Transkript von Episode 84: Das Mittelalter vermitteln – mit Andrej Pfeiffer-Perkuhn

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Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Und es gibt so diesen Scherz vom Mittelalterfilter, dass man erstmal einen Graupfilter
draufhaut, wenn es Mittelalter sein soll, so wie ein Gelbfilter draufkommt, wenn es Mexiko zeigt.
Und dieser Graupilter, der ist nicht nur im Fernsehen, der ist dann auch in den Köpfen der Leute.
Und wenn ich dann halt einen Beitrag mache über die Pracht der Gotik oder irgendwann
hoffentlich in Zukunft über die burgundische Hofmode und Hofkunst,
ja, da ist halt kein Graupilter drauf.
Und ich halte das tatsächlich für eine unfassbar schädliche Sache,
weil wirklich nahezu allen Leuten das vage Bild vom Mittelalter,
also ich rede jetzt von Leuten, die mit Mittelalter gar nicht viel zu tun haben,
aber dieses vage Bild ist so unfassbar negativ behaftet, weil es auch ständig gefüttert wird.
Jan Wetzel
Hallo und herzlich willkommen zur 84. Folge von Das neue Berlin.
Leo Schwarz
Ich bin Jan Wetzel und ich bin Leo Schwartz.
Jan Wetzel
Gemeinsam mit Gästen aus den Sozial- und Geisteswissenschaften versuchen wir
hier Gesellschaft und Gegenwart zu verstehen.
Die Soziologie versteht sich üblicherweise als Wissenschaft der Moderne.
Die Französische Revolution oder die Industrielle Revolution am Ende des 18.
Jahrhunderts bilden die großen Wendepunkte.
Und bös gesagt hat das zur Folge, dass das, was davor passiert ist,
irgendwie eigentlich überhaupt gar nicht interessant ist. Vor der Moderne,
was soll da schon gewesen sein?
Das Mittelalter, also das europäische Mittelalter in dem Fall,
ist sozusagen das andere der Moderne.
Damit ist die Soziologie nicht
allein, weil in der populären Vorstellung ist das im Prinzip genauso.
Gut tausend Jahre europäische Geschichte werden auf wenige populäre Bilder reduziert
auf die Standespyramide oder die mangelnde Hygiene, die Pest.
Und so weiter. Nun gibt es natürlich auch Sozialwissenschaften,
die ein ganz anderes Bild zeichnen können, weil sie eben für diesen Zeitraum
zuständig sind. Das sind sowas wie Archäologie oder Mediavistik.
Aber wie das immer so ist, wenn man nicht Teil des Faches ist oder wenn es eben
keine gute massenmediale Berichterstattung gibt, dann bekommt man nur schweren Einblick.
Wir sprechen heute mit jemandem, der weder Wissenschaftler ist und auch kein
Journalist im klassischen Sinne, der sich aber zur Mission gemacht hat,
ja, das vereinfachte Bild des Mittelalters. ein bisschen komplizierter zu machen
und einen besseren Einblick zu geben.
Und er macht das auf eigene Faust und ziemlich erfolgreich. Sein Name ist André Pfeiffer-Perkun.
Geschichtsfenster heißt sein Kanal auf YouTube, in dem er an Videos über das
Leben im Mittelalter aufklärt, manchmal auch mittelalterliche Gerichte nachkocht
oder sich über Mittelalter-Dokus aufregt, die die schon genannten Klischees verbreiten.
Mit ihm wollen wir heute über sein Projekt und seine Selbstverordnung vor allem
gegenüber der Wissenschaft, reden die Erfahrung, die er bei seiner Arbeit gemacht hat. Hallo André.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
André Rieslinger Hallo.
Jan Wetzel
Ja, vielleicht zum Einstieg. Was ist denn Geschichtsfenster und wie hast du
deinen Weg auf YouTube gefunden?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
André Rieslinger Ja, Geschichtsfenster ist eigentlich eine relativ lange Geschichte.
Du hast schon gesagt, ich bin kein Wissenschaftler. Ich verstehe mich auch eigentlich
nicht als Wissenschaftler.
Ich habe zwar ein bisschen studiert, aber ich komme eigentlich aus einer ganz anderen Ecke.
Ich habe so mit Tischrollenspielen und angefangen, bin dann über einen kurzen
Ausflug in den Mittelaltermärkte zur Living History gekommen und also Living
History meint wirklich eine genaue Darstellung des Mittelalters,
die Sachen so genau wie möglich umzusetzen.
Da gibt es in Deutschland in verschiedenen Zeitabschnitten Szenen,
die das machen. Im angelsächsischen Raum ist das weitaus bekannter.
Da muss man das gar nicht groß erklären. Die Leute kennen das.
Bei uns ist das so ein bisschen im Schatten der Mittelaltermärkte.
Und meine frau ist bei uns eigentlich die hauptverdienerin deswegen war ich
lange hausmann hab dann daraus quasi die die die kleinen das kleine unternehmen
geschichtsfenster gegründet dass,
living history an schulen an museen bringen
sollte ich hab veranstaltungen organisiert war so ein bisschen der,
das scharniert zwischen der szene und den auftraggebern und was habe ich jetzt
mache ich jetzt seit etwas mehr als zehn jahren,
Zwischendrin habe ich dann eben noch als dritten Bildungsweg quasi an der Fern-Uni
Hagen Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Geschichte studiert,
habe allerdings schon vor dem Bachelor wieder aufgehört, ich habe alle Geschichtsteile
genommen, die mitgenommen, die ich kriegen konnte und habe alles andere,
wie Literaturwissenschaften und so links liegen lassen, weil es war ja nicht
mein Bildungsweg, um einen Job damit zu haben.
Und vor zwei Jahren, etwas mehr als zwei Jahren, bin ich dann für einen befreundeten Kanal,
Captorga, aus der Nähe von Berlin, die haben mich gefragt, ob ich für sie Content
machen könnte, weil sie mit einem Filmprojekt für die Germanenausstellung damals
beschäftigt waren und so hat das Ganze angefangen.
Und ich hab dann tatsächlich mich vor mein Handy gesetzt und während des Lockdowns
damals Ende Dezember hab ich dann angefangen jeden Tag was auf Facebook zu machen.
Das war so meine harte Lehrzeit ganz am Anfang und auch ist es dann mein eigener Kanal geworden.
Nachdem die fertig waren, nachdem wir ihr Projekt beendet hatten,
bin ich auf meinen eigenen Kanal umgezogen und seitdem mach ich auf YouTube
und ein bisschen noch auf TikTok und auf Twitch meine Inhalte.
Jan Wetzel
Du bist relativ erfolgreich. Warst du davon überrascht? Also was waren die Pläne damit?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ich habe am Anfang gesagt, wenn mir 150 Leute zugucken, dann werde ich das als Erfolg.
Überlegt euch einen Raum mit
150 Leuten bei einem Vortrag. Der ist gut besucht, da freut sich jeder.
Ja, jetzt habe ich so einen Schnitt von etwa 20.000, das ist ein Fußballstadion,
also das muss man sich mal so als Person klar machen, so eine Zahl ist ja immer
nicht aussagekräftig, aber ich habe also Filme, letzten Monat hatte ich ja wieder
einen Film, der ist über die 50.000
gesprungen, das ist für YouTube, da gibt es viel größere, aber für die Nische
Geschichtsvermittlung ist das halt der Wahnsinn und mit der Reichweite hätte
ich im Leben nicht gerechnet.
Dazu kommt, ich kann es halt auch sagen, ich lebe inzwischen davon,
seit letztem Jahr kann ich davon leben, von den diversen Einnahmen, die sowas produziert.
Ich kann mir nicht die große Villa leisten und auch die Twitch-Millionen sind
so ein Running Gag in meiner Community, die bleiben auch noch aus,
aber es ist ein stabiles Einkommen und das ist so.
Ich frage mich, was soll ich bei meiner Tochter sagen, wenn sie sagt,
sie will YouTuberin werden, dann sage ich ja, ist realistisch.
Jan Wetzel
Ja, mit den Zahlen, das ist auf jeden Fall auch eine schöne Einstellung,
weil ich habe das Gefühl, man guckt immer, also gerade in der Wissenschaftskommunikation
sieht man so die drei Erfolgreichen, die dann schon auch in die Millionen gehen und so weiter.
Das ist dann immer so das Ziel. Aber dass man auch sagt, man hat eine Nische
und wenn man die relativ breit bespielen kann und du hast schon gesagt,
auch so für YouTube ist das ja immer noch so, also im Vergleich zu den Millionen,
Pienen hat so ein paar Zehntausend, aber es ist immer noch ein Fußballstadion.
Also das finde ich auf jeden Fall eine gute Analogie.
Du hast gesagt, du kommst aus dieser Living History Szene, ist das da schon
auch außergewöhnlich, dass du gesagt hast, eben mit Geschichtsfenster,
man bringt das an die Schulen und so weiter, ist das insgesamt doch eher eben
ein Hobby für Leute, die das für sich auch machen?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Im deutschsprachigen Raum völlig. In anderen Ländern sieht es anders aus.
In England zum Beispiel gibt es etliche, die davon leben, die eben Veranstaltungen
besuchen, aber auch Schulen.
Selbst in der Schweiz kenne ich einen aus dem Bereich Antike,
der kann an Schulen davon leben. in Deutschland wüsste ich. Es gibt jemanden
aus dem Bereich Steinzeit, der geht an Schule und immer wieder Hobbyisten,
die sowas auch machen, aber eben nur als Nebenprojekt.
Aber ich glaube tatsächlich, bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube,
ich war lange Zeit der einzige professionelle historische Darsteller aus der Zeitstellung.
Das heißt nicht, dass es nicht bessere historische Darsteller gibt,
da gibt es Leute, die machen unfassbar gute Arbeit, aber ich war halt der Einzige,
der den Anspruch hatte, davon zu leben.
Was jetzt nicht daran lag, dass ich so viele Aufträge hatte,
sondern nur, dass ich so wenig...
Im Prinzip war es mein 400-Euro-Job, den ich da jahrelang nebenher gemacht habe.
Aber in Deutschland ist es eben völlig unüblich, weil auch so die Wahrnehmung
ist nicht da. Die großen Museen arbeiten wenig mit historischen Darstellern
zusammen. Es gibt ein paar Ausnahmen, die machen da regelmäßige Sachen.
Zum Beispiel das Freilandmuseum in Bad Winsheim, die machen einmal im Jahr eine große Veranstaltung.
Im Bereich Antike bei den Römern ist es häufiger, dass man solche Zusammenarbeiten hat.
Aber im Bereich Spätmittelalter, ich hab so die Zeit 1475 dargestellt oder stelle es noch da,
da war das echt wenig, richtig wenig, also es war schon eine Ausnahme,
die ich eben nur dadurch machen konnte, dass meine Frau die Geldverdienerin
ist, also die hat das gesponsert.
Jan Wetzel
Hat sich das aber etabliert, also hat sich das auch gerade in der Schulwelt
so ein bisschen rumgesprochen oder ist das alles immer ganz schwierig geblieben?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Überhaupt nicht, weil an Schulen... In Deutschland ist das Problem tatsächlich,
wenn man mit Schulen zusammenarbeitet, man arbeitet nie mit der Schule zusammen,
sondern immer nur mit einem einzelnen Lehrer.
Und wenn der zum Beispiel die Klassenstufe wechselt, siebte Klasse ist ja auch
so klassisch Mittelalter, wenn der in die achte Klassenstufe wechselt mit seiner
Klasse, dann ist die Kommunikation oft weg.
Also die innere, interne Kommunikation an Schulen verstehe ich da oft nicht.
Und zum Beispiel in anderen Ländern geht es über das Schulamt.
Die werden vom Schulamt angeworben und werden dann an die einzelnen Schulen
gesetzt. Die sagen hier, da kommt jemand für euch, macht.
Und bei uns ist das wirklich so, die Schulen mit denen ich zusammenarbeite,
da kann ich immer genau sagen, bei welchen Lehrer oder Schulsozialarbeiter die
Kommunikation läuft, ausschließlich.
Und von denen werde ich dann, wenn es gut läuft, Jahr für Jahr wieder gebucht.
Und wenn es schlecht läuft, dann ist die Schule halt weg. Und wenn ich mich
bei denen melde, dann komme ich entweder an die Sekretärin, es ist in der Realität
einfach so, dass es fast immer die Sekretärin ist, oder die Schulleitung,
und das sind ja nicht die Leute, die mich buchen. Mich buchen ja die Lehrer.
Also die Kommunikation mit Schulen ist unfassbar schwierig.
Leo Schwarz
Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann bist du ja eigentlich auch so ein richtiger Autodidakt,
du hast dir das eigentlich alles selber rauf geschafft, du hast ein bisschen studiert,
aber nicht so jetzt irgendwie auf Abschluss irgendwie besonderen Wert gelegt,
was ja normalerweise, also in vielen, sagen wir mal, institutionellen Bereichen
gerade die Bedingung dafür ist, dass man irgendwie Anerkennung bekommt,
dass man irgendwie sagt, okay, der hat hier schon irgendwie die Promotion übers
Mittelalter gemacht in dem und dem Bereich und so, aber das war dir alles gar nicht wichtig.
Also wie hast du das eigentlich gemacht? Wir beide sind ja so ein bisschen unabhängig
voneinander Fan deines Kanals geworden,
weil du doch sehr, sehr detailliert reingehst und sehr quellenreich arbeitest
und das alles für uns als Mittelalterlein relativ fundiert klingt,
obwohl du jetzt nicht, sagen wir mal, akademischer Experte bist.
Wie hast du dir das rauf geschafft? Ist das einfach, wenn man Leidenschaft hat,
dann läuft das einfach oder wie ist das bei dir gelaufen?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Also ich sag eins immer aus akademischer Sicht arbeite ich ja wirklich basal,
ich arbeite ja auf der, ich sag mal so,
auf Einführungsvorlesung, Erstsemester, Zweizemester, irgendwo so auf der Ebene,
arbeite ich mit meiner Tiefe, das bestätigen mir auch Leute,
die sich aus dem Bereich kommen, das durchaus so das Niveau ist,
dann bin ich völlig zufrieden, ich sag, mein Kanal ist ein niederschwelliger Kanal,
der ist für Laien gedacht, alles andere wäre ja unsinnig, Aber ich habe tatsächlich
die erste Zeit ist völlig als autodidakt gemacht,
also es gibt innerhalb der Living History Szene schon einen größeren Diskurs,
da werden Quellen rumgereicht, wenn neue Dinge auftauchen, werden die jetzt
auch auf einem anderen Niveau publiziert,
eben nicht irgendwie als wissenschaftliche Arbeit, sondern eben in entsprechenden Foren,
da werden die Bilder rumgereicht, Im Rahmen der eigenen Recherche legt man dann
Datenbanken an, bei mir waren es immer Bildquellen, ich habe mich immer sehr
für Bildquellen begeistert und habe dann große Mengen Bildquellen gesammelt.
Aus heutiger Sicht bedauere ich, dass ich die nicht besser aufgearbeitet habe,
da könnte ich mir heute viel Arbeit sparen, wenn ich die mal ordentlich katalogisiert hätte.
Aber ich weiß gar nicht, letztes Jahr hatte ich irgendwann mal gezählt,
das waren irgendwie 75.000 Bildquellen,
die ich auf meinem Rechner befunden haben zu dem thema also
sind schon große mengen und da gibt es auch andere die auf spezialgebieten eben
arbeiten jetzt zum beispiel rüstung jemand der sich für rüstung interessiert
sammelt bilder von rüstung und diese szene ist natürlich auch durchsetzt mit
akademikern also wir haben historiker wir haben auch auch leute die wirklich
fachleute auf ihrem gebiet sind.
Es ist aber eine ganz bunte Mischung. Wir haben im Prinzip vom...
Handwerker, die dann auch teilweise die Replikate herstellen,
über Informatiker bis eben zu Historiker,
alles mögliche und dieser Binnendiskurs, der ist da auch ziemlich ertragreich
eigentlich und in dem Umfeld habe ich mich da so, wie lange war das?
5, 6 Jahre mir das Wissen angeeignet,
dann habe ich eben das Fernstudium gemacht, wo ich natürlich durch das modulare
System sehr viel aus meinem eigenen Interessensgebiet nehmen konnte und vor
allem für mich war das interessant,
so das Handwerkszeug mir quasi anzueignen, wie funktioniert Geschichtswissenschaft
überhaupt, wie mache ich richtige Quellenkritik, das war,
was wo man so als leih wenig in
berühren kommt und deswegen hatte ich auch irgendwann das gefühl so ich hätte
natürlich auch mich durch den bachelor noch zwingen können um dann noch das
master studium drauf zu setzen oder sowas aber ich hatte da tatsächlich das
gefühl ich habe mir aus dem studium die für mich wichtigen punkte rausgezogen
alles was danach kommt ist natürlich.
Und ganz wichtig für die normalen akademische Laufbahn, aber für mich als,
ich nenne mich ja extra nicht Historiker oder selten, ich nenne mich Kulturvermittler.
Das ist die Berufsbezeichnung, die ich für sinnvoll halte, weil das ist,
was ich mache. Ich versuche Kultur zu vermitteln und für die Aufgabe habe ich
eigentlich das mir rausgezogen, was ich meine zu brauchen. Fleisch.
Hab ich über Dinge übersehen, mag sein, aber ich hatte einfach das Gefühl,
so, das ist jetzt das, was ich dafür benötige und dann bin ich wieder in meinen
Bereich gegangen, dann hab ich wieder das gemacht, was ich tue.
Jan Wetzel
Ja, das klingt auf jeden Fall spannend, dass sozusagen in der Community selber
auch schon eben das so ein bisschen wie vorbereitet war,
also es macht natürlich auch Sinn, dass Leute, die da professionell damit zu
tun haben, indem sie zum Beispiel in der Wissenschaft sind, das da so ein bisschen
reintragen und du hast eigentlich so ein bisschen wieder rausgebracht,
aber eben nicht zurück in die Wissenschaft, sondern in die Öffentlichkeit.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ich bin da der klassische Zwerg, der auf dem Schulter von Riesen steht,
also es gibt da ganz bekannt die Company of St.
George, eine internationale Gruppe mit Sitz in der Schweiz, die waren so die
Wegbereiter, die haben auch ein sehr schönes Fotobuch rausgebracht,
das war für mich die Bibel, weil genau das wollte ich machen, das war großartig.
Und ein bekanntes Mitglied davon ist John Howe,
der war Z-Designer beim Herr der Ringe und ist jetzt, arbeitet für Beta Workshop
jetzt und hat ganz viel von den,
alles was wirklich gutes Design im Herr der Ringe ist,
stammt mehr oder weniger aus seiner Feder und da gibt's dann eben auch Überschneidungen,
da gibt's dann auch kulturelle Verknüpfungen und ähnliches, also da wurde schon
vor mir viel, viel gemacht an Forschung Richtung Realien und Sachkultur.
Jan Wetzel
Bevor wir zu der Wissenschaft kommen und dem Kontakt dazu, noch eine Frage zu deinem Publikum.
Uns ist sozusagen jetzt schon bewusst geworden, dass das aus der Community kommt
und dass das sicherlich auch die waren, sozusagen die 150, die am Anfang schon
mit dabei waren. Jetzt ist der Kanal gewachsen, es sind andere Leute dazugekommen.
Merkst du das vielleicht in den Kommentaren oder in der Rückmeldung,
dass du jetzt einfach ein heterogeneres Publikum hast und sich irgendwie dadurch
deine Arbeit auch ändert oder die Ansprache?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ich kann es sogar in Zahlen wirklich ausdrücken. Es gibt ja die Analysemittel.
Also ich mache ja diese schnelle Quelle, diesen einen Minuten Short immer und
ich kann sehen, dass etwa 80 Prozent der Leute, die die schauen,
und vorher meinen Kanal gar nicht kannten.
Da erreich ich tatsächlich vollkommen neue Leute und ich würde auch schätzen,
dass so locker drei Viertel der Zuschauer weder mit Geschichte noch mit Living
History oder sowas eigentlich was zu tun haben.
Das ist ein Kommentar, der ganz oft kommt, so nach dem Motto,
ich hab mich nie für Geschichte interessiert, aber was du erzählst ist interessant.
Und das ist auch so, bestätigt mich in einer Annahme, die ich schon lange hatte,
dass nämlich diese typische Fernseh-Doku völlig an der Zielgruppe vorbeigeht,
weil sie uns immer wieder dasselbe erzählen, in irgendeiner abgewandelten Form,
wir kriegen immer wieder das gleiche vorgesetzt.
Und ich schon seit Jahren sage, wenn man den Leuten das Mittelalter anders zeigen
würde, die interessanten Dinge zeigen würde, dann würde es auch viel mehr Leute
interessieren, denn es gibt ja unfassbar interessante Dinge.
Und da kann ich jetzt ein bisschen sagen, ja, ich hatte offenbar recht damit.
Ähm, also, ich hab so eine lustige Mischung. Ich hab Live-Rollenspieler und
Tischrollenspieler dabei, die einfach bei mir so ein bisschen Inspiration holen.
Für die ist gar nicht wichtig, dass sie später das Ganze eins zu eins umsetzen im Live-Rollenspiel.
Sondern sie sagen, oh, das ist nett, das kann man verwenden.
Das interessiert mich jetzt nicht, das ist mir egal. Und deswegen grade so Alltagssachen.
Was man aus dem Alltag erzählt, interessiert die Leute am meisten.
Aber dann habe ich glaube ich mittlerweile, die historische Darsteller habe
ich natürlich auch, Wobei die oft das, was ich erzähle, schon irgendwie kennen.
Aber ich würde ziemlich sicher sagen, es ist ein ganz großer Teil der Leute,
die mich inzwischen gucken, praktisch damit gar nichts zu tun haben.
Die das einfach nur interessant finden.
Leo Schwarz
Ich würde gerne nochmal nachfragen, du machst ja viel so auch Kritik sozusagen
von Dokumentationen über das Mittelalter, historischen Formaten auf allen möglichen
öffentlich-rechtlichen Programmen zum Beispiel.
Terra X. Terra X zum Beispiel, aber auch Arte und so, glaub ich, ist auch mit dabei.
Woran, glaubst du, liegt das, dass die so vielleicht ein bisschen eindimensional
sind? Zumindest so, wie du sie kritisierst, sind sie ja alle sehr in demselben ...
Im selben Narrativ gefangen irgendwie über das Mittelalter. Das war irgendwie
dunkel und Pest. Und, ähm, sagen wir mal, also quasi da, das sind gar keine richtigen ...
Richtigen Gesellschaften gewesen, sondern eigentlich war das alles 1.000-jähriger,
Schlaf der Vernunft, wie es bei Hegel heißt.
Und mehr ist darüber eigentlich nicht viel zu sagen.
Also woran liegt das? Es gibt ja auch so soziale, gesellschaftliche Funktionen
von Geschichtsbildern, dass man so denkt, dass es sozusagen für unsere Gesellschaft
auch wichtig ist, dass wir so ein Abgrenzungsbild haben von einer grundlegend
anderen Gesellschaftsform.
Hat das irgendwie soziale Gründe? Oder denkst du eher, das ist einfach,
weil Medien nach einem bestimmten Rhythmus funktionieren, der eben einfach immer
nur dasselbe wiederkäut?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Es sind zwei Dinge. Zum einen natürlich dieser nette Krusel ist erfolgreich.
Also ja, ich bin nicht unerfolgreich mit meinem Kanal für meine Nische.
Ich habe so stabile Fußballstadien.
Aber würde ich jetzt umschwenken und würde... Das ist zum Beispiel ein Video,
das ich nie machen werde, weil ich finde es ein Thema, das mich anwidert.
Todesstrafen und Folterarten.
Mag ich nicht. Also vielleicht mach ich irgendwann was über den Henker,
um das zu relativieren, aber so
Foltermethoden, ja? Die zehn grausamsten Foltermethoden des Mittelalters.
Dann hätte ich ein Viertelmillionen Klicks vermutlich. Vielleicht auch eine
halbe Million oder noch mehr. Das ist echt einfach mit sowas Klicks zu generieren,
das sieht man, wenn man auf YouTube guckt, es gibt diese Filme,
die sind unsagbar erfolgreich.
Würde ich nie machen, weil es widert mich an. Und... Wenn ich natürlich diesen Krusel bediene,
und das tun viele Dokus, das würde ich jetzt auch gar nicht auf Öffentlich-Rechtliche setzen,
das machen die Privaten genauso, die machen halt weniger Dokus,
aber wenn mal Welt der Wunder oder Galileo was zum Mittelalter macht,
dann ist das überhaupt nicht anders, es ist genau derselbe Kram,
es ist alles billig produziert,
es wird niemand angesprochen, der Ahnung hat, die wollen was über Rüstungen
erzählen und denken nicht mal daran, jemanden zu holen, der eine ordentliche
Rüstung besitzt, und die haben wir, wir haben herausragend gute Rüstungen in
der Szene, Das wird einfach nicht gemacht, weil das ist zu teuer.
Es gibt ja diesen berühmten Terra X Tag im Mittelalter, das war so die Initialzündung,
das war mein erstes Reaktionsvideo, bis heute mein erfolgreichstes Video überhaupt,
obwohl es glaube ich zweieinhalb Stunden ging oder sowas, habe mich völlig überrascht.
Und das ist komplett billig gemacht und ich habe halt dadurch,
dass ich damals auch die Produktionsfirma angeschrieben habe,
mittlerweile bin ich mit einem, der da Volontariat in dieser Firma gemacht hat,
gut befreundet, ich kenne so ein bisschen die Hintergründe.
Ja, die haben halt, da wurde im Vorfeld groß erzählt, sie nutzen da sorgfältig
rekonstruierte Stadtkulissen und tatsächlich waren es die übrig gebliebenen
Kulissen aus Hänsel und Gretel Hexenjäger.
Ja und so ging es dann halt weiter und
da ist überhaupt keine Recherche reingeflossen und ich habe auch schon,
ich war schon mehrfach als Statistin oder als Teilnehmer an solchen Dokumentationen beteiligt,
auch eine die ich tatsächlich bis heute ziemlich gut finde, aber es gab auch
Sachen, dass ich dann mit einer Ausstatterin zu tun hatte und dachte mein Gott,
die hat nicht mal grundlegend Ahnung von der Region und der Zeit von der sie
redet, was ich beurteilen konnte, weil das war die Zeit und Region von der ich,
mit der ich mich beschäftige, ich habe die Quellen da durchaus im Kopf und es war völlig surreal,
die meinte dann auch irgendwie im späten 15 Jahrhundert die Gruppe die da war,
die sehr gute Gruppe mit ihrer nachgebauten, mit dem nachgebauten Kammergeschütz
wegschicken zu müssen, weil sie wollten Katapult haben.
Was halt in der Zeit seit 200 Jahren veraltet ist. Das ist so.
Aber es sind so Dinge, da frage ich mich dann, wie kann sowas funktionieren
und wie kann sowas durch Qualitätskontrollen geben?
Da habe ich wieder keine Einblicke, wie das intern funktioniert.
Aber es ist jetzt gar nicht, ich will gar nicht polemisch klingen,
aber ein großer Teil dieser Dokus ist von der Sachkultur her nicht nur schlecht
ausgestattet, das ist sogar katastrophal.
Also man kann, wüsste ich nicht besser würde ich bösen willen unterstellen,
tue ich aber nicht, ich glaube tatsächlich ist es Nachlässigkeit und Ignoranz.
Jan Wetzel
Jetzt kann man natürlich auch sagen die die Budgets sind tatsächlich nicht so
hoch, ich habe dann ja das Geld ist sicherlich da, also mein Kontrast wäre dann
eher das was, also was du auch schon gesagt hast, dass in der Community das ganze Wissen da ist,
Aber da ist, wie du schon sagst, eigentlich eine Ignoranz, gar kein Interesse,
das da auch so reinzuholen.
Also eigentlich könnte man ja zum Teil viel günstigere Formate machen.
Da muss man nicht viel Geld in die Hand nehmen, um große Rekonstruktionen zu
machen, sondern zum Beispiel in den Veranstaltungen, die es auch schon gibt, dort mit reingehen.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Genau das haben wir gemacht, es gibt eben vom SWR eine tolle Serie,
vor allem die Schulfernsehversion ist toll, das ist ein Sechsteiler,
Experiment Mittelalter, glaube ich, weiß ich gar nicht genau,
wie der Schulteil heißt, aber ist wirklich gut und die hatten ein Problem,
sie wollten einen Markt ausstatten und so mit Marktständen haben wir gefragt,
was kosten so Marktstände, also sind auch auf die Community zugegangen,
weil der Ausstatter war einer aus der Szene, deswegen hatten sie schon einen großen Vorteil.
Und dann war es natürlich viel zu teuer, also irgendwie da an dem lieblichen
Ort 20 Darsteller mit ihren Marktständen zu kachen, unmöglich.
Da haben wir gesagt, ja, aber ich mache einmal im Jahr in Lich in Mittelhessen
eine Veranstaltung, da stehen die Stände und wir fangen erst um 12 Uhr an,
ihr habt von 8 bis 12 so viel Zeit wie ihr wollt zu drehen in unserer Marktkulisse.
Die haben uns was in die Veranstaltungskasse gegeben, daraus könnten wir ein
besseres Essen für alle organisieren, jeder hatte was davon.
Und die Szenen sind kurze Szenen, klar, es sind ja immer nur so Schlaglichter,
aber die waren toll, weil man sieht eine Kulisse, die sich, äh,
also das wäre echt teuer gewesen, das irgendwie umzusetzen und die Möglichkeit gibt's völlig.
Also wenn du eine Ritterrüstung zeigen willst, äh,
ja, ich hab ne Firma, das war ja der Sinn damals, äh, dass ich,
äh, zu mieten bin und, äh, ich komm mit meiner Rüstung hin und dann kann man
eine gute Rüstung drehen und ich habe eine sehr gute Rüstung.
So als eins von vielen Beispielen, das kannst du mit allem anderen machen,
wenn du eine Tafel ausstatten willst, da muss ich ja nicht mal selber kommen.
Es gibt genug Leute, gerade aus der Szene, die sagen, ja so sieht eine Tafel
aus, hier sind die Bildquellen, da kannst du gucken, weil die,
wir sagen ja nicht so was, sondern wir sagen, guck mal, hier sind die Quellen, so sieht's aus.
Das passiert aber eben nicht. Und dann kommt die nächste Doku und du siehst wieder die Tafel,
die nicht aussieht wie damals und die Leute werfen die Knochen hinter sich,
obwohl Knochen in der Küche zu der Zeit gar nicht vorkommen,
weil die Gerichte mundgerecht waren und es ist halt wirklich absurd,
dieser Kontakt findet nicht statt und auch die Beratung findet im Prinzip nicht
statt, sonst kann ich mir das nicht erklären.
Manchmal hat man dann so die Fachleute drinnen, die dann plötzlich was Sinnvolles
erzählen, nur damit der Sprecher dann reinkreitscht und es irgendwie wieder relativiert.
Leo Schwarz
Aber könnte man nicht auch, also da kommen, werden ja auch Historiker rangeholt
und die wissen das ja auch in der Regel so einigermaßen, wie das da zu der Zeit
ausgesehen hat, auch wenn die sich jetzt vielleicht öfter nicht so mit Ausstattungsfragen
oder mit einer historischen Rekonstruktion, einem Re-enactment beschäftigen.
Aber da gibt's ja auch Leute an der Universität, die Bescheid wissen und die
da auch zu Interviews rangeholt werden. Wieso werden die nicht einfach auch ...
Wieso gibt's da nicht jemanden, der am Ende noch mal draufschaut und sagt, ja, okay, das ist ja ...
Also, das kann nicht sein. Oder zumindest das Drehbuch mal checken lässt oder
mit dem Ausstatter reden lässt.
Das könnte man ja gar nicht mit so hohem Aufwand vielleicht ...
Dann machen, dass man zumindest die schlimmsten Fehler vermeidet,
man jetzt vielleicht nicht alles so akkurat machen kann, wie ihr das im Reenactment macht.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ein Freund von mir hat mal, der ist in Bamberg an der Uni, der hat mal solche
Leute direkt angeschrieben und hat um Feedback gebeten, wie die Zusammenarbeit
mit dem Fernsehen war und positiv war das nicht wirklich.
Also die haben auch schon beklagt, dass ihre Aussagen zusammengeschnitten sind,
dass ihre Aussagen nicht das sind, was sie gerne gesagt hätten,
dass auch die Fragestellung oft schon so in die Richtung getränkt hat und eben
gerne auch mal die Sätze wirklich so genommen wurden, dass sie negativer klingen als sie sind.
Andererseits den so den akademischen, den Professor oder so,
das ist ja für den nur ein Nebenschauplatz, das ist ja nichts,
was eher für sich wichtig ist und ich glaube, dass er da nicht das große Fass aufmacht.
Ich sag oft, es stört mich, ich ärgere mich, dass nach so besonders schlechten
Dokus nicht die Leserbriefe aus der akademischen Welt über den Sender hereinprasseln
und das werfe ich auch so durchaus mal dem sprichwörtlichen Elfenbeinturm vor,
dass er da nicht mehr auf den Putz haut, weil es ist ja nicht so,
dass ich ja irgendwie Geheimnisse ausplaudere, wenn ich sage,
das Mittelalter sah gar nicht so aus, sondern wir haben ja unfassbar viele Quellen,
das ist ja auch so ein Ding, dass immer völlig unterschätzt wird,
wie viele Quellen wir tatsächlich haben.
Also allein die Menge und vor allem Bildquellen, was ja im deutschsprachigen
Raum leider fast gar nicht akademisch behandelt wird. Wir haben In der Archäologie
natürlich häufiger, in der Kunstgeschichte auch, aber das einzige Institut für
realen Kunde, das wir haben im deutschsprachigen Raum, ist in Krems an der Donau.
Und das ist echt so eine Orschideen-Disziplin.
Aber die Quellen sind da. Man muss da gar nicht raten. Wir können das genau sagen.
Und das würde ich mir tatsächlich mehr wünschen, dass da mehr Widerstand kommt,
weil der Zustand der populären Geschichtsvermittlung in den Medien ist grauenhaft schlecht.
Also, ich bereite gerade ein Reaktionsvideo vor, das eigentlich nicht auf die
Filme geht, es geht auf Zeitungsartikel, weil der National Geographic,
Die Welt und ich weiß gar nicht, wer die dritte war.
In den letzten zwei Wochen kamen drei Artikel raus über das Mittelalter in großen
Printmedien und sie waren, natürlich ich hab jetzt die Online-Version,
und die waren alle grau und erregend schlecht.
Also, es geht einmal um Badehäuser und am Anfang erzählen sie es,
die Wissenschaftler differenzieren und am Ende kommt derselbe Unsinn.
Und das Schönste war dann, betrunken zu sein, galt als gesund.
Es ist ein neuer Mythos, den kannte ich noch gar nicht, ich bin aber immer happy,
wenn ich neuen Umfug finde, den ich vorher noch nicht gehört hatte.
Jan Wetzel
Also ich glaube ein wichtiger Punkt ist, was das für mich ist ein bisschen,
also was das für mich erklärt ist halt die Frage, an welchen Publikar wird sich orientiert.
Also so sieht man das halt natürlich einmal das Publikum sozusagen der Kollegen
entweder in der eigenen Zeitung oder dem eigenen Medium und sozusagen also das
professionelle Publikum.
Und da kennt sich niemand damit aus. Da ist die Frage, war der Artikel gut,
war der spannend, und konnte man den verkaufen?
Das andere Publikum ist die Masse. Und wie du schon meintest,
wenn die das Lease kauft, dann gibt es keinen Grund, das zu ändern.
Aber die beiden Publika Wissenschaft und Communities, die vielleicht aus einem
Hobby heraus oder aus einem eigenen Interesse sich dafür interessieren,
die werden eigentlich nicht ernst genommen.
Man könnte sagen, man sollte sich an diesem Publika orientieren zum Fact-Checking
oder überhaupt so wie er das gemacht hat auf dem Markt, aber das passiert halt
oftmal nicht so richtig.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Nee, gar nicht. Und daraus resultiert halt, dass wir ein, in der Allgemeinheit
haben wir kein Bild vom Mittelalter, also so in den Köpfen.
Ich hatte mal so der Lackmus-Test dafür war die Frage, welche Ikonen wir aus
dem Mittelalter haben. Es gibt ja so Ikonen, ich will da einstellen,
der die Zunge rausstreckt oder Julius Caesar aus Asterix und so Bilder, die kennt jeder.
Und dann habe ich mal auch schon unsere Studenten gefragt, welche mittelalterlichen
Ikonen kennen wir? Bilder, die wirklich allgemein in den Köpfen der Leute sind.
Und letztlich gibt es keine.
Wenn wir großzügig sind, müssen wir die Mona Lisa ins Mittelalter schieben, so zeitlich.
Und ansonsten wird das eng. Und dementsprechend, die Geschichte ist in den Köpfen
der Leute nicht mit sinnvollen Bildern verknüpft.
Verknüpft, sondern was da ist, sind Szenen vom Mittelaltermarkt,
Szenen aus Dokumentationen und sowas,
so eine affektive Wahrnehmung einer Zeit,
wenn man dann eben die streckigen Straßen, die wir ja immer wieder gezeigt kriegen,
wir kriegen immer wieder gezeigt, dass Leute quasi durchs Schlamm warten und
es gibt so diesen Scherz vom Mittelalterfilter,
dass man erstmal einen Graufilter draufhaut, wenn es Mittelalter sein soll,
so wie ein Gelbfilter draufkommt, wenn es Mexiko zeigt und dieser Graufilter,
der ist nicht nur im Fernsehen, der ist dann auch in den Köpfen der Leute.
Und wenn ich dann halt einen Beitrag mache über die Pracht der Gotik oder irgendwann
hoffentlich in Zukunft über die burgundische Hofmode und Hofkunst,
ja, da ist halt kein Graufilter drauf.
Und ich halte das tatsächlich für eine unfassbar schädliche Sache.
Weil wirklich nahe zu allen Leuten das vage Bild vom Mittelalter,
also ich rede jetzt von Leuten, die mit dem Mittelalter gar nicht viel zu tun
haben, aber dieses vage Bild ist so unfassbar negativ behaftet,
weil es auch ständig gefüttert wird.
Ich lese in den National Geographic und kriege wieder beigebracht,
die einen Badehäusern, das waren eh alles Bordelle, das Wasser war auch dreckig,
weil man muss das Wasser seines Vorders quasi mitbenutzen und es ist nur Unfug drinne,
dass wir im späten Alter eine ausgedehnte Badekultur hatten,
dass Badengehen üblich war, dass man statt einem Trinkgeld einen Badepfennig
gegeben hat, dass wir in Städten teilweise auf 250 Einwohner ein Badehaus hatten.
Das wird halt nicht erzählt.
Jan Wetzel
Ist natürlich insofern besonders interessant, weil wir beide auch so ein bisschen
aus der Soziologie kommen, weil man weiß natürlich, dass diese Bilder sind ja
sozusagen im Modernisierungsprozess auch entstanden, diese Klischees.
Aber dann hat es jetzt über 100 Jahre Wissenschaft gegeben, die sich daran abgearbeitet
hatten, gezeigt hat, dass das alles nicht stimmt.
Aber in der Öffentlichkeit ist eigentlich nichts davon angekommen.
Das ist eben verrückt, dass das über Jahrhunderte oder... Ja, im Gegenteil.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Es ist schlimmer geworden. Weil guck in den Historismus ins 19.
Jahrhundert. Da wird ja die Stadt, das Bürgertum, wird ja eine Zeit lang hochgeschätzt.
Und dann haben wir Historismusmaler, die großartige Darstellungen haben.
Über den Stil kann man streiten. Aber das, was sie an Sachkultur zeigen,
was sie an Szenen zeigen, teilweise fantastisch gut.
Dann haben wir im Film, haben wir so die Technicolor-Zeit bis in die 50er Jahre,
da ist Mittelalter auch schön bunt.
Lancelot, Ivanhoe, Robin Hood-Verfilmung, El Cid, alles bunt, alles prächtig.
Daraus stechen die Verfilmung von Heinrich V. von Laurence Olivier,
das ist wahrscheinlich der bestausgestattete Mittelalterfilm überhaupt.
Ist von 1944, die haben quasi mit nichts gearbeitet.
Und dann kommt der Bruch in dem Rahmen, in dem Western dreckig werden und Science-Fiction
dreckig wird, wird auch das Mittelalter dreckig.
Und ab den späten 70ern, ab den frühen 80ern darf Mittelalter dann eben den
Mittelalterfilter haben, aber das Bunte ist verschwunden.
Und zwar komplett. Also wir machen da Rückschritte, wir machen nicht nur keine
Fortschritte, wir machen in dieser Darstellung unfassbare Rückschritte. Schritte.
Jan Wetzel
Jetzt hast du gesagt, es geht um die Bilder, die man im Kopf hat.
Was sich durchzieht bei deinem Ansatz, ist diese Orientierung auf den Alltag.
Von diesen Bildern wegzugehen und zu sagen, die Menschen haben erst mal ganz
normal gelebt als Menschen in einem Alltag wie wir. Der Alltag war anders,
deswegen muss man sich darauf einlassen.
Kannst du dazu was sagen? Das ist eine besondere Form der Wissensvermittlung,
Welten auferstehen lässt, so ein bisschen, um darüber so einen pädagogischen Hebel zu haben.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Das ist halt auch so der, das was wirklich eines der Punkte,
die ich im Studium wirklich mitgenommen habe, so als Holzhammer reinbekommen,
die Unterscheidung zwischen Struktur und Ereignis.
Das war meiner Professoren unfassbar wichtig und im französischen Raum,
da haben wir das ja, haben wir Strukturgeschichte seit den 20er Jahren ganz,
ganz, also seit den 1920er Jahren ganz wichtig.
Ist ja ein ganz großer Punkt und der hat mich da auch durchaus geprägt,
weil ja, es gab natürlich auch Hungersnöte, Kriege, all diese Dinge,
aber das ist in der Erlebniswelt der Menschen damals ein Ereignis, keine Struktur.
Und nimm mal einen Menschen des 20. Jahrhunderts, jemand der Anfang des 20.
Jahrhunderts geboren wurde, der hat zwei Weltkriege miterlebt,
der hat Hungersnöte miterlebt,
der hat eine Weltwirtschaftskrise miterlebt und wenn du den in den 70er Jahren gefragt hast,
ob er ein unglücklicher Mensch ist, ob all der Katastrophen,
hätte er dich wahrscheinlich unverständlich angeguckt, weil er in seinem Eigenheim
sitzt und es ihm gut ging.
Menschen verdrängen halt Dinge wunderbar und das müssen wir auch auf mittelalterliche
Menschen übertragen können. Und selbst die Überlebenden der Pest,
die vorstellen, dass der jetzt sein ganzes Leben unter der Pest leidet,
vielleicht im Sinne einer posttraumatischen Stresssyndrom, so etwas, möglich.
Aber wenn du dem ganz normal auf der Straße begegnest, dann ist es eben nicht
der Überlebende der Pest, Sondern unter Umständen ein normal wirkender glücklicher
Mensch. Was für Dämonen der mit sich rumträgt, ist was völlig anderes.
Aber deswegen ist mir diese Betonung von Struktur an Ereignissen wahnsinnig
wichtig. Und ich möchte gerne die Struktur herausarbeiten.
Wie die Menschen das wahrgenommen haben. Und ich glaube für die meisten Menschen
derzeit, ich möchte nicht sagen, dass sie alle immer glücklich gewesen sind.
Aber eine gewisse Zufriedenheit unterstelle ich den Leuten.
Weil die, gerade Soziologie, guckt sich heute in der Welt um.
Gehen die ärmsten Länder der Welt Und du findest dort Leute,
die mit ihrem Alltag mehr oder minder zufrieden sind.
Und das ist so ein ganz wichtiger Punkt. Und diese Alltagsgeschichte,
zum einen kommt sie in den Quellen kaum vor, also wenn es darum geht,
Bildquellen zum bäuerlichen Alltag gibt es im Prinzip nicht.
Immer wieder, wenn wir Bauerndarstellungen suchen, dann kommt endlich im Stundenbuch
des Duc de Berry ein Buch eines Hochadlingen, der halt eine Bauernidylle darstellt. Super!
Aber gleichzeitig können wir es halt aus anderen Dingen rekonstruieren und können
eben so, gerade in den Städten ist es ein bisschen besser, da können wir so
Alltag halbwegs nachvollziehen.
Ich mache jetzt gerade was mit der Schädelchen Zwölf Brüder Stiftung,
ne der Mendelchen Zwölf Brüder Stiftung aus Nürnberg, das ist so eine Armstiftung,
da wurden verarmte Handwerker aufgenommen Und die haben große,
große Hausbücher gehabt, in denen der jeweilige Handwerker mit einer Darstellung
von ihm bei der Arbeit zu sehen ist.
Und da habe ich jetzt etwa 100 Berufe aus Nürnberg im 15.
Jahrhundert rausgesucht, mit entsprechenden Bildern dazu. Und das ist natürlich
eine extrem tolle Quelle. Wir können wirklich sagen, das sind die Gewerke,
die wir in der Zeit haben. Können daraus vielleicht noch schließen,
okay, sind nicht die allerreichsten, weil sie sind ja offensichtlich verarmt
und mal in einen Armstift gelandet.
Aber solche Quellen haben wir halt genug und an denen kann man halt wahnsinnig viel erzählen.
Jan Wetzel
Ist diese Weise, würdest du die auch in der Wissenschaft sehen oder ist da wirklich ein Bruch?
Weil ich denke immer bei dem, was du machst, auch natürlich in der Szene,
die Rekonstruktion von Rüstungen und so weiter, da hat man noch am ehesten die
Brücke zur Wissenschaft in der experimentellen Geschichtswissenschaft oder in
allem, die sozusagen mit den Materialien arbeitet.
Es gibt auch die Rekonstruktion von Burgen und so weiter, wo man sowas macht.
Aber gerade im Blick auf die deutsche Geschichtswissenschaft würde ich sagen,
das sind die wenigsten Historikerinnen und Historiker, die so arbeiten.
Das heißt, hast du da eigentlich schon eben doch einen anderen Ansatz,
wo so ein bisschen der Bruch zu dem ist, wie Mediavistik meistens betrieben wird?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ja, Mediavistik ist ja im Grunde genommen die Schriftquellen-Geschichtsforschung.
Das ist ja wirklich ganz massiv. Das ist zum Beispiel im angelsächsischen Raum
auch nicht ganz so extrem. Die benutzen schon tatsächlich mehr Bildquellen.
Bildquellen kommt in der deutschen Geschichtswissenschaft in meiner Wahrnehmung
immer nicht so wahnsinnig vor. Das wird den Kunsthistorikern überlassen.
Die experimentellen Ansätze werden den Archäologen überlassen,
heißt ja bei uns auch experimentelle Archäologie.
Und ich hab da halt auch schon, wenn ich mir Online-Vorlesungen anschaue oder
auch die Materialien, die ich selbst im Studium hatte und wenn ich mir angucke,
wie da die Bildauswahl war.
Das ist verbesserungswürdig, weil auch die Studenten oft kein Bild vermittelt
bekommen. Da gibt es auch eine schöne Kooperation. Ich werde von zwei Unis regelmäßig
in Seminare geholt und erzähle dann den Leuten erstmal, wie sieht es in der Zeit aus.
Oft, weil es eben aus dem germanistischen Bereich ist, germanistische Mediavistik, oft 12.
Und 13. Jahrhundert, also so Stoffe wie Parsifal, der Pfeffer Amis und ähnliches.
Und da muss ich den Studenten erstmal ganz viel Zähne ziehen,
weil das Bild, das die haben, ist ein deutlich spätmittelalterlicheres.
Ich muss erst mal erklären, wir sind im 12. Jahrhundert, wir haben noch keine
Plattenrüstung, wir haben noch keine selbst verwalteten Städte,
oder zumindest ganz wenige.
Wir haben noch keine Goldmünzen im Umlauf, die werden erst wieder geprägt,
der Parzival hat noch kein richtiges Wappen, weil die Heraldik gerade erst im Entstehen ist.
Alles, was man so mit dem Mittelalter gerne verbindet, muss man erstmal wegstreichen,
um dann sich klarzumachen, wir reden vom Hochmittelalter und das sieht völlig
anders aus, als das, was in euren Köpfen passiert. Die Häuser sehen anders aus,
die Möbel sehen anders aus, die Kleidung der Leute sieht anders aus.
Und das sind halt, das sind Studenten, die sind schon deutlich vom normalen
Konsumenten weg. Die sind historisch gebildet und trotzdem haben die diese Bilder im Kopf nicht.
Was eben meiner Meinung nach auch daran liegt, dass wir weder in Schulbüchern
noch eben später im universitären Bereich eine sinnvolle Ausstattung mit Bildquellen haben.
Weil wir haben keine Wissenschaft der Bildquellen. Abgesehen von eben Krems
an der Donau. Die haben eine Datenbank über österreichische Bildquellen,
die dann auch verschlagwortet ist. Das haben wir im deutschsprachigen Raum ansonsten quasi gar nicht.
Leo Schwarz
Vielleicht solltest du mal eine Bildagentur gründen. Da gäbe es doch bestimmt
auch Nachfrage von Verlagen.
Also weil ich mir so etwas schon in Berührung gekommen bin und wenn du jetzt
so eine Datenbank hättest, die alle Mittelalter-Bilder wirklich mal richtig
toll aufgearbeitet hätte, da hättest du glaube ich sogar eine Marktlücke.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Naja, ist dann natürlich wieder problematisch mit den Bildrechten und so,
weil eigentlich sind das alles Sachen, die gemeinfrei sind, weil die Urheber lange genug tot sind.
Aber das ist schwierig. Da gibt es immer noch ganz viele Institutionen,
die glauben, da Bildrechte drauf zu haben und die auch eifrig verteidigen.
Dann haben wir ein ganz großes Problem. Es gibt ja so Bilddatenbanken zu bezahlen.
Es gibt hier Getty, Image und wie sie alle heißen, die ganz,
ganz fiesen Schindblüter machen.
Die nehmen sich freie Quellen, hauen ihr Wasserzeichen drauf und dann muss man
zahlen, um das Ganze ohne Wasserzeichen zu bekommen. Und zwar richtig,
richtig viel, obwohl es rechtlich alles gemeinfreie Bilder sind.
Da wird doch ganz, ganz großer Reibach gemacht.
Jan Wetzel
Die Bildquellen sind das eine,
das andere ist tatsächlich dann das eigene körperliche Nachvollziehen.
Also das finde ich bei dir auch ganz spannend. Ich habe schon in der Einleitung
gesagt, du kochst auch manchmal, du bist auch selber in der Rüstung.
Das heißt, so ein bisschen das Vermittlungsinstrument ist auch tatsächlich zu
sagen, ich glaube, dazu neigt dann die Wissenschaft auch manchmal zu sagen,
diese Menschen, das ist ein historischer Gegenstand, da muss man sich eigentlich
ganz davon distanzieren.
Wenn man aber sagt, man vollzieht das sozusagen selbst körperlich nach,
wie war das in so einer Rüstung zu stecken, wie war das Leben da?
Geht man natürlich erst mal das Risiko ein, zu sagen, man macht nicht die Distanz
zum Gegenstand. Das ist erst mal von dem klassischen Objektivitätsideal abweichend.
Ähm, aber ich hab das Gefühl, das ist irgendwie ganz entscheidend,
um sozusagen eine Beziehung dazu aufzubauen. Vielleicht kannst du dazu auch was sagen.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Diese Nähe ist tatsächlich problematisch, weil ich kann meine Rüstung anziehen
und ich kann sagen, meine Rüstung entspricht einer dabei so gut es heute geht.
Aufwendig gemacht, das Material stimmt, der Handwerker, der das gemacht hat, der wusste, was er tut.
Es ist aber keine damalige Rüstung. Die passt mir nicht wie eine damalige Rüstung,
weil mein Körperbau zum Beispiel anders ist.
Ich bin kein Reiter, ich habe keine Streichholzbeine, wie wir es tatsächlich
oft finden bei damaligen Leuten. Mein Körperbau ist tatsächlich vollkommen anders
aufgebaut und dementsprechend funktioniert die Rüstung anders an mir.
Aber das, was ich heute auf YouTube mache, ist ja eigentlich gar nicht meine
eigentliche Form der Vermittlung, sondern meine eigentliche Form der Vermittlung ist eben in Kostüm.
Ich ziehe historische Kleidung an und mein Ideal, ich habe so ein Zelt,
das nenne ich gerne Museumszelt, auch wenn Museumswissenschaftler jetzt die
Hände über dem Kopf zusammenschlagen, weil ich ganz viele Bedeutungsebenen des
Wortes Museum damit unterschlage.
Aber mein Ansatz ist, der Besucher soll in mein Zelt kommen,
steht mit dem Rücken zum Eingang, ist so halb offen, aber er steht im Zelt drinnen.
Und alles was er sieht, komplett, sind historische Rekonstruktionen.
Er sieht nichts modernes mehr. Er ist in einem Erlebnisraum, der ihn überfordert.
Auf ganz vielen Ebenen. Aber er soll Eindrücke sammeln. Er soll Bilder mitnehmen.
Und dann ist so mein Spiel, ich kann zu jedem Gegenstand im Zelt was erzählen. Und zwar lange.
Ich hab wirklich Besucher, die sind drei Stunden bei mir im Zelt,
weil es genug zu erzählen gibt.
Und kann auch ganz viele Dinge damit abdecken.
Ich hab mehrere Darstellungen immer in diesem Zelt auf einmal.
Und da komm ich eigentlich her. Das ist das Ideal meiner Darstellung,
dass ich als historischer Darsteller, ich auf Veranstaltung gebucht bin,
machen möchte. Ich möchte die Leute dieses Erlebnis ihnen damit wirklich überfordern
und ihn dann da durchleiten.
Ich bin der Meinung, dass ich ihn dadurch in einen Lernprozess bekomme.
Das sind auch Sachen, die sind bei uns kaum bekannt. Auch wieder im angelsächsischen
Raum ist die Theorie dahinter viel bekannter. Da gibt es aus den 50er Jahren
Freeman Tilden, das ist so der Begründer, der nannte das Heritage Interpretation.
Daran habe ich meinen Begriff der Kulturvermittlung auch angehängt,
weil Heritage Interpretation klingt auf Deutsch ganz komisch,
aber Kulturvermittlung trifft sie ungefähr. Und da gibt es eben auch die Theorie
dahinter, das kommt aus den US-Nationalparks.
Ist ursprünglich Naturvermittlung gewesen, aber genauso ist übertragbar auf Kulturvermittlung.
Und der beschreibt eben auch durchaus, wie man das Ganze aufbauen soll,
wie man Leute dafür öffnet, neue Dinge wahrzunehmen, wie man ihr Interesse weckt
und das ist so meine Leitlinien etwa und davon habe ich mich jetzt mit meinen
YouTube Videos selbst ein bisschen entfernt.
Also ich musste auch immer einschränken ich bin dann eine Kleiderpuppe mit historischer Kleidung,
die ist so nah wie möglich an historischer Kleidung dran, aber ist dieser Begriff
der Authentizität ist immer so das heilige Coup.
Man kann sie ja nicht erreichen. Authentisch gibt es ja nicht im Sinne von historisch absolut korrekt,
weil es sind moderne Stoffe, es sind, selbst wenn wir die Schafe rückzüchten
würden, daraus Wolle gewinnen, sie Handspinnen und Handweben,
Handpflanzen färben und dann, es wäre immer noch kein historisches Kleidungsstück.
Und so weit gehe ich auch gar nicht. Also, wer bei mir meine Klamotten auf links
dreht, um zu sehen, ob da drin Hand- oder Maschinennähte sind,
der ist mir gerade zu nah gekommen.
Ich habe handgenähte Sachen, aber es ist nicht mein Credo,
das ist überhaupt nicht mein Credo, ist das ich aus einem Meter Entfernung so
historisch oder den Bildquellen, da muss man auch einschränken,
die Bildquellen sind ja in sich schon, da muss man ja erstmal die Quellenkritik
drüber laufen lassen, aber den Quellen so nah wie möglich ist.
Das ist das, was ich machen möchte.
Jan Wetzel
Also das ist nicht so dieses, also weil das gibt's ja auch so dieses ideal,
dass man dann doch ganz in die Welt eintaucht und das dann sozusagen das alles
selbst spricht, das seh ich bei dir eigentlich gar nicht, sondern du nimmst
das tatsächlich als Anlass, als Bilder, die schon an den Quellen dran sind,
aber ansonsten ist dann doch ganz klassisch darüber sprechen,
die Quellen kennen und ja.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Wir haben da auch in dieser Heritage Interpretation gibt es zwei Ansätze.
Es gibt die First Person Interpretation und die Third Person Interpretation.
First Person bedeutet ich bin die Person, ich rede wie die Person.
Das funktioniert zum Beispiel in neuzeitlichen Darstellungen hervorragend gut. Ab dem 18.
Jahrhundert kenne ich Leute, die können wirklich fließend in dem Ductus pallieren.
Oder wenn ich jetzt eine Figur, sagen wir, ich will in England zum Beispiel,
ich will einen Luftwaffenhelfer, also der, der vor den Luftangriffen warnt,
in London 1944 darstellen.
Das funktioniert, den kann ich in erster Person darstellen.
Im Mittelalter halte ich das für unmöglich, weil wir wissen ja nicht mal,
wie die Alltagssprache ausgesehen hat.
Ausgesehen hat. Wir kennen ja nur Schriftquellen, die die Schriftsprache wiedergeben
und unsere ersten, oder was ich so kenne, mit die ersten Quellen für Alterssprache,
da sind wir dann im 16. Jahrhundert bei Hans Sachs oder sowas.
Da können wir wissen, wie die ungefähr geklungen haben.
Im 15. Jahrhundert kann ich das überhaupt nicht nachvollziehen.
Also ich, wenn ich den Mund aufmachen würde in der ersten Person,
wäre das schon falsch. Ich mache
ausschließlich, oder fast ausschließlich Third-Person-Interpretation.
Ich bin in der dritten Person. Ich bleibe der moderne Mensch.
Ich rede über die Gegenstände.
Das ist mir ganz, ganz wichtig, weil ich das in Bezug auf alles vor 1500 für
den einzig sinnvollen Ansatz halte. Für Spielzenen kann man das mal aufbrechen,
aber diese Spielzenen machen wir dann auch so, dass ein Moderator dabei ist
und das Ganze einordnet.
Leo Schwarz
Ich wollte eigentlich nicht zu theoretisch werden, aber in der Theorie der Geschichtswissenschaft
gibt's auch so ein Motiv, das gibt's bei Dreußen zum Beispiel und auch beim
Philosophen Collingwood.
Da geht's dann aber schon irgendwie so um so eine Art von Einfühlung in einem
bestimmten wissenschaftlich reflektierten Sinne,
irgendwie versucht, den subjektiven Sinn der damals Handelnden doch irgendwie
nachzuvollziehen, irgendwie doch zu versuchen, zumindest in einer eingeschränkten
Art und Weise, irgendwie einen Nachvollzug zu leisten.
Siehst du daran irgendeinen Wert oder würdest du das ganz von dir weisen?
Eine Art von historischer Empathie sozusagen, ja?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ja, genau den Begriff kenne ich auch, den benutze ich sogar,
weil manchmal liest man dann Dinge und dann kommt der Gedanke,
ja, ist ja eigentlich völlig logisch.
Hätte ich mir auch denken können. Also es gibt da so diese historische Nachvollziehbarkeit,
weil man bildet ja gerade den Bereich nicht so...
Also die Expertise auf einem bestimmten Gebiet, das ist ja bei den meisten Fachhistorikern
noch viel, viel schlimmer ausgeprägt, weil ich ja sehr breit,
aber nicht so wahnsinnig tief gehe, aber ich habe jetzt zum Beispiel einen Bekannten,
Der ist auch YouTuber, der hat über die Kreuzzüge promoviert.
Und natürlich ist der in dem Thema wahnsinnig tief drin. Der kommt da,
an der Quelle wird das und das genannt und so weiter. Und wenn der jetzt eine
neue Quelle zu den Kreuzrettern, gerade Templarorden, findet,
ja, dann ist das in seinem kompletten Wissenswolke.
Natürlich ist da eine gewisse Empathie. Natürlich kann der sagen,
ja, das ist total nachvollziehbar zu dem, was ich mir so habe.
Deswegen, ja, diese Empathie, die gibt es durchaus.
Gleichzeitig will ich sie immer nicht zulassen, weil es genauso oft die Dinge
gibt, wo ich denke, Weißt, was haben die gemacht? Oh, überraschend.
Ich kann es nachvollziehen.
Ich versuche mich davon frei zu machen. Kann ich natürlich nicht. Überhaupt nicht.
Jan Wetzel
Dann kommen wir nochmal tatsächlich so ein bisschen zu der Wissenschaft und
der Rolle. In welcher Form hast du Direktkontakt?
Also du hast eingangs gesagt, das Geschichtsfenster ist sozusagen eher in der
pädagogischen Vermittlung natürlich eben sozusagen weniger an Wissenschaftler.
Aber suchst du sozusagen da auch den Kontakt oder wie stellt sich da dieses
Verhältnis eigentlich dar?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ja zum einen haben wir eben in der Szene, in der ich mich so bewege, auch Wissenschaftler.
Da haben wir auch Leute, die eben im wissenschaftlichen Betrieb sind.
Jan Wetzel
Sind das wenige oder gibt es da schon so einen Stamm, wo man weiß,
okay, so ein paar sind eigentlich immer dabei?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ja, es sind schon ein paar Dutzend, so auf die Szene verteilt sind tatsächlich schon nicht wenige.
Und von denen kommen natürlich Impulse aus der Wissenschaft zu uns.
Andererseits, gerade auch wieder ein Beispiel, hat einer seine Dissertation geschrieben.
Und ja, da stehen dann halt mehrere Leute aus der Szene unter den Dankssagungen,
weil sie eben die Bildquellen beigestört haben.
Ich habe mich zum Beispiel aufmerksam gemacht auf eine Bildquelle oder auf eine
Grabplatte aus Marburg, die eine bestimmte bildliche Botschaft enthält,
das ist dann auch reingeflossen.
Und davon gab es schon ein paar, also ich tatsächlich, so in vier,
fünf, sechs wissenschaftlichen Publikationen stehe ich irgendwo unter den Danksagen
oder in der Fußnote als Beitrag.
Und das ist so das Typische, dass dann die Szene als Ganzes da nochmal,
das ganze Beruf, ganz abgesehen davon, dass die, viele von diesen Leuten vielleicht
diesen Weg gar nicht gegangen wären ohne das Hobby, oder dieses spezielle Thema
gar nicht gewählt hätten ohne das Hobby.
Also da gibt es schon eine deutliche gegenseitige Befruchtung.
Bei mir persönlich war das lange so, dass ich wenig direkten Kontakt mit der Fachwelt hatte.
Was sich jetzt aber gerade ein bisschen ändert, weil eben auch Leute,
ihr zum Beispiel, auf mich aufmerksam werdet.
Und dementsprechend kommen eben jetzt so Kooperationen wie, dass ich in Studienseminaren
als Gast eingeladen bin.
Jan Wetzel
Jetzt hast du gesagt, in den Dissertationen zum Beispiel oder so, da ist der Übergang da.
Kannst du dir auch vorstellen, dass das, also wir hatten das eben schon bei
dieser experimentellen Forschung, die aber dann in der Archäologie ist,
dass da auch in Zukunft vielleicht sogar Kooperationen oder so entstehen können?
Weil ich denke manchmal so gerade diese Frage, wie plausibel sind zum Beispiel
bestimmte Verständnisse von dem,
wie das Leben damals war und wie kann man sozusagen eine wissenschaftliche Analyse damit machen,
muss man natürlich eben solche experimentellen Methoden auch anwenden und dann
auch das Wissen natürlich von zum Beispiel solchen Szenen verwenden,
aber es ist eben dann doch eine ganz andere Welt, sodass das glaube ich für
Wissenschaft schwierig ist.
Gerade wenn sie aus so einer Richtung kommt, man kennt die Bildquellen oder
man kennt vor allem die Textquellen etc. und ist da auf sicherem Boden,
was man natürlich bei anderen Methoden nicht so wäre.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Frage ist man auf sicherem Boden oder ist man nur auf seinem speziellen Gebiet
auf sicherem Boden? Weil ein gutes Beispiel, das ist jetzt so die anerkannte
Ding im Köpfen im Mittelalter, die Bauern haben im Großen und Ganzen Prei gegessen.
Ja, das ist jetzt so, das ist jetzt eine ganz große Bandbreite,
weil in den Quellen steht Mus.
Mus bedeutet nicht Prei. Mus ist eine viel größere Bandbreite an Dingen.
Und wenn wir jetzt zum Beispiel mal, nehmen wir mal ein Beispiel äthiopische Küche.
Das ist so, man geht ins Restaurant und dann kriegt man eben so Brei,
Getreidebrei mit ganz vielen leckeren Soßen und ganz vielen leckeren Beilagen.
Ja, das ist Mus. Das ist Mus-Essen. Das heißt nicht, in dieser Quelle steht
nirgendwo, dass die Bauern dünnen Haferbrei gegessen haben?
Und ständig unterhalb ihrer Grundversorgung waren, weil das ist ja nicht der
Fall. Wir reden ja im Mittelalter von einer massiven Bevölkerungswachstum und
von einer eigentlich, abgesehen von Katastrophen, ziemlich guten Versorgung.
Und entschuldigen Sie, so ein Bauer, der auf dem Acker arbeitet,
so der jetzt wirklich der ganz klassische, der Klischee-Bauer,
der verbraucht nicht, wie wir heute, um die 2000 Kilokalorien am Tag.
Der braucht an einem guten Tag das Doppelte.
Und stellt euch mal vor mit 4000 Kilokalorien über Haferbrei in den Magen zu
bringen. Das funktioniert einfach nicht.
Und da ist eine ganz grundsätzliche Missverständnis und da das ja bis auf ein
paar wenige Ausnahmen. Da gibt es natürlich Ernährungswissenschaftler und Historiker,
die speziell auf das Thema Ernährung versteift haben. Die wissen das alles,
da rennt man damit nichts ein.
Aber jetzt der ganz normale Schrifthistoriker, der seine Schriftquellen auswertet,
sagen wir zum zum Thema Rechtshandlung im späten 15. Jahrhundert.
Ja, und der hat dann irgendwo etwas über Moose, liest vom Moose und dann kommt
in seinem Kopf der Bauer, der da mit dem Löffel aus der Schale traurig seine Hafersuppe isst.
Und dann ist das das Bild, das ist tatsächlich so, auch bei vielen Fachhistorikern
sind das so Affekte, die nicht rauszukriegen sind. Dazu gehört auch,
dass der Ritter in seiner Rüstung nicht wieder aufstehen kann.
Dazu gehören die dreckigen, überall und immer dreckigen Straßen.
Der Nachttopf, der aus dem Fenster geschüttet wird.
Das sind so die ganz, ganz typischen Dinge, die auch bei Leuten,
die als Fachleute auf ihrem Gebiet gelten müssen, in den Köpfen sind,
außer es ist wirklich genau das hier Fachgebiet.
Jemand, der sich Medizin im Rhythmus auskennt, der wird nichts erzählen vom
Nachttopf auf die Straße. Der kann dann die Gegenargumente aufführen.
Aber genau diese grundsätzlichen Affekte sehe ich auch in der akademischen Welt
sehr, sehr häufig, weil der Historiker nun mal kein Hans Dampf in allen Gassen
ist. der ist ja tatsächlich in der Regel Spezialist.
Jan Wetzel
Ich glaube, die besten Erkenntnisse kommen eigentlich, wenn man eben aus den,
also da sind wahrscheinlich in den historischen Wissenschaften genau diese Textquellen,
wie du sagst, irgendwie so immer noch dieses Nonplusultra.
Ich glaube, in der Archäologie hat sich auch schon viel geändert durch die Botanik,
also die Zusammenarbeit mit der Botanik, sodass man plötzlich eben weiß,
was haben die Leute eigentlich gegessen, wie sah der Speiseplan aus.
Und schon dadurch, also weil man eben nicht nur die Tonscherben mehr hat,
sondern jetzt auch weiß, was haben die gegessen, damit ändert sich ja schon vollkommen das Bild.
Von daher ist dann eigentlich eher die Kooperation auch eben zum Beispiel mit
der Biologie oder anderen Fächern. Das scheint aber insgesamt,
ich bin jetzt natürlich auch selber nicht im Fachdiskurs, aber in der Soziologie
sehe ich das zum Beispiel überhaupt gar nicht.
Es gibt natürlich überhaupt nur wenige, die historisch forschen.
Aber dann noch sich so was zu denken mit Medizin oder Biologie oder so zu prüfen,
ist die Vorstellung, die wir haben, den Text schreiben, ist die plausibel überhaupt,
wenn wir es mal biologisch abklären, das findet eigentlich fast gar nicht statt, also das ähm.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Das ist ja mein Alltag, ich treffe ja die Leute, die zu mir als Besucher kommen,
die kommen ja wirklich mit dem Standardwissen und ich hab damit einen großen
Vorteil, weil ich kann ihnen komplett neue Dinge erzählen, egal auf welchem
Thema, ich kann ihnen komplett neue Dinge erzählen, die sie überraschen,
das fesselt sie, das ist das, was sie interessiert.
Aber ich sehe halt, woher sie kommen.
Vor Corona hatte ich eine Gruppe Krankenschwestern. Und dann ziehe ich halt
mein Wundarzneibuch aus meinem
Stapel und zeige ihnen, was war das Wissen eines Wundarztes um 1500.
Und es waren eben klinische Krankenschwestern, die haben Bauklötze gestaunt,
wie nah das teilweise in ihrem Alltag dran ist und wie clever da Ideen waren.
Also der Bruchverband ist herausragend gut in diesem Buch.
Gleichzeitig wird deutlich geschrieben, nein, beim Kauterisieren wird kein glühendes
Eisen verwendet, weil es richtet viel mehr Schaden an. Das es gerade mal so
heißt, dass es Eiweiß zum Gerinnen bringt im Blut.
Und da konnte ich dann wirklich... Die waren Fachleute für moderne Medizin.
Und dann kann ich sagen, hier, schaut mal, das ist das, was tatsächlich in den Quellen steht.
Und das ist halt vollkommen anders, als das, was so in den Köpfen drin ist.
Drin ist, weil es ist ja nirgendwo primitiv.
Wir reden ja nicht von der Steinzeit, wir reden vom Mittelalter.
Jan Wetzel
Ja, selbst für die Steinzeit kann man sich fragen, wie Menschen dauerhaft Methoden
anwenden würden, wo sie wirklich merken, sie verletzen sich gegenseitig und
so weiter. Das ist natürlich nicht besonders plausibel eigentlich.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Wenn wir in die Jungsteinzeit gehen, dann finden wir schon erstaunliche Bauten.
Also bei Steinzeit sitzen, das ist das beste Beispiel. Steinzeit und in den
Köpfen, inklusive meinen, kommt jetzt die Höhle mit den Höhlenmenschen.
Das ist nicht die Steinzeit. Wir reden da in weiten Teilen von Häusern,
von Viehhaltung, also da gibt's
ja die neolithische Revolution mit der Sessaf-Werbung und solche Dinge.
Das ist in den Köpfen nur am Rand drin. Und wenn ich Steinzeit sage,
dann kommt in den Köpfen der Fell behangene Urmensch.
Dass wir aber vom Homo Sapiens in Häusern mit Viehhaltung reden,
das ist halt auch die Steinzeit.
Jan Wetzel
Bei mir hat sich so, was das angeht, so verhakt im Gehirn aus dem Archäologischen Museum in Halle,
hatten die da, also das war auch so eine Tafel, aber die hatten dort eben auch
Knochen gefunden von schwerbehinderten Kindern, die mit fünf,
sechs Jahren gestorben sind.
Was aber nur möglich sein kann, wenn sie eine sehr intensive stundenlange Pflege
jeden Tag erhalten haben.
Und das heißt, daraus kann man schließen, dass eben auch da die,
ja, diese Gemeinschaften das entschieden haben, da eine wesentliche Zeit auf
die Pflege dieser Kinder zu verwenden.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Gibt es eine englische Historikerin, die wurde gefragt nach dem ältesten Beispiel für Kultur.
Und es war, glaube ich, ich bin mir jetzt nicht ganz sicher,
ich glaube, es war ein Oberschenkelknochen mit einem Verhaltenbruch.
Weil dieser Bruch wäre nicht verheilt, wenn der auf ASI alleine gestellt wäre,
sondern die Gruppe hat ihn gepflegt, er konnte gesunden und sagt, da fängt Kultur an.
Und das Bild ist ganz viel lahm, gerade bei dem Beispiel von dir wäre jetzt,
ja der ist behindert, der ist zu schwach, der wird ausgesetzt. Nie.
Jan Wetzel
Genau das ist halt dieses ökonomistische bild früher war noch nicht so viel
wohlstand und deswegen hatten die menschen die waren eigentlich fast noch tiere
die sozusagen kein luxus kann etc und deswegen hätten die sich das nicht leisten
können aber es ist eben eine falsche vorstellung.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Die mittelalter wird ja auch empathie fast völlig abgesprochen es gibt ja es
gibt ja also es ist jetzt jetzt nicht so eine ausnahme erscheinen aber zum beispiel
dass es liebe als gefühl im mittelalter so nicht gab.
Und auch Kinderliebe so nicht gab, das findet man in Fachbüchern.
Jan Wetzel
Habe ich auch im Studium so gelernt, ja.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ja, ich finde es eine ganz furchtbare Vorstellung. Und vor allem,
wir haben zum Glück genug Gegenquellen.
Also wir haben Leute, die bitter trauern, weil ihre Kinder sterben.
Selbst wenn sie 15 Kinder haben, eins davon stirbt und die trauern darum.
Und die Vorstellung ist eine tausend Jahre. Die Menschen, die nicht dazu in
der Lage waren, Gefühle zu...
Wer kommt auf sowas? Ernsthaft. Sowas muss aus den Köpfen ganz, ganz dringend weg.
Ja, ich mir auch, aber das ist jetzt zum Beispiel was da, das ist ja mein Problem,
wenn ich ein Video vorbereite.
Das klingt jetzt so selbstherrlich, aber ich weiß das, was ich im Video sage,
eigentlich vorher schon ganz gut.
Und dann fange ich an, es zu prüfen. Und das ist dann die Arbeit.
Das ist so, ihr kennt es vielleicht auch, ihr schreibt eine Hausarbeit,
habt so die Grundzüge innerhalb kürzester Zeit niedergeschrieben und dann sagt,
gut, jetzt muss ich die Quellen dafür finden.
Das wird lustig, wo hab ich das nochmal her?
Und ja, bei Kindern ist das tatsächlich so, ich würde auch gerne was über Kinder
im Mittelalter machen, Kindheit im Mittelalter ist ein tolles Thema,
aber auch die schrauben halt in vielen Bereichen an den Quellen vorbei,
weil das sind so Alltagsdinge.
Kann wieder über Bilder arbeiten, es gibt auch aus dem 15. Jahrhundert ein Lehrbuch
für Kindererziehung, das Regiment der jungen Kinder, damit kann ich arbeiten,
aber sowas, ich schieb's ein bisschen vor mir her, weil das wird Arbeit werden.
Jan Wetzel
Wir haben in der Vorbesprechung schon so ein bisschen darüber gesprochen,
dass es natürlich auch die akademische Wissenschaft gibt, die sich seit einigen
Jahren auch zum Teil unter politischem Druck ja eigentlich mehr dazu verpflichten
soll, auch selber Wissenschaftskommunikation zu machen an die Öffentlichkeit.
Also was früher, glaube ich, nicht so das Thema war. Da musste sich so ein alter
Professor nicht wirklich damit auseinandersetzen. Das hat sich geändert.
Gleichzeitig ist es insgesamt doch noch überschaubar.
Es gibt zwar, ich weiß natürlich nicht wie viele, aber doch einige tausend Leute
in Deutschland, die da zu forschen.
Es gibt viele Institute, die auch für sowas Budgets haben, aber die schon die Tatsache,
dass du sozusagen mit deinem Kanal und du machst das ja eben auch noch nicht seit zehn Jahren,
sondern erst seit zwei Jahren sozusagen, da in so eine Lücke reingehst,
ist ja, zeigt ja so ein bisschen, dass da ein Bedarf dafür da ist,
zum Beispiel dann die akademische Wissenschaft, beziehungsweise die Wissenschaftskommunikation
in diesem Umfeld, das nicht so gemacht hat.
Was ist so dein Eindruck? Gibt es da Ausnahmen und was sind vielleicht auch
die Gründe dafür, dass das doch schwierig ist und dass das dann am Ende so jemand
wie du machen muss, sozusagen?
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Es kann ein paar Praxisbeispiele geben, also es ist so, nehmen wir Museen,
zum Beispiel das Germanische Nationalmuseum, eins meiner Lieblingsmuseen,
die haben einen YouTube-Kanal.
Der macht richtig gute Inhalte, gar keine Frage. Und bevor ich jetzt was Falsches
sage, ich gucke sogar kurz.
Also da wird auch Geld in die Hand genommen. Das sind gut gemachte Inhalte,
aber der hat Stand heute 607 Abonnenten.
Ich hoffe nach diesem Podcast ein paar mehr, das würde mich freuen. Schaffen wir.
Jan Wetzel
Aber 607!
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ich glaube das Hanse Museum in Lübeck hat auch einen Kanal, die sind ähnlich.
Das einzige Museum, das mir jetzt schlagartig einfällt, das wirklich erfolgreich
ist, ist das Deutsche Panzermuseum.
Die sehr gute Inhalte machen, wirklich, wirklich gut. Toll, ganz tolle Medienarbeit.
Solche Projekte gehen einfach an der Wirklichkeit vorbei. Ich kann es nur vermuten,
ich habe da keine Einblicke, ich mutmaße, dass die Geld in die Hand nehmen,
Gute Inhalte produzieren und glauben, mit den guten Inhalten kriegen sie Publikum
und so funktionieren soziale Medien nicht, sonst gäbe es kein TikTok.
Ich bin nicht groß geworden, weil ich gute Videos mache.
Ich bin groß geworden, weil ich mich vernetzt habe, weil ich Kooperationen gemacht
habe, weil andere Kanäle mich unterstützt haben.
Also einer der größten, ähm, einer der größten Zuwächse waren,
als eben dieses Terra X-Video, äh, rauskam und dann eben auch so aus dem ...
Durchaus im Bereich der Medienkritik, der Aufmerksamkeit war.
Und dann andere Kanäle mich gebracht haben, sehr großer Kanal.
Ähm, also das sind die Dinge, die mich letztlich groß machen. Ich, also ...
Es ist nicht so, die Idee, ja, YouTuber, Selfmademan, hab ich selbst gemacht,
null. Gar nicht, ich mach die Videos.
Aber groß werden so Sachen eben durch Kooperation und da bin ich auch völlig
verständnislos, weil zum Beispiel das germanische Nationalmuseum,
ich habe schon zweimal mit meinen Besuchern Museumsbesuche gemacht.
Ich habe sie eingeladen, kommt mit, wir gehen zusammen ins Museum,
das ist mir auch ganz wichtig und dann habe ich vorher das Museum angeschrieben und gesagt,
ja, ich komme da mit Leuten und würde vielleicht auch gerne einen Beitrag machen
und vielleicht auch die Kamera mitnehmen und ja, ich habe nicht mal eine Antwort bekommen.
Obwohl die eine Social-Media-Beauftragten haben.
Und so wird das nicht funktionieren. Wenn ich als Museum Social-Media-Wissenschaftsvermittlung
machen möchte, dann muss ich das anders aufziehen. Da muss ich mich vernetzen,
da muss ich Kooperationen machen und...
Ich hab auch schon zu anderen Leuten gesagt, die Reichweite,
die ich habe, die will ich gerne nutzen.
Gar nicht jetzt so im Sinne von, mich dafür teuer bezahlen lassen,
sondern tatsächlich, ich habe über 50.000 Abonnenten auf YouTube und hab wie
gesagt eine durchschnittliche Zuschauerzahl von 20.000.
Das ist für den Bereich Kultur unfassbar viel und wenn dann eben Ausstellungen,
wenn ich eine Ausstellung bewerben kann oder dann auch einen Film dazu mache oder solche Dinge,
Das hat einen Werbeeffekt und den nicht zu nutzen und ich bin ja nicht der Einzige,
es gibt ja noch ganz andere Kanäle, es gibt ja auch tatsächlich viel größere
Kanäle und warum die halt nicht irgendwie jetzt so MrWissen2go,
Mirko Trotschmann, das wäre doch das Erste, was ich tun würde,
wenn ich jetzt ein entsprechendes Museum wäre, dann würde ich den doch holen
und sagen, du, lass uns doch was zusammen machen, film doch mal bei uns,
wir haben schöne Stücke, wir erzählen dir was, ist mir ein Rätsel.
Und solange das nicht passiert, werden solche Projekte auch nicht erfolgreich
sein. Und das sehe ich leider auf ganz, ganz vielen Bereichen.
Da gibt es unfassbar interessante mediale Projekte, auch von Universitäten,
die letztlich unter völligem Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.
Jan Wetzel
Liegt das auch sozusagen an der Personalstruktur, dass sozusagen eher der Anspruch
da so eine Professionalisierung ist,
die aber genau auf dieses, dass man sich da auch einlassen muss auf so eine Welt,
Vielleicht auch eben auf YouTuber, die vielleicht erst mal keine Profis sind,
aber die sozusagen Teil eben dieser, dieses Netzwerk sozusagen sind,
was dann, was dann, ja, also wo gar kein so ein Verständnis dafür da ist,
wie die, wie das funktioniert.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Das Netzwerk ist ganz wichtig. Im Grunde muss man auch sagen,
10 YouTuber mit 5000 Zuschauern sind unter Umständen wertvoller als einer mit
50.000, weil das sind ja Netzwerke, die Zuschauer sind Netzwerke.
Ich merke das ja, wie ich von meinen eigenen Zuschauern in ein Netzwerk mit
anderen Content-Creatorn eingebunden wurde, mit denen ich teilweise inzwischen
befreundet bin, aber die ich über meine Zuschauer kennengelernt habe.
Und dieses Netzwerken im wahrsten Sinn des Wortes, und ich weiß,
ich habe auch da keinen Einblick darin, wie das funktioniert.
Ich weiß, dass es Museen gibt, die haben eben ihre Social-Media-Beauftragten.
Ob das jetzt Historiker sind oder sonstige Fachwissenschaftler,
die dann diese Stelle besetzt haben, oder ob die aus dem Bereich kommen,
kann ich nicht sagen. Ich persönlich würde da ja jemanden reinsetzen,
der Einblicke in Marketing hat.
Oder zumindest vielleicht würde ich auch zwei Leute einsetzen. Keine Ahnung?
Bei den Verlagen ist es zum Teil ähnlich, da habe ich auf der Buchmesse die
spannende Erfahrung gemacht,
dass die plötzlich sehr sehr freundlich geworden sind, nachdem die,
also ich konnte immer genau sehen, wer ist die Social Media Beauftragte an dem Stand,
das war nämlich die, die gehört hat, ich komme vom Geschichtsfenster,
das Handy gezückt hat und getippt hat und nachdem sie getippt hat,
wurden sie auf einmal sehr sehr freundlich und ich habe bekommen,
was ich nur wollte, so an Interviewpartner und ähnlichem, weil die gesehen haben,
ich weiß nicht wie viele es auf der Buchmesse waren, sagen wir 30.000, oha, 30.000.
Und auch die Verlage haben genauso große Youtube-Kanäle wie die Museen,
da ist 500 schon ne Grenze.
Und da kann ich einfach sagen, praktisch, liebe Leute, was ihr gerade versucht, funktioniert nicht.
Andererseits, das hab ich eben mit einem, an der einen Uni an der ich bin,
der Dozent hat das, mit dem hab ich wieder länger unterhalten, das war ganz spannend,
so seine Einblicke, weil er sagt er könnte sich
vorstellen dass so sich die ganzen dozenten bald warm anziehen müssen weil wenn
man den modularen das modulare geschichtsstudium weiter denkt dann ist es halt
irgendwann so dass man die vorlesung halt genauso gut in in in oxford hören kann wie in berlin.
Und sich dann daher den Schein abstempeln lässt und dann werden auf einmal Dozenten
im Konkurrenzkampf sein, weil die, die eine interessante und lebendige Vorlesung
hinbekommen, die werden dann überrannt im Internet.
Und die, die, wir kennen sie alle, die die kaum ablesen können und die eine
schlechte Vorlesung machen, ich hatte in meinem Leben ein paar schlechte Vorlesungen,
ich hatte auch sehr gute Vorlesungen.
Ja, die sehen sich dann auf einmal in einem Konkurrenzkampf ausgesetzt und das
wird die Öffentlichkeitsarbeit von Museen und auch Universitäten ganz massiv beeinflussen.
Ich glaube nicht, dass die, dass die darauf vorbereitet sind.
Leo Schwarz
Hat das auch was mit bestimmten medientypischen Formen zu tun?
Also so YouTube-Genres sind ja so ganz eigen. Also da ist das Thumbnail immer ganz entscheidend.
Erstmal, dass man überhaupt Leute zum Klicken bewegt.
Irgendwie ein etwas vielleicht einschlägigerer, reißerischer Titel,
vielleicht auch ein bisschen hilfreich.
Du machst das ja auch irgendwie relativ, sagen wir mal, in dieser Logik,
dieser Youtube-Ästhetik eben, also siehst du das auch als Erfolgsbedingung und ähm...
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ich glaube nicht, weil ich versuche mich auch zurückzuhalten.
Also manchmal hab ich auch so ein bisschen, ganz klein bisschen Clickbaiting.
Auch zum Beispiel, bei mir ist ja so, ich mach ja auch diese Reaktionsvideos
und die sind natürlich Unterhaltung. Reaktionsvideos sind reine Unterhaltung.
Ähm, aber dadurch kommen, bleiben Leute hängen. Die, mittlerweile,
das schwenkt grade um. Früher waren es mit Abstand die meistgesehenen Filme.
Und dann sind die Leute auf dem Kanal geblieben. Inzwischen laufen die Fachfilme
besser als die Reaktionen.
Ich weiß nicht, ob's daran liegt, dass sich die Reaktionen totgelaufen haben
oder die Leute, genug Leute hängen geblieben sind.
Und ich mach ja auch TikTok-Videos. Und TikTok ist ja nun wirklich so die,
steigert sich bei TikTok noch mal deutlich.
Aber das ist, wird gerade auch erstaunlich erfolgreich, also die,
ich hab da jetzt mehrere Filme, die über 100.000 Klicks bekommen haben.
Und da wurde ich auch schon gefragt, warum gehst du nur auf TikTok, das ist doch Dreck.
Hab gesagt, ja, aber wenn die Leute auf TikTok meinen, meinen 1-Minuten-Short
sehen und dann auf meinen YouTube-Kanal klicken, sich die größeren Videos angucken
und da bleiben, dann ist doch alles gewonnen.
Und deswegen darf man da halt auch meiner Meinung nach wenig Berührungsängste
haben, gerade so diese Shorts, auch wenn es natürlich so Kultur-Fastfood ist,
wenn ich mit diesem Kultur-Fastfood Leute auf den Geschmack bringe,
dann ist doch alles gut gelaufen.
Und ganz anders ist dann sogar noch Twitch. Twitch ist nochmal eine ganz andere
Hausnummer, das ist ja für Computerspielübertragung entstanden,
da gibt es aber mittlerweile auch eine kleine Kulturszene.
Wir haben sogar mittlerweile eine Gruppe gegründet, die mehrere Twitch-Streamer,
die so was machen, zusammenführt.
Ähm, und da gibt's auch so, also, ein guter Stream mit geschichtlichen Themen.
Der kann auch seine 400, 500 Leute live haben. Da gibt's sogar größere,
ich nenne mal Steinwallen.
Der macht zwar im Prinzip Computerspiele, also historische Computerspiele oft,
Der ist halt auch vom Fach, der ist auch Historiker.
Und der kann halt so quasi nebenbei noch Wissen vermitteln. Und das sind so
Dinge, die werden in Zukunft wichtig. Twitch wird wachsen, und Twitch wird auch
über seinen momentanen Gaming-Content hinauswachsen.
Und ich hab's auch am Anfang völlig unterschätzt, wie viele Leute das gucken,
weil ich immer gedacht hab, ja, ich stream da irgendwie nachmittags.
Die Leute arbeiten doch. Ja, wir reden von der Zeit des Homeoffice.
Die Leute können sowohl produktiv arbeiten als auch nebenher einen Stream laufen lassen. Und das tun die.
Und das ist Fernsehen zum Selbermachen. Die gehen dann von meinem Stream zum
nächsten Stream und anstatt vor der Klotze zu sitzen, die nebenher den ganzen Tag den Stream laufen?
Und wenn's ihn nicht interessiert, dann schalten sie innerlich ab oder den Ton
aus oder sonst irgendwas. Und das hab ich auch tatsächlich unterschätzt,
wie viele Leute da tatsächlich nebenher den ganzen Tag Twitch gucken können.
Und das sind halt Medien, auf die ich auch nicht vorbereitet war.
Also Twitch und TikTok musste ich für mich erst begreifen.
Einige Sachen hab ich noch gar nicht begriffen. Ich weiß nicht,
wie Instagram intern funktioniert.
Aber das sind halt Herausforderungen, weil diese Medien werden ja nicht abbrechen.
Wir werden in den nächsten 5 bis 10 Jahren die neue Großplattform haben,
auf die man sich dann einstellen muss.
Andere Plattformen werden wegbrechen und dementsprechend ist soziale Medien
und Wissensvermittlung ein ganz aufregendes Abenteuer.
Vor allem, wenn ich versuche nicht so wahnsinnig viel Clickbait zu machen und,
ich habe da ein schönes Gespräch mit jemanden gehabt, der ist quasi professionell
im Bereich YouTube tätig, also im Management, und der hat gesagt,
alles was du tust ist falsch.
Deine Thumbnails sind falsch, deine Titel sind falsch, die Länge deines Videos
sind falsch, ist es falsch, dass du einen direkten Frontalvortrag machst.
Eine Stunde lang hört sich kein Mensch an. Änder nichts davon,
André, alles, was du machst, ist gut, aber nach Lehrbuch ist das alles falsch. Und damit hat er recht.
Jan Wetzel
Also, wenn wir gerade Leute aus der Wissenschaft, die sozusagen ...
Also gut, das ist natürlich noch mal was anderes, wenn das dann YouTube-Leute
sind, aber wir kriegen auch immer die Frage, wer hört sich denn bitte eine Stunde lang so was an?
Und dann sagen wir, wir wissen das auch nicht 100 Prozent, wer das ist.
Das ist natürlich noch mal der Unterschied beim Podcast, dass dieser Community-Aspekt nicht da ist.
Zumindest von Spotify sehen wir auch so und so viel Prozent bleiben dran,
so das heißt, wir wissen das, dass es gehört wird und ja, das kann man manchen
Leuten nicht so richtig begreifbar machen manchmal.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ich kann es sogar genau sagen, eine Stunde ist mein Sweetspot.
Ich habe kurze Videos versucht, sie sind gescheitert.
Also die, die, die, klar, die eine-Minute-Videos, super, aber wenn ich versuche,
ein 10- bis 15-Minuten-Video zu machen, es gibt aber Leute, die wünschen sich
das, aber die Zahlen sagen ganz, ganz eindeutig, nee, ich brauche eine Stunde.
Die Leute wollen sich tatsächlich zurücklehnen und wollen sich eine Stunde lang
berieseln lassen, wollen sich eine Stunde lang das anhören. Ähm... und,
Also die die die zuschauer sind ja da, bei podcast ist natürlich noch der autofahrer
dabei, der sich auf der langen fahrt den podcast in ein oder zwei häppchen anhört,
das haben wir ja immer wieder, das ist bei youtube noch ein bisschen anders.
Jan Wetzel
Oder beim joggen zum beispiel.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Ja genau, aber die die die ich hab auch ich sag auch immer noch,
ich weiß nicht wer sich einstündige youtube videos anguckt, weil ich bin es
eigentlich nicht, die sind mir zu lang, also so rein persönlich.
Aber es gibt ganz viele Leute, ganz offensichtlich, die finden es großartig
und tun es. Und auch da kann ich, ich hab ja die Kurve auf YouTube sehr genau.
Ich hab natürlich einen Verlust über die Zeit. Ich hab so die Kurve nach unten,
aber die ist vergleichsweise flach.
Also ein Drittel der Zuschauer, es ist ja so, es ist ja eigentlich immer so,
ein Drittel der Zuschauer schaltet bei mir in den ersten paar Minuten ab.
Der klickt halt drauf und sagt, nö, geht wieder.
Aber am Ende hab ich mindestens ein Drittel, eher die Hälfte der Zuschauer, die am Ende noch da sind.
Das finde ich so, das ist so was, wo ich mir auf die Schulter klopfe und sage,
irgendwas machst du richtig.
Jan Wetzel
Ja, so ein Drittel ist es tatsächlich bei uns auch. Also die Hälfte schafft
man nicht, es geht dann eher nochmal runter, aber das Drittel sehen wir oft
und da, genau, ist immer eigentlich ein gutes Gefühl.
Was ich dazu noch fragen würde, und damit können wir dann auch so langsam zum
Ende, was natürlich daran interessant ist, dass offenbar das Format zwar eine
Rolle spielt, aber es gehen ja ganz unterschiedliche Sachen.
Also du machst die Sachen in einer Minute, aber du machst eben auch die Stunde.
Darf man vielleicht gar nicht zu sehr in den Formaten denken?
Du hast ja gesagt, die zehn Minuten gingen nicht so, aber du machst ja ganz unterschiedliches.
Das heißt, es geht tatsächlich eher darum, dass man sich schon so ein bisschen
drauf einlässt, was braucht die Plattform etc.
Aber ansonsten ist es eigentlich eher das Ausprobieren und sozusagen dann doch
diese Kontakte und über das Netzwerk, was wir schon gesprochen haben,
so aufzubauen, aber gar nicht sozusagen immer nur direkt so starr über dieses Format nachzudenken.
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
Nee, es bringt auch nicht viel. Und ich glaub auch, also, wenn ich mir so mich eben angucke, ähm ...
Wie gesagt, ich mache nach Lehrbuch viel falsch. Ich bin auch zum Beispiel nicht
so wahnsinnig zufrieden mit meinen sprecherischen Qualitäten.
Ich neige dazu, schnell zu sprechen, ich nuschel gerne mal.
Ich kann herkunftsbedingt überhaupt nicht zwischen SCH und CH unterscheiden.
Was ja irgendwann in das Meme von der allmächtigen Kirsche geflossen ist,
die wir auf T-Shirts gedruckt haben.
Aber ich halte mich nicht für einen guten Sprecher. Ich glaube,
die Leute sagen, meine Stimme sei ganz angenehm so zu hören,
was auch an der Technik liegt, die ich dahinter habe.
Ich halte Qualität für wichtig, also meine Tonqualität und meine Bildqualität
habe ich mittlerweile sehr, sehr, sehr verbessert, da habe ich ganz viel Arbeit
reingesteckt und höre regelmäßig, bis sie sehr gut sei, außer ich mache was
mit Gästen, dann schaffe ich es regelmäßig, die Technik meines Gastes zu verhauen.
Also das halte ich für ganz wichtig. Was glaube ich mein Vorteil ist,
ich glaube, dass ich auf die meisten Zuschauer glaubwürdig wirke.
Ich glaube, dass die mir zumindest abnehmen, dass ich hinter dem stehe, was ich tue.
Und ich glaube das allerwichtigste, meine Begeisterungsfähigkeit,
weil ich begeister mich für diese Zeit.
Ich bin begeistert vom späten Mittelalter, ich bin begeistert von Geschichte,
ich finde es wahnsinnig interessant, ich kann mich für die Gegenstände begeistert und wenn ich,
wenn ich alte Bücher zeige, dann kriege ich dabei leuchtende Augen und ich glaube
diese leuchtenden Augen sind das, was die Leute wahrnehmen und was die Leute
dazu, dazu bringt, sich das weiter anzugucken.
Ich glaube, das ist eigentlich so eine Binsenweisheit.
Be true, sei, verstell dich nicht, sei, wer du bist.
Aber ich glaube tatsächlich, in meinem Fall ist das so, dass ich dadurch glaubwürdig und greifbar bin.
Und das ist, glaube ich, so mein Kapital.
Jan Wetzel
Ein perfektes Schlusswort. Dann, André, vielen Dank für deine Zeit und die Einblicke.
Das war sehr inspirierend.
Ich sag's nochmal, Geschichtsfenster auf YouTube, gern folgen und TikTok selber,
das bin ich ja selber gar nicht, aber auch da, wenn ihr bei TikTok seid,
natürlich auf allen Kanälen reinfolgen.
Vielleicht auch die Museen, die genannt wurden, wir verlinken das natürlich dann alles.
Ansonsten, dann bewertet uns wie immer sehr gern mit 5 Sternen erzählt in eurem
Netzwerk, sowohl online als auch offline von unserem Kanal weiter und natürlich
von Geschichtsfenster genauso.
Ansonsten hören wir uns dann bei der nächsten Folge von Das neue Berlin. Macht's gut, tschüss!
Leo Schwarz
Ciao!