Ja, absolut. Und wir übernehmen da auch Begriffe von dem amerikanischen Geografen
Matt Huber, der ein ganz spannendes Buch dazu geschrieben hat.
Der spricht von der Ökologie der Arbeiterklasse und der Ökologie der Mittelklasse.
Und das ist was, was man an der Stelle eigentlich gut beobachtet.
Also ich kann da zum Beispiel ein Zitat vorlesen aus einer der Gruppendiskussionen,
wo so eine Angehörige der so gut situierten, akademisch gebildeten Mittelklasse sagt,
also ich habe das Gefühl, in meinem Umfeld, also die Mittelschicht,
wir tun alle im Moment was und schnallen den Gürtel enger.
Leben bewusst und Verzichten bewusst.
Also mein Handy ist zum Beispiel zehn Jahre alt zum Beispiel.
Und was mich halt aufregt, ist, dass viele denken, wenn ich auf Klimaschutz
achte, dann muss ich mein Leben umkrempeln, dann geht es mir nicht mehr gut.
Dabei gibt es Verhaltensmuster, die wir mit ganz wenig Anstrengung ändern könnten.
Zum Beispiel weniger auf die Werbung hören und so weiter.
Jetzt Zitat Ende. Und was da interessant ist, ist genau diese Betonung einerseits
auf den Verzicht als was Heroisches, also was man demonstrativ tut,
das ist nicht nur was, was irgendwie im Alltag mitläuft, sondern irgendwie man
zieht daraus ein Selbstverständnis und irgendwie einen gewissen Stolz und man
redet da auch gerne darüber.
Und andererseits dieser Fokus, wir schneiden den Gürtel enger bewusst,
wir leben bewusst, wir verzichten bewusst, also dieser Fokus auf das Bewusstsein
und das ist eigentlich genau was Hubert,
Matt Hubert als diese Ökologie der Mittelklasse beschreibt, dass im Zentrum
quasi der Vorstellung der Klimapolitik individuelle Änderungen des Lebensstils,
individuelle Änderungen des Konsumverhaltens im Vordergrund stehen.
Und eine Aufklärung quasi, die kognitiv abläuft über das, was da passiert.
Also listen to the science, eine Wissenschaft, ganz wichtig,
aber auch Einsichten, andere Leute zu überzeugen, selber sich bewusst zu werden
über die eigenen Gewohnheiten und ihre ökologischen Folgen und so weiter.
Und dem steht eben das gegenüber, was Huber die Ökologie der Arbeiterklasse
nennt, da muss man dazu sagen, er zählt als Arbeiter alle, die keinen Collegeabschluss
haben in den USA, das ist natürlich ein riesiger Teil der Bevölkerung,
wo er halt im Vordergrund steht, was ich vorhin schon angesprochen hatte,
nämlich die Preise eigentlich und die Notwendigkeiten,
also wo es dann eher darum geht,
ja, was bedeutet das jetzt für mich, also komme ich dann noch zur Arbeit,
kann ich mir das noch leisten?
Und das eine Ökologie ist, die eben viel stärker andockt eigentlich an,
also die näher dran ist eigentlich auch an der Produktionssphäre kann man sagen.
Also der Frage, wie wird industriell produziert, wie wird Elektrizität produziert
und so weiter, dass das alles Fragen sind, die irgendwie näher sind.
Und sozusagen das, was auf der einen Seite dann als was Heroisches gesehen wird,
nämlich der Verzicht, ist auf der anderen Seite was total Bedrohliches.
Also man hat sowieso schon das Gefühl, dass das Leben eigentlich relativ prekär ist.
Also man kommt zwar irgendwie gut über die Runden letzten Endes jetzt in Deutschland,
aber man weiß schon, wo der Kontostand ist und ab wann es kritisch wird,
wenn dann irgendwie die Waschmaschine auch noch kaputt ist und der Sprit teurer wird und so weiter.
Also in einer anderen Fokusgruppe hatte zum Beispiel eine Teilnehmerin,
die aus der Arbeiterklasse kam,
gesagt, ja, ich stehe jetzt nicht am Abgrund, aber ich weiß, wo er ist.
Und so kann man sich vielleicht vorstellen, dass Knappheit und Prekarität vielleicht
nicht unbedingt das Leben der Leute de facto dominieren,
aber im Hintergrund doch als Realität vorhanden sind und dann halt sowas wie
Verzicht, dass das Letzte gesehen wird,
was wünschenswert wäre oder was man sich selber auferlegt.
Und im schlimmsten Fall oder irgendwie so im gesteigerten Fall sogar so verstanden
wird, naja, jetzt wollen die mir auch noch vorschreiben, jetzt wollen die mir
sozusagen auch noch die Wurst vom Brot nehmen,
wo ich sowieso schon die ganze Zeit mich am Abrackern bin und so.
Und ich glaube, das führt oft zu eigentlich so einem Konflikt,
der irgendwie eher die Form von einem Missverständnis auch teilweise hat.
Also dass auch dann in der Mittelklasse die Leute das einfach nicht so richtig
verstehen eigentlich quasi, was die Motivation ist oder das Gefühl haben,
das ist alles nur vorgeschoben eigentlich,
diese Bedenken der Leute. Die wollen sich einfach nicht verändern.
Man müsste denen jetzt mal ein Coaching geben, damit die irgendwie resilienter
mit der Transformation umgehen oder sowas.
Und das geht aber halt vollkommen vorbei an der Lebensrealität der Leute auf der anderen Seite.
Und genau sowas kann dann halt zu so einem kulturalisierten und auch moralisierten
Klassenkonflikt um die Klimafrage führen,
der im Grunde quasi am Thema vorbeigeht, weil es natürlich letzten Endes immer
noch die Mittelklasse ist, die eigentlich viel mehr Umweltschäden zu verantworten hat,
alleine schon, weil sie viel häufiger reisen, weil sie oft mehr als ein Haus
beheizen und so weiter. Also da gibt es ja Studien dazu.