auch nicht daran, dass ähm,
dass die völlige Abwesenheit von ähm institutioneller Selbstorganisation,
einen großen Vorteil gegenüber einer ja demokratischen und irgendwie wirklich grunddemokratischen Staatlichkeit bringt.
Aber ich glaube, dass dieses Argument trotzdem extrem wichtig ist, um den Einsatz zu verstehen, mit dem man es zu tun hat, wenn man,
So eine Art von Selbstorganisation ähm anstrengend oder versucht die zu,
die zu etablieren, die zu institutionalisieren und irgendwie bleibende Strukturen zu schaffen, dann hat man es einfach immer damit zu tun, dass,
dass man sich auf dem Boden der Kontingenz bewegt und,
Das ist niemand das Recht dazu hat. So und ich glaube darüber sich klar zu werden,
ähm ist hilfreich, um sich zu fragen, welche Art von Selbstorganisation können wir überhaupt wollen? Was können wir überhaupt zusammen wollen und wie können wir diese Art von ähm,
von Wille artikulieren und umsetzen. Und ich glaube, das ist eine extrem delikate Frage und ähm vielleicht auch die Absicht oder Hintergrund dieses Kapitels ist,
den delikaten Charakter nochmal klarzumachen.
Jan Wetzel
Geht es auch noch mal gegen diese Selbsterzählung der Moderne
Ähm die ist er glaube ich auch überhaupt in der Gewaltsoziologie und dieser Forschung heute äh eigentlich nicht mehr konsensfähig. Ähm
Modernisierung und gerade diese moderne Humanismus Mitgefühl et cetera das
natürlich auch die Verstaatlichung eigentlich eben das Ende der Gewalt bedeutet,
ne, weil der moderne Staat, das ist ja auch diese ganze Sache nicht mehr äh seine Subjekte foltern muss et cetera, sondern äh das wird alles gewaltlos äh gemacht und wenn Gewalt eingesetzt wird, dann nur, weil's nicht anders geht et cetera ähm.
Leo Schwarz
Zielzeit aufs Innere dann.
Jan Wetzel
Oder aufs Innere dann später, genau, aber es ist auf jeden Fall nicht mehr diese diese alte Gewalt ähm äh oder diese sichtbare äh ähm äußere Gewalt. Ähm,
und dass das eigentlich Modernisierung bedeutet, aber man gleichzeitig sehen kann,
diese auch diese alte Gewalt, äh wo Leute sterben, wo Leute ähm äh ja leiden müssen. Ähm,
die es auch immer noch irgendwie in diesem Gebilde drin, die sieht ganz anders aus, die sieht man nicht mehr, denn Argument wäre, die sieht man äh sozusagen rassisch strukturiert oder rassistisch strukturiert nicht mehr, weil manche erfahren diese alte staatliche Gewalt,
das das wäre eigentlich das Argument, dass das ähm verdeckt einfach irgendwie ist oder.
Henrike Kohpeiß
Na ja, es ist halt auch nicht so verdeckt. Also ich würde sagen, die europäischen Außengrenzen, das ist jetzt nicht so verdeckt, dass da jeden Tag Menschen ertrinken und das ist auch nicht verdeckt und das wurde ja jetzt auch mehrfach irgendwie nachgewiesen, dass europäische Beamte wirklich dazu beitragen, sehr explizit.
Und ähm,
Ich glaube, der ein guter Punkt an dem, was du gerade gesagt hast oder was hilfreich ist, ist sich genau diese Verlagerung zu vergegenwärtigen, von der eben auch spricht, also dass es unterschiedliche Arten und Weisen gibt, ähm die Gewalt, die
ja eben in staatlicher Organisation immer vorhanden ist, weil sie irgendwie ähm ja
Menschen disziplinieren muss, aber auch irgendwie ähm ja letztendlich.
Ja, Menschen regiert, so dass es da ne, die Regierung ist immer auch Gewaltausübung und zu verstehen, in welche in welche Modifikation die sich
begibt oder welche Gestalten sie annimmt, ähm um das in der gesellschaftlich akzeptierten Art und Weise weiterhin zu tun. Also ich glaube, es geht nicht so sehr unbedingt um,
Gerade der Sichtbarkeit, weil das ist halt immer eine Perspektivfrage, welche Gewalt sehen wir? Wir sehen meistens die Gewalt, die wir erfahren und
wer welche Gewalt erfährt, ist aber wir wissen einfach extrem unterschiedlich und dann ist auch immer die Frage und das ist jetzt auch was, was sich in unserem Gespräch so stark wahrnehme, was erkennen wir überhaupt als als Gewalt an? Also.
Buch über Selbstverteidigung, ähm das in meinem also das in meinem Buch auch vorkommt zum Beispiel geht es einfach stark darum zu verstehen, also anhand von ähm,
und Subjektivierung, die
mit Selbstverteidigung immer schon beschäftigt sind, zu verstehen, wo Gewalt überall ist und dann kommt man halt dabei raus, ja halt überall da ähm.
Überall da, wo das Patriarchat oder das rassistische Patriarchat halt wirkt und die einzigen, die das halt nicht wahrnehmen, ne, sind halt irgendwie diejenigen, die im Patriarchat ganz oben stehen.
Und ich glaube, dass ähm sich zu vergegenwärtigen oder auch einfach so eine Philosophie der Gewalt dafür zu nutzen,
immer auf der Hut zu bleiben und zu gucken, okay wie entstehen die Schmerzen so und an welchen Stellen sind die und wie können wir immer wieder Wege finden, uns klarzumachen,
was das mit grundsätzlichen, gesellschaftlichen Übereinkünften oder vermeintlichen Übereinkünften, wie zum Beispiel westlicher Staat,
zusammenhängt, dass es diese Schmerzzentren immer noch gibt, das wäre die Aufgabe einer Philosophie der Gewalt, also diese diesen strukturellen Zusammenhang nicht aufzugeben und nie der Verführung zu verfallen,
von Einzelfällen zu reden oder zu sagen, ja, aber das sind Ausnahmen oder das sind Schicksale, sondern,
immer so zu gucken auf welche Arten haben wir uns Institutionen geschaffen oder oder sind in Institutionen ähm sozialisiert
äh die das mittragen.
Jan Wetzel
Hm, also ich finde bei der bei der Gewalt im Mittelmeer, also wo einfach wirklich ähm bis heute ja über 20.000 Menschen gestorben sind.
Ist das am offensichtlichen Sterben ja wirklich Leute,
kürzlich die Doku über dieses ähm vermisste, verschwundene MH Dings äh Malaysia Flugzeuge sehen, was da irgendwo in Südostasien abgestürzt ist und wo man wahrscheinlich am Ende mit
mit hunderten Millionen Euro dieses Flugzeug irgendwie jahrelang gesucht hat. Da ging's um die 120westliche Touristen
so das war natürlich ein großer Medienfall et cetera aber natürlich hat das auch was damit zu tun, dass das Staatsbürger von westlichen Staaten waren, dass man da unendlich viel Geld reingesteckt hat mit hunderten Booten
aus Australien und also mit einem finanziellen Aufwand, wo ich die Doku gesehen habe, dann auch gesagt habe, irgendwann muss man damit auch mal aufhören, weil das kann man keinem sozusagen dem Steuer, dem Steuerfolg äh nicht mehr nicht mehr erklären.
Aber Mittelmeer macht man eben nicht so einen Aufwand. So da ist es, finde ich, ganz offensichtlich, da ist es halt wirklich egal und da würde ich halt sagen, also hast du vollkommen recht. Natürlich ist das sichtbar.
Unterschied ist, das eine sind eben die Staatsbürger
von denen man auch irgendwie wiederwählt wiedergewählt werden will und die anderen sind einfach irgendwelche Leute, die die uns eigentlich nicht interessieren äh und das ist natürlich eine harte Differenz, die natürlich dann genau diese Konstellation ist, in der
ähm genau westliche Demokratien auch funktionieren, ja.
Leo Schwarz
Das würde ich auch sagen, also dass da in dem Sinne macht auch total für mich Sinn von Gewalt zu reden, die wirklich staatlich,
Also rein staatlich institutionalisiert ist, dass sie nicht nur irgendwie also das geht ja nicht nur um konkrete Politiken, sondern es geht einfach darum, dass die ähm,
die Rechte enden eben an den Grenzen des Nationalstaats, also wie diese alte Ahrenkritik auch so ein bisschen. Es gibt nur ein Menschenrecht, das Recht irgendwo Bürger zu sein äh und gleichzeitig aber
irgendwie enden dann plötzlich auch die Solidaritätspflicht. Das ist ganz eigenartig. Also der äh
das machen die Massenmedien aus irgendwelchen Gründen mit. Ich habe da jetzt keine gute Theorie zu, aber es scheint ja doch zu sein. Also diese Formulierung,
Es gab auch zwei Deutsche unter den Opfern, die äh hatten schon immer abgestoßen und ich frage mich echt wirklich, was ist da eigentlich der äh der der Frame dahinter? Und ist es tatsächlich so, dass der Nationalstaat es auch schafft, wirklich diese Solidaritätspflichten oder moralischen Pflichten,
zu kappen irgendwie und irgendwie auch die die Selbstwahrnehmung, die Weltwahrnehmung so abzukappen vermutlich mal so medial vermittelt, anders kann ich's mir nicht erklären. Ähm das ist wirklich ein guter Punkt, das glaube ich auch, dass das so ist.
Jan Wetzel
Eine Frage, die ich mir dann noch gestellt habe, wahrscheinlich kann man das bei den meisten Nationalstaaten irgendwie sehen. Also ich wüsste jetzt nicht, warum nicht jeder mächtige Nationalstaat
ähm äh die meisten sehr mächtigen Nationalstaaten sind natürlich westliche Staaten mit wenigen Ausnahmen wie China zum Beispiel, aber dass es sich dort nicht auch entwickeln würde.
Ist natürlich eine eher allgemeine Frage, aber würdest du sagen äh wie wie ist genau das Verhältnis? Also entsteht sozusagen in der chinesischen Mittelschicht, die sich jetzt ähnlich so
ähm ähm,
oder ähnliche Haltungen entwickelt, äh wenn man eben einfach ein sehr mächtiger Staat ist und äh Anrechte hat et cetera, dass ich dort auch eine Bürgerlichkeit entwickelt, die zum Teil so ein bisschen historisch geliehen ist, also sozusagen das chinesische Fortschritt und,
Ökonomiemodell, äh das hat sich ja viel auch aus Europa geliehen sozusagen. Äh oder ist es schon auch noch eben eine ganz bestimmte europäische Konstellation, die das so besonders ähm,
Na ja,
Vertrag macht irgendwie.
Henrike Kohpeiß
Kann ich absolut nicht sagen, weil ich mich nie mit China beschäftigt habe und ähm weil,
mir da auch wirklich überhaupt kein Urteil erlauben möchte und kann. Ähm ich glaube, was was ich noch dazu sagen kann, ist, dass ich glaube,
ich mich schon darauf einigen würde, dass Nationalstaaten natürlich eine besondere ähm,
besonders Potenzial dazu haben, irgendwie ihre Bürgerinnen an sich zu binden und auch sich also affektiv an sich zu binden und dadurch eben genau diese Solidaritätsgrenzen zu errichten, aber ich glaube, das andere, womit ich mich beschäftige
habe, was jetzt nicht nur nationalstaatlich funktioniert, sind eben diese Rassifizierten Grenzen und das sind dann eben nicht nur ähm,
Grenzen der Solidarität, sondern das sind Grenzen,
Wer als Mensch anerkannt wird und wer auch als Mensch betrauert werden kann, also das Butler beschreibt das in in Frames of War so auch als als eine,
ja eine Modifikation davon, aber ansonsten geht es einfach oft so darum, in den Katastrophen mit über die wir jetzt so gesprochen haben zu verstehen, inwiefern,
in europäischen Selbstverständnis und in der Art und Weise wie dieser Kontinent moralisch und ethisch sich entwickelt hat und funktioniert.
Eben nicht alle gleich menschlich sind und ähm und vor allem schwarze Menschen und anders rassifizierte Menschen,
ähm nicht den gleichen äh nicht die gleiche
ethische Wertigkeit erhalten, wie europäische Staatsbürgerin und ich glaube, das ist das ist vor allem die Grenze, die ich über die ich jetzt interessant finde, zu reden, weil sich die auch in unterschiedlichen Nationalstaaten eben zeigt.
Jan Wetzel
Finden in Europa kann man das auch gut sehen, wenn's dann darum geht, die Kontingente zu machen. Wer nimmt wie viele Flüchtlinge auf und hier schieben wir fünfhundert hin? Es geht wirklich immer nur um Körper
Also es wird eigentlich nie,
geht immer um sozusagen Anzahl von Körpern, die irgendwie hin und her geschoben werden müssen. Das ist glaube ich schon ähm deutlicher. Vielleicht können wir da auch noch mal drauf eingehen, weil du machst ja dann auch, äh gehst du auf dieses Subjektivierung ein oder auch verhinderte Subjektivierung von schwarzen Subjekten
ähm vielleicht kannst du das noch ein bisschen ähm ausbuchst.
Henrike Kohpeiß
Ja das macht natürlich jetzt ein großes zweites ähm Thema auf, so ich glaube über das können wir natürlich so also kurz sprechen. Ich also aber es ist halt eben auch ein Thema ähm,
so dass dass ich nicht irgendwie auf die gleiche Art und Weise repräsentieren kann und möchte, wie das wie über europäische Bürgerlichkeit zu sprechen,
ich glaube vielleicht um um die Anlage des Buches nochmal davon ausgehend zu erklären, ist es eben so, dass ich,
den Begriff der Bürgerlichkeit oder des Bürgerlichen mit dem Begriff Blackness kontrastiere oder irgendwie erstmal versuche zu verstehen inwiefern ähm das Selbstverständnis bürgerlicher Subjekte,
immer auf der Abwertung rassifizierter anderer beruht oder inwiefern die das Selbstverständnis, das Selbstbewusstsein des europäischen Kontinents als Speerspitze der Aufklärung, Speerspitze der Vernunft und so weiter.
Immer schon darauf gebaut hat, dass es in anderen Weltteilen Ausbeutbare, extrahiertbare Ressourcen und Menschen menschliche Ressourcen eben auch gibt,
nicht in gleicher Weise,
sich eignen für das europäische Projekt vermeintlich und das ist dann auch erstmal ähm eine Konstellation, die vor allem begrifflich Gewicht hat, also ähm,
ich sage nicht oder es geht nicht darum irgendwie zu sagen ähm.
Das ist so oder das ist irgendwie die Konstellation, wie Schwarze subjektivierung heute immer noch funktioniert oder so, sondern ähm,
es geht eben auch so darum anzuerkennen, dass diese Begriffe nicht das Gleiche sind wie die Subjekte oder die Identitäten, die oft unter ihnen gefasst.
Werden, sondern dass diese Begriffe des Bürgerlichen und von Blackness auch in ihrer Geschichte eine bestimmte Funktion einnehmen und das ist eben diese Funktion des Kontrasts und das versuche ich zu verstehen. Also ich versuche eher die intellektuelle Geschichte,
scheinbaren Identitätsbezeichnungen ähm nachzuvollziehen, als jetzt irgendwie sozusagen,
so funktioniert schwarze Subjektivität, so funktioniert bürgerliche Subjektivität.
Leo Schwarz
Da würde ich noch genauer drauf eingehen, gerne also du hast ja auch tatsächlich auch zwei ähm glaube zwei Fallbeispiele wie man vielleicht doch über sagen wir mal diese negative Subjektivierung, wie du sie beschreibst, nachdenken kann,
vorher aber nochmal sozusagen dieses Grundsätzliche, dieses dieses gegen dieses Gegeneinander von Blackness und Bürgerlichkeit. Also das,
Da ist sicherlich, also das stimmt sicherlich in einer bestimmten Hinsicht, aber man könnte natürlich auch,
viele andere sozusagen Gegensatzpaare bilden, also man könnte auch seine Bürger hat sich gegenüber den Proletarier identifiziert oder Bürger hat sich gegenüber der Astrokratie in Europa äh überhaupt erst sein Selbstbild erarbeitet. Es gibt
Es gibt ja auch sagen wir mal
rassistischen Muster, bei denen ich mir nicht ganz sicher bin, ob sie sozusagen noch unter Blackness substummiert werden müssten oder ob äh zum Beispiel orientalismus jetzt was anderes wäre, auch nochmal, was ja auch irgendwie das europäische Selbstbild geprägt hat. Also wie wie
Also wie global sind diese Begriffe zu verstehen und äh können sie nicht überhaupt nur aufrecht erhalten werden in dieser sozusagen ähm,
Gegensetzung, solange sie's eben so allgemein gefasst sind, wie du sie gefasst hast und sobald du sie,
unterspezifizieren musst, äh sind sozusagen wieder sehr historisch spezifisch äh noch ähm zu konkretisieren eigentlich inwieweit sie überhaupt dieses Konstitutionsverhältnis, dieses gegenseitige Bilden.
Henrike Kohpeiß
Also das stimmt, dass es auch sehr viele andere Kontrast ähm Begriffspaare gibt, die man dafür.
Heranziehen kann, um quasi die Geschichte oder das Selbstverständnis,
von von Bürgerinnen zu erklären und ich glaube also das ist natürlich auch ein vergeschlechtliches Verhältnis also,
Historisch war's erstmal schon auch so gedacht, dass Frauen jetzt nicht unbedingt Bürgerinnen sind und solche ganzen Dinge,
und ich glaube die Entscheidung sich mit mit Blackness zu beschäftigen, die hat auch eine die hat einen philosophischen Grund und zwar auch ein philosophiehistorischen Grund. Und zwar hat es mich interessiert, was die kritische Theorie mit Black Style ist.
Zu tun hat. Also es geht auch wirklich irgendwie darum, nachzuvollziehen, inwiefern diese beiden intellektuellen Traditionen,
denen ich immer das Gefühl hatte, da gibt es eine bestimmte Nähe, auch in in Argumentationsmustern oder in bestimmten Argumenten, die sind sich da sehr ähnlich. Es gibt irgendwie,
großen Fokus auf Negativität, es gibt einen großen Fokus darauf, erstmal so zu verstehen so was ist das ausgeschlossen, was das unterdrückte und so weiter.
Und mich hat irgendwie interessiert, wie verhalten die sich eigentlich zueinander. Also davon handelt dieses Buch auch, dieses Verhältnis so ein bisschen zu klären,
dann stellt sich eben heraus und das, ne, das kommt jetzt so ein bisschen näher an deine Frage, dass sich ausgehend von dem Begriff Blackness,
Nochmal einfach andere ähm Aspekte des Bürgerlichen zeigen, die glaube ich vorher,
übersehen wurden oder auch Aspekte, die irgendwie nochmal in einer härteren Art und Weise die Gewaltstrukturen sichtbar machen, die bürgerliche Lebensweisen oder,
von denen irgendwie bürgerliche Lebensweisen durchzogen sind oder die sie brauchen, um sich irgendwie aufrechtzuerhalten.
Und das betrifft natürlich auch dann so die Geschichte des Kolonialismus und des transatlantischen Sklavenhandels. Dass es da einfach,
Unterdrückungskonstellationen gibt über die glaube ich jetzt in diesem direkten Verhältnis von einer Ausbildung der Bürgerlichkeit und auch einer Selbstidentifikation mit Vernunft,
gegenüber den ausgebeuteten anderen ähm noch nicht hinreichend irgendwie gesprochen wurde, aber das schließt überhaupt nicht aus, dass es nicht auch andere Konstellationen gibt.
Innerhalb derer man darüber sprechen könnte.
Leo Schwarz
Genau, ich hatte es schon angedeutet, also du versuchst ja auch zu verstehen, also es geht dir ja natürlich jetzt auch nicht um die,
schwarze Subjektivität, äh wie könntest du sie auch, sagen wir mal, philosophisch erschließen, aber das geht jetzt schon darum
so Denkweisen zu identifizieren, mit denen man sich mit besonders,
negierten Subjektivitäten äh vielleicht besser beschäftigen kann ähm im Zusammenhang mit dem amerikanischen Sklavengesellschaft äh einerseits hast du die ähm,
Sklaven äh beschrieben äh und äh an ihr darüber nachgedacht, wie man über den Akteursstatus von
ähm Sklaven äh versklavten Menschen nachdenken kann und andererseits äh Elizabeth Ekford, die äh bei der,
ja bei der Dieselgregation, genau, äh eine wichtige Rolle gespielt hat. Ähm,
Das ist auch wichtig, weil du daran ja auch deine Kritik an der Bürgerlichkeit weiter konturierst, ähm dass wir das nochmal uns äh dass du das nochmal genauer sagst, wie du, was du daran entdeckt hast sozusagen oder was du daran interessant fandst.
Henrike Kohpeiß
Also der Fall von Kamilität, der nimmt sich so aus, dass es dabei um eine versklavte Frau geht, die ähm bei ihrem,
damals Besitzer ähm an denen sie verkauft wurde, Joanna Cars ähm,
Verpflichtet wurde sieben Jahre im Bordell zu arbeiten, um danach befreit zu werden und diesen Zustand, den nannte man, also das war so eine bestimmte Vertragsform, die ähm,
ja einfach versklavten so angetragen wurde. Das war achtzehnhundertvierundvierzig ähm in Luiziana, also das war in in dem damaligen Gesetz und Luciana so verankert,
und ähm nach diesen sieben Jahren hat Joanna Kassi eben nicht frei gelassen, sondern ähm hat das einfach so nicht,
nicht zugelassen und dann hat sie ihn verklagt. Sie hat ihn aber dann darauf verklagt,
Also sie wollte ins Gefängnis, um vor ihrem Besitzer quasi geschützt zu werden und ähm.
Das verstießt also Joanna Kasverhalten verschließt tatsächlich gegen gegen Geld geltendes Recht damals,
Aber man könnte sagen, dass es sich bei bei ähm,
Sklaven dann auch um eine listige Verhaltensweise gehandelt hat, weil sie natürlich nicht auf ihre Befreiung klagen konnte, sondern eigentlich nur,
Von diesem Mann entfernt zu werden, der quasi ihre Befreiung verhindert hat. Und das ist interessant in der Rechtsgeschichte der Sklaverei, Emily Owens heißt die ähm Historikerin, die das in diesem Fall jetzt erforscht hat.
Sich anzugucken, welche ja Listen und Verhaltensweisen,
dazu geführt haben, dass versklavte Personen vor Gericht
irgendwie versucht haben, sich aus ihrer Situation zu befreien. Aber diese Situationen hatten tatsächlich nie damit zu tun, dass sie selber als Menschen aufgetreten sind, die bestimmte Rechte haben, sondern dass sie sich ihrem,
Status als Gegenstand eigentlich unterworfen haben und und die und diese Klagen oder halt irgendwie diese Gerichtsprozesse einen komplett anderen Charakter hatten als sie gehabt hätten, wenn diese Menschen frei gewesen wären.
Und dabei also es ist interessant anhand dieser Rechtsgeschichte so zu beobachten ähm wie.
Objektivierung, also Objektivierung von Menschen und irgendwie ähm ein Rechtssystem, in dem,
Menschen als Waren behandelt wurden, ähm,
einfach so total ist, dass diese Menschen keine andere Möglichkeit haben, als diesen Staat zu akzeptieren und
aufgrund dessen dann ähm sich darin verhalten und das ist eine Position, von der man sagen könnte, dass sie einfach in eine,
Idee von Handlungsfähigkeit interveniert, die extrem stark mit einer,
europäischen Idee, von Subjektivität und Selbstsein verschränkt ist und ähm dass das ein Status markiert, in dem Menschen eigentlich an sich selber enteignet sind. So und ähm,
und diese die Aufarbeitung dieser Rechtsgeschichte in der Sklaverei ähm macht einfach erstmal deutlich, dass das möglich ist und und und glaube ich.
Ja ähm,
statuiert Exempel, die deutlich machen, dass wir darüber nachdenken müssen, was wir damit machen. Also dass das irgendwie eine Möglichkeit ist und dass es dass der Personenstatus nicht was Natürliches ist, was allen gleichermaßen,
kommt und dass das auch dazu führt, dass nicht alle gleichermaßen ihre Rechte einfordern können vor bestimmten staatlichen Institutionen. Das macht ja was damit,
wie wertvoll oder für wie wertvoll oder sinnvoll wir diesen Personenstatus dann halten. Und der andere Fall, der ist so ein bisschen,
komplexer oder unklarer, weil es da nicht so sehr unbedingt um rechtliche Konstellationen geht, sondern vor allem um ähm,
Ja, um Sichtbarkeiten und auch,
um politische Subjektivität und wie sich politische Subjektivität so zeigt oder eben auch nicht. Die Person ähm,
die es dabei geht, dass es Elizabeth und die ist auch deswegen berühmt geworden,
Weil Hannah Ahrendt quasi über sie geschrieben hat oder,
Anna Arn hat einen Text geschrieben über Little Rock und Little Rock war eine Highschool, die desigiert wurde ähm in den 50er-jahren in den Südstaaten der USA.
Im Zuge dieser Desiregation gab es einfach extrem viel ähm Proteste, Gewalt und so weiter und es ist einfach ein Fall geworden, über den extrem viel gesprochen wurde.
Und ähm,
Das waren, wenn ich mich richtig erinnere, 9 Jugendliche, neun schwarze Jugendliche, die quasi in diese Highschool geschickt wurden, ähm nach einem langen Auswahlprozess. Es,
lässt sich auch in so der Biografie von einer dieser Studierenden äh dieser dieser Schülerinnen nachlesen,
und die dann ja quasi diesem diesem Umfeld komplett ausgesetzt waren und,
Hanna Ahrendt,
und und an dem Tag dieser Desigation oder als als die quasi initiiert wurde, gab es einfach extrem viel gewalttätige Übergriffe gegen diese Schülerinnen und auch gegen gegen die Eltern. Ähm und.
Jan Wetzel
Sie können auch nur mit Polizeischutz überhaupt in die Schule kommen, ne, irgendwie sowas.
Henrike Kohpeiß
Also es ist es war halt einfach wahnsinnig aufgeladen und dann gab es irgendwie so ein Hin und Her zwischen dem,
der Regierung,
Bundesstaates und der der nationalen Regierung wie diese Regierung jetzt vonstatten geht und unterschiedliche Armeen wurden mobilisiert und so weiter und so weiter und das ist jetzt alles gar nicht so wichtig, worum es eigentlich geht, ist Hannah Ahrens Perspektive darauf,
in diesem Text den sie geschrieben hat,
ein entscheidender Punkt, den sie macht, ist, dass sie quasi die Eltern dafür verantwortlich macht, die Eltern dieser schwarzen Schülerinnen ihre Kinder in einen so extrem feindliches Umfeld zu schicken und das kann sie nicht verstehen.
Ähm und wirft diesen Eltern im Prinzip eine politische Blindheit vor und,
Dann schreibt Fred Moaton ein anderer ähm Philosoph und Performance Theoretiker über,
Ahrens Missverständnis eigentlich und er nennt das ein schlimmes aber produktives Missverständnis von der Situation, wie sie sich da abgespielt hat.
Und ihn interessiert dabei, was Ahrendt eigentlich alles übersehen hat, als sie über die Situation geschrieben hat und das sind so Details wie dass man irgendwie in.
Der Autobiografie von Melbourtilopils hieß die, glaube ich, der einen Schülerin nachlesen kann, dass das wirklich ein expliziter Wunsch war von den Schülerinnen in dieser Highschool zu gehen, dass es nicht eine Einflussnahme der Eltern,
in der Art und Weise, wie Ahrendt das annimmt und Ahrendt erkennt, einfach diese Schülerin nicht als politische Subjekte an, die das machen wollen, was die da machen,
versucht sich über eine,
Ja eigentlich sozial Theorie oder eine Perspektive auf Gesellschaft da raus zu retten in der sie eindeutig zuweist wer da welche Verantwortung hat und wie diese Kinder geschützt werden müssen.
Dieses Missverständnis oder was dieses produktive Missverständnis nennt, besteht eigentlich so darin, dass,
Ahrendt immer annimmt. Alle hätten einfach die gleiche Idee von Gesellschaft wie sie und eigentlich wollten alle nur,
ähm zu ihrem Recht kommen und bestimmte,
ähm Leistung des Staates quasi in Anspruch nehmen, also eine bestimmte Schulbildung und so weiter und für Aaren ist es dann aber auch akzeptabel, dass man das vielleicht in den segregierten Schulen weiterhin macht, wenn die Gesellschaft noch nicht bereit dafür ist.
Ähm und Moten versucht irgendwie im Kontrast dazu eher zu verstehen,
Ja was ist überhaupt dieses Bild von Gesellschaft? Dass so darauf vertraut, dass diese staatliche Organisation, dass irgendwie das schon richtig verstanden hat,
Das sind einfach extrem unterschiedliche Perspektiven auf soziale Prozesse, die sich da zeigen und das ist so ein Moment, in dem Hannah Ahrend, glaube ich,
einer Situation vorbeisieht, die er eigentlich so vor ihren Augen ist.
Leo Schwarz
Was ich verstanden habe an diesen Beispielen und wo du auch sicherlich recht hast, ist dass,
wir einfach teilweise in falschen Kategorien aus der Tradition der politischen Philosophie überhaupt über bestimmte,
Situation von Menschen da äh nachdenken, in denen überhaupt nicht immer ansatzweise äh die Bedingungen gegeben sind, äh um diese Begriffe vorauszusetzen und das scheint ja sowohl bei,
Ahrendt so zu sein und in anderer Weise auch bei,
Jetzt jetzt ist aber dein dein Buch ja äh ich glaube das kommt dann noch im ersten Teil auch sehr kritisch,
äh generalisieren kritisch, wenn ich das äh so für richtig verstehe gegenüber der Rationalität,
der bürgerlichen Rationalität, die tatsächlich für dich ja die Rationalität der Aufklärung auch ist äh und du kritisierst eine ganze Reihe von von sagen wir mal.
Idealen der Aufklärung, Selbstkritik zum Beispiel. In dem Fall geht's halt äh geht's dir viel darum,
grundlegende Kritik an europäischen Rationalismus zu üben. Jetzt ist natürlich trotzdem die interessante Frage. Du würdest das jetzt wahrscheinlich sicherlich wieder nicht mehr so scharf äh sagen, wie ich's dir rauslese, aber denkst du wirklich ähm man,
aus dieser aus diesen Fällen der Entrechtung und der Entmenschlichung folgt sozusagen, dass ähm,
humanistische und auch klärische Ideale insgesamt irgendwie an die Grenze stoßen insgesamt irgendwie eine bestimmte Art und Weise nicht weiter kommstrukturell diese Probleme nicht mehr thematisieren können oder ähm,
ist es nicht doch eigentlich so, dass so ist mein Verständnis von vielen Vertretern der kritischen Theorie, Vertreterinnen der kritischen Theorie, dass ähm es ja eigentlich darum geht, die Aufklärung über sich hinauszutreiben, irgendwie die die Modernität,
in ihren Idealen so ernst zu nehmen,
das eben offensichtlich wird, wo die bürgerliche Gesellschaft ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird, also eben eine immanente Kritik macht. Ähm bei mir scheint's, du machst keine E-Mail. Die Kritik, du machst dezidiert äh destruktive Kritik oder fundamentalkritik, nicht wahr?
Henrike Kohpeiß
Ich glaube, das kann man schon so sehen, dass es nicht eine immanente Kritik ist in dem Sinne, dass ich denke, dass,
wir schon alle Instrumente haben. Ich glaube, wir haben noch nicht alle Instrumente, um irgendwie zu verstehen, wie,
Zusammenleben anders funktionieren kann oder wie diese strukturellen Probleme, wie man wie man denen auf eine Art und Weise begegnen kann, die nicht,
immer also die nicht bestimmte ähm Machtstrukturen und bestimmte Fixierungen innerhalb einer Gesellschaft immer weiter,
oder so, dass das ist richtig, das ist in dem Sinne nur Fundamentalkritik ist, wenn man das so nennen möchte. Ähm,
gleichzeitig ist es also.
Gleichzeitig ist es natürlich so, dass ich mich trotzdem sehr eingehend damit beschäftige. Also trotzdem ist es natürlich so, dass ich ähm die kritischen Methoden,
mit denen ich ähm so diese diese Studie mache oder mir irgendwie diese Strukturen angucke, gleichzeitig auch aus dem Material gewinne, mit dem ich mich beschäftige und dass ich natürlich überhaupt nicht außerhalb davon bin.
Und dass auch meine Kritik,
auch wenn man sie so als Fundamentalkritik verstehen möchte. Keine ist, die sich von außen an die Gegenstände richtet und sie irgendwie einfach nur in den Abgrund reist, sondern ähm,
Es ist eine Kritik, die glaube ich so,
aus mir selber kommt oder die irgendwie daher kommt, dass ich extrem vertraut bin mit vielen dieser Argumente und mit vielen dieser Instrumente, mit denen man eben Kritik betreiben kann und dass ich diese Grenzen,
Erfahrung, glaube ich, beschreibe. Also das sind ja keine Grenzen, die ich irgendwie,
abstrakt erläutere oder zu denen ich irgendwie komme, wenn ich wenn ich wenn ich irgendwie so.
Gehirngymnastik mache, sondern dass ich empfinde das als extrem,
ähm gelebte und einfach ganz konkrete Grenzen, ähm die uns begegnen. Und ich glaube, es ist es ist wichtig,
ähm die nicht zu ignorieren oder irgendwie nicht darauf zu vertrauen, dass wir schon alles wissen darüber, wie man ähm auf diese,
ja auf diese diese Konfrontation mit der Grenze sinnvoll reagieren kann, ähm weil das ist eben,
glaube ich, das ist glaube ich einer der der ganz grundlegenden oder ist es ein Kern von bürgerlichen Gesellschaften, dass sie eben glauben immer schon zu wissen, was die Lösung ist.
Ich glaube, das ist auch ein ganz zentrales Problem dieser Gesellschaften,
dass sie selten bereit sind anzuerkennen, dass die Lösung vielleicht woanders liegt außerhalb von ihnen liegt oder dass irgendwas überwunden werden muss, damit man,
anders reagieren kann, damit man was lernen kann. So und ich glaube, das ist eigentlich so die,
vielleicht nicht nur der Gedankengang, sondern auch irgendwie, ich glaube, das der Vorschlag des Buch ist, so wie man das machen kann.
Leo Schwarz
Als Reformmist würde man ja natürlich sagen, na ja, da müssen wir halt die Institutionen besser machen. Da muss die Polizei halt fundamental reformiert werden oder vielleicht muss sie dann auch ganz abgeschafft werden, aber letzten Endes ist es halt irgendwie eine Art von ähm irgendwie institutionellem Lernprozess vielleicht oder so was in die Richtung,
wogegen will man eben sozusagen sagt Verwaltungsstaat, Polizei sind.
Jan Wetzel
Recht vor allem internationales Recht.
Leo Schwarz
Internationales Recht die Rechtsordnung als solche äh das gesetzte Recht sind sozusagen unheilbar äh verstrickt.
Henrike Kohpeiß
Ja so ein Begriff zum Beispiel würde ich ja nie verwenden. Ja.
Leo Schwarz
Spitze ist jetzt ein bisschen zu, um ums äh um's vielleicht ähm äh den Gegensatz klarer zu machen ähm dann dann hat man natürlich eine,
ein anderes politisches Problem vor sich oder dann denkt man anders auch über die Strategien und Mittel nach, die einem zur Verfügung stehen, nicht wahr? Und ähm also mir mein Antrag Eindruck war schon, dass du jetzt äh nicht irgendwie unbedingt ähm deine Hoffnung in
institutionelle Reformen setzt, sondern eben schon äh ähm na ja gut, bei dir ist es eben eine Art von philosophischer,
Praxis, die dann das irgendwie transzendieren, zu oft zu transzendieren. Ähm aber vielleicht kannst du's auch einfach selber besser sagen als ich.
Henrike Kohpeiß
Ja ich glaube im Gegenteil, also ich glaube die womit ich,
bei dem Buch eher rauskommen oder die Schlussfolgerung ist eher, dass ein Buch das nicht leisten kann. Also man braucht eine soziale Praxis, um das um Dinge zu überwinden und das Einzige, was dieses
ist zu beschreiben, wie es wahrscheinlich irgendwie oder wo man vielleicht mal aufhören sollte es nochmal und nochmal zu versuchen die Polizei zu reformieren. Also es geht eher darum,
so bestimmte ja sagen wir,
Erfahrungswerte mal in Theorie zu fassen und denen auch theoretisch das Gewicht zu geben, um bestimmte Fehlschlüsse, die sich auch sozial reproduzieren zu verhindern und dann braucht man aber eine soziale Praxis, die das macht und,
Ich glaube, so auf der einen Seite, genau, natürlich kann man kann man sagen, okay, wir müssen wir müssen die Institutionen besser machen und ich glaube, die Antwort ähm der wären halt, okay, man muss
eher gucken, was eine Institution brauchen wir wirklich, also was brauchen wir wirklich und was ist irgendwie gewachsen aus einer bestimmten Geschichte.
Aber nie allen gedient hat und die nie,
alle gemeint hat auf die Art und Weise, wie sie selber glaubt, alle zu meinen und was müssen wir dementsprechend abschaffen, weil das halt ähm genau die Ungerechtigkeit reproduziert, unter der wir jetzt leiden. Und ich glaube, abgesehen davon finde ich es halt auch immer wichtig.
Ähm dass man
nicht vergisst, dass es sich dabei nicht primär um theoretisches Problem handelt. Das ist ein praktisches Problem. Es ist ein praktisches Problem, wie wir zusammenleben und dann muss man halt einfach immer gucken, okay,
glaube ich wirklich, dass wir diese Institution auch reformieren können oder ist das,
ist das eine theoretische Sätzung, die sich aber in der Praxis meistens als als falsch herausgestellt hat. Und es ist ja nicht optional, dass man dann irgendwie.
Sich zu entscheiden kann, bin ich jetzt Reformistin oder bin ich Abolizinisten, sondern man hat es einfach mit realen
politischen und sozialen Problemen zu tun, die nicht selten tödlich enden, die Gewalt reproduzieren und
man braucht halt darauf eine Antwort. Also das ist ja jetzt also das ist glaube ich keine das ist keine Kürfrage oder so, sondern das ist einfach die Frage, mit der man es zu tun hat
Ich glaube, was so das Projekt dieses Buches ist, ist sich ehrlich zu fragen, ob mit den Instrumenten, von denen wir oder von denen,
Gesellschaft, in der ich lebe und irgendwie,
Personen, von denen ich sehe, dass sie eine gesellschaftliche Macht haben, die Instrumente, an die die glauben, denke ich wirklich, dass das die Instrumente sind, mit denen wir diese Ungerechtigkeiten überwinden
das ist die Frage, die ich stelle und ich glaube, dann ist die Antwort ganz oft eben nein so. Und ähm mehr als das kann dieses Buch erstmal nicht leisten, glaube ich. Mehr als diese als diese,
Überprüfung vorzunehmen und die in bestimmte Zusammenhänge zu stellen, in der sie vielleicht auch nochmal plausibler oder transparenter wird. Ähm.
Aber es geht nicht darum ähm so mit aller Gewalt über irgendwas hinauszugehen oder so oder irgendwie,
nochmal schlauer zu sein als die anderen, sondern sich wirklich zu fragen, aha okay,
Sachen, die die kritische Theorie so vorgeschlagen hat im 2. Jahrhundert und die natürlich auch radikal waren wie verhalten die sich zu anderen Radikalen,
intellektuellen Traditionen und welche Schlussfolgerungen gibt es zum Beispiel in den Blackstudios, auf die die kritische Theorie jetzt noch nicht so gekommen ist und was,
bedeutet das für uns, nämlich, dass wir hinter bestimmte Sachen glaube ich nicht mehr zurückfallen dürfen. Ich glaube, das ist so ein bisschen die ähm,
Vielleicht auch die philosophische Aufgabe, die sich daraus ergibt.
Leo Schwarz
Nennst am ziemlich am Ende deines Buches äh doch noch so ein paar sagen wir mal positive Begriffe zumindest, also ganz am Ende kommt Zerstörung, Sorge.
Henrike Kohpeiß
Findest du die positiv?
Leo Schwarz
Lesbarkeit. Na ja zumindest irgendwie ähm,
Parameter für ein Denken, das sozusagen ein bisschen ein Stück weiter gekommen ist. Und äh was ich mir auch noch aufgeschrieben habe,
Fand ich vorher noch ganz interessant, die Revolution ohne Subjekt. Ähm wir müssen jetzt nicht mehr alles äh detailliert diskutieren und ideengeschichtlich herleiten, aber vielleicht wenn du jetzt sozusagen von deinem intellektuellen Projekt und deiner
Fragestellung und deiner Analyse herkommst,
In welche Richtung denken wir weiter oder in welchen in welchen äh Kategorien können wir das vielleicht machen.
Henrike Kohpeiß
Also du hast Recht, dass diese drei Begriffe, die am Ende stehen, Zerfall, Sorge und Unlesbarkeit zumindest ähm,
Orientierung, glaube ich, geben wollen oder können dafür ähm wo man mal so gucken kann, was es noch gibt ähm und ich kann vielleicht kurz sagen, was was die jeweils meinen. Also ich glaube Zerfall,
mein erstmal eine Bereitschaft
Sachen loszulassen, also auch lieb gewonnene Argumentationen zum Beispiel oder lieb gewonnene philosophische Traditionen und irgendwie auch ähm die Art und Weise, wie wir als Denkerin mit denen verwachsen sind. Das ist, glaube ich,
ähm notwendig da was zerfallen zu lassen, wahrscheinlich auch in sich selber. Ähm bei der Sorge ist es so, dass es eben darum geht.
Ja, also dem am Anfang steht ein weiter Benjamin Zitat und zwar auch die Toten werden vor dem Feind, wenn er siegt, nicht sicher sein und dieser Feind hat zu siegen nicht aufgehört. Und ich glaube,
Sorge in diesem Zusammenhang lässt sich,
als eine Praxis begreifen eben für die Toten zu sorgen, für die nicht gesorgt wurde und sich zu vergegenwärtigen, welche ähm Strukturen,
Und welche Formen von oder fixierten Ungerechtigkeiten immer noch existieren, ähm die verhindern, dass diesen Toten
bis jetzt irgendwie einfach keine Gerechtigkeit widerfahren konnte oder die verhindern, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt.
Und Unlesbarkeit, dass es vielleicht,
Kategorie, die ich im Moment am interessantesten finde, weil es dabei um ja auch um Subjektivität,
geht. Also ich glaube so eine Linie ähm auf die also,
die nach diesem Buch vielleicht so weitergezogen werden kann, ist die Frage ähm nach dem Subjekt und der Integrität des Subjekts, die du jetzt auch gerade schon ein bisschen gestellt hattest mit der Revolution, ohne Subjekt und was das sein kann, weil eben eine,
ein wesentliches Element der bürgerlichen Gesellschaft ist das bürgerliche Subjekt und ist auch die Idee, dass so ein einzelnes bürgerliches Objekt autonom ist, Überhandlungsfähigkeit verfügt ähm und auch irgendwie.
Einfach relativ,
eigenständig durchs Leben gehen kann ähm und ich glaube dem entgegen steht einfach ein Verständnis von Menschsein,
grundsätzlich verschränkt zu sein mit anderen und einfach angewiesen zu sein auf andere ähm und,
auch noch radikalere Formen, in denen das Subjekt als dieses integere Objekt einfach gar nicht mehr existiert. Und,
Das verbinde ich mit und Lesbarkeit, weil,
Ich denke, dass Subjektivität, so wie sie in der bürgerlichen Gesellschaft gedacht wird, auch immer etwas ist, das gelesen werden will und kann oder darin befindet sich immer die Anforderung gelesen,
werden zu können und sich transparent zu machen, sich irgendwie ähm verfügbar zu machen auch für andere und ich glaube mich interessiert,
was Politik oder soziale Gestaltung sein kann, wenn sie nicht immer von dieser diesen isolierten Einheiten aus bürgerlichen Subjekten ausgeht, sondern immer schon anders,
über Ressourcen und Bedürfnisse nachdenkt, als was Geteiltes ähm und das Subjekt eben nicht mehr drehe und Angelpunkt davon ist.
Leo Schwarz
Nehmen wir das als Schlusswort und sagen Henrik, vielen Dank, dass du dir Zeit für uns genommen hast.
Henrike Kohpeiß
Ich danke euch.
Leo Schwarz
Euch auch vielen Dank fürs Zuhören, liebe Zuhörerinnen, wie immer empfehlt uns weiter online und offline und schaltet auch beim nächsten Mal wieder ein. Und ja, bis dahin. Ciao.