Transkript von Episode 103: Wenn Dinge zu Krempel werden – mit Gabriel Yoran

ACHTUNG: Das Transkript wird automatisch durch wit.ai erstellt und aus zeitlichen Gründen NICHT korrigiert. Fehler bitten wir deshalb zu entschuldigen.


Die Zahlen auf dieser Bedienfläche sind 0, 1, 2, 5, 8, 10, 11, 13, 14, 16a.
Das ist das, was man auswählen kann. Das ergibt keinen Sinn.
Jeder, der mal gekocht hat, weiß, das hilft nicht. Und jeder,
der mal ein Rezept gelesen hat, weiß, dass da immer steht bei mittlerer Hitze,
bei hoher Hitze, bei kleiner Hitze.
So, und da habe ich gedacht, okay, das ist eindeutig schlechter als vorher.
Es hat wirklich keine Vorteile.
Hier ist das neue Berlin.
Hier ist das neue Berlin. Hallo und herzlich willkommen zur 103.
Folge von Das Neue Berlin. Mein Name ist Jan Wetzel.
Ich bin Leo Schwarz.
Und gemeinsam versuchen wir hier wie immer Gegenwart und Gesellschaft zu verstehen.
Als ich den Computer gekauft habe, mit dem wir die Sendung heute aufnehmen,
stand ich vor der Wahl MacBook Air oder MacBook Pro.
Letztlich wurde es das Pro, aber nicht nur wegen der Leistung,
sondern auch wegen der Anschlüsse. Da ist ein HDMI eingebaut,
es gibt einen SD-Kartenleser.
Bei MacBook Air braucht man dafür einen dieser schrecklichen Adapter,
den man dann immer rumschleppen muss, der abfällt und so weiter und so fort.
Früher waren solche Anschlüsse selbstverständlich. Heute verkauft Apple sie
als Pro-Features. Da kommt man sich, pun intended, veräppelt vor.
Nun kann man natürlich sagen, man muss ja nicht bei dieser Firma kaufen und
ganz falsch ist das sicherlich auch nicht.
Aber unser Gast heute sagt, dass hinter solchen Ärgernissen mit den Dingen des
Alltags sehr viel mehr steckt.
Gabriel Joran hat sich in seinem neuen Buch, gerade frisch bei Sokamp erschienen,
mit unserer zeitgenössischen Konsumkultur auseinandergesetzt.
Seine Diagnose lautet, es gibt überall immer mehr Krempel.
Mit ihm wollen wir heute also sprechen über, so lautet nämlich der Titel seines
Buches, die Verkrempelung der Welt. Hallo Gabriel.
Hallo.
Schön, dass du da bist. Was verstehst du denn unter Krempel und Verkrempelung?
Die kürzeste Definition wäre vermutlich, Krempel sind Dinge,
die schlechter sind, als sie sein müssten oder die,
in denen Probleme neu auftauchen, die wir eigentlich schon mal gelöst hatten.
Ich habe diesen Begriff benutzt, auch um so Hightech und elektronische Dinge zu beschreiben,
auch so ein bisschen sie zu verspotten, weil die Dinge sich meist sehr,
sehr ernst nehmen und sehr dolle wollen, dass man sich mit ihnen befasst.
Und in Wirklichkeit ist das oft leider ziemlicher Quatsch.
Dass das MacBook Air oder die Apple-Produktstrategie passt also in solche Tendenzen?
Ja, also was Apple angeht, ist natürlich eine sehr, sehr ambivalente Geschichte,
weil wir, also ihr ja wahrscheinlich auch, hängen an den Apple-Produkten fest, weil wir so in dieses...
Leo, nicht so, kann ich vielleicht dazu sagen.
Ich habe die immer boykottiert, deshalb ist es für mich jetzt eher anstrengend,
mich da in die Oberfläche immer einzuarbeiten.
Ja, auch das ist natürlich auch ein bewusstes Verhalten, das zu boykottieren.
Man kann nicht einfach sagen, ich kaufe XY oder Z, sondern ich bin dann gezwungen,
entweder riesiger Fan von X zu sein oder X halt komplett abzulehnen.
Wo ist interessant, X gar nicht nur so als Stellvertreter für irgendwas,
sondern jetzt natürlich auch für die Social-Media-Plattform von Musk.
Nein, also tatsächlich, wir sind da so ein bisschen eingesponnen, die Apple-Nutzer,
weil wir einerseits die Vorzüge genießen wollen, in so einem Ökosystem drin
zu sein, in dem die Dinge mehr oder weniger gut miteinander funktionieren.
Andererseits haben wir dadurch natürlich sehr viel weniger Auswahl und wenn
uns irgendwas nicht passt, können wir nicht sagen, dann kaufe ich halt was anderes,
sondern dann müssen wir warten, bis bei dieser Firma dann irgendwie Einsicht eintritt.
Also wir hatten diese Phänomene ja öfter, nicht nur mit den verschwundenen Anschlüssen,
die jetzt langsam wiederkommen, auch mit Tastaturen in Laptops,
die irgendwann so dünn wurden, so wenig Hub hatten,
dass sie mit Staubkörnern quasi oder Haaren außer Gefecht gesetzt werden konnten.
Und da erkennt man, das ist ein ganz gutes Beispiel für Verkrempelung,
weil mit dieser extremen Dünnheit von Laptops, die so bis vor ein paar Jahren
bei Apple immer weiter vorangetrieben wurde, ja eigentlich gar kein richtiges
Problem gelöst wurde und dafür ein Haufen neuer Probleme entstanden ist.
Also es war ein absurder Wettbewerb.
Wie dünn können wir einen Laptop machen? Und das war, als das MacBook Air rauskam,
das erste, ich glaube es war 2009 oder so, war es wirklich sensationell,
weil es in so einen Briefumschlag gepasst hat.
Und es hatte wahnsinnig viele Kompromisse damals, einen kleinen Bildschirm und
schlechte Leistungen und alles. Aber mittlerweile...
Ist das ja eigentlich Standard. Sehr dünne Laptops, die sehr viel Leistung bringen.
Und man müsste die Aufmerksamkeit halt auf andere Dinge richten,
als auf die Dicke von diesen Geräten.
Und das hat halt eine ganze Weile gedauert, bis sie gemerkt haben,
dass sie da auf einem Irrweg sind und dass der Wettbewerb anderswo ausgetragen
werden muss als an diesem eigentlich sinnlosen Kriterium.
Wenn man einen Laptop hat, der eh nur noch irgendwie einen Zentimeter oder weniger
als einen Zentimeter dick ist,
dann gewinnt man nicht mehr viel, wenn man einen Millimeter spart und man verliert
sehr viel an Robustheit, an Verlässlichkeit, auch an Akkulaufzeit und so weiter.
Jetzt sind wir mit dem Beispiel schon eingestiegen. Ich habe gesagt,
dass du aber eben eine allgemeine Tendenz siehst.
Wie bist du denn zu dem Thema gekommen?
Auf welche Weise hat sich das so verdichtet und ist dann in diesem Buch gelandet?
Also das Problem beschäftigt mich schon sehr lange, also bestimmt zehn Jahre,
aber immer so ein bisschen unter der Oberfläche, weil ich mich sehr schwer damit eigentlich tue,
so Produktentwicklungen zu kritisieren.
Weil ich immer den Eindruck habe, ich setze halt das, was ich Mitte 20,
Mitte 30 kennengelernt habe,
als gegeben und richtig und alles, was dann über die Jahre anfängt, davon abzuweichen,
finde ich dann schlechter.
Und ich wollte eigentlich vermeiden, dass mir das passiert und dass ich so ein
Jammertyp werde, der dann, früher war alles besser, sagt.
Und ich erinnere mich daran, wie ich 2015, als das tatsächlich auch mit den
MacBook Pros da losging,
dass die Taturen so waren, die nicht dünn wurden und dass sie dann die Funktionstastenleiste
eingespart haben zugunsten von so einer Wischleiste, so einer touchempfindlichen
Wischleiste mit einem Display drin.
Und ich habe dieses Gerät damals gekauft und habe es dann zurückgegeben einen
Tag später, Weil ich das absolut entsetzlich fand, wenn man die Finger nicht
mehr einfach blind auf die Tastatur legen konnte, weil man einfach willkürlich
irgendwas gedrückt hat.
Und ich habe das Gerät gar nicht richtig in Betrieb bekommen,
wie ich dann nach einer Weile gemerkt habe, weil mein kleiner Finger in der
rechten oberen Ecke von dieser Leiste liegt, wo er einfach natürlicherweise irgendwie liegt.
Und damit habe ich die ganze Zeit irgendwie Escape gedrückt oder so und damit
hat es die ganze Zeit doch, doch, doch, doch, doch, doch, doch gemacht,
das Gerät, hat gar nichts mehr gemacht.
Also das war mir so unfassbar unbegreiflich, wie das passieren konnte und dann
habe ich meine Beschwerde dadurch dafür aufgeschrieben und habe dann,
glaube ich, von Sascha Lobo Ärger bekommen online dafür, von wegen,
ja, jetzt bin ich auch einer von diesen alten Männern, die nicht mehr klarkommen mit dem Fortschritt.
Und da habe ich mir gedacht, hat er recht? Kann das sein?
Also ist diese Wischleiste vielleicht in Wirklichkeit total toll und ich sehe es nur nicht?
Und so, und es häuften sich diese Phänomene. Und ich habe mich nicht getraut,
darüber zu sprechen, weil ich wollte nicht der sein, der sagt,
das ist doch jetzt definitiv schlechter als vorher.
Das kann doch jetzt nicht sein. Dann bin ich eine Weile mit Carsharing-Autos
rumgefahren, DriveNow und Car2Go und diese ganzen Anbieter.
Die ist ja eine Weile in Berlin, wo es ja einen richtig krassen Boom gab und
man eine riesige Auswahl hatte und dadurch halt auch die Gelegenheit hatte,
sehr viele verschiedene Ansätze von,
wie gestaltet man eigentlich einen Fahrzeuginnenraum kennenzulernen.
Und auch da war das so, wo ich teilweise dachte, oh, das ist eine gute Idee, das finde ich toll.
Und oft dachte ich, das ergibt alles gar keinen Sinn, warum ist das so?
Und das ist fast zum Überlaufen gebracht, hat dann vor ein paar Jahren ein neuer Herd.
Das war ein Umzug und nach dem Umzug hatten wir einen Herd mit einer,
also einen Induktionsherd,
mit einem Glaskochfeld und ohne die, wie ich mittlerweile weiß,
Knebel genannten Drehstelle, mit dem man die Temperatur einstellt.
Und stattdessen hatte das Ding auf der Glasoberfläche eine Touch-Bedienung,
mit der man die Temperatur einstellen konnte.
So, und diese Touch-Bedienung ist unmittelbar neben den heißen Töpfen und Pfannen,
denn die Töpfe werden immer noch heiß bei der Induktion, ja,
nur die Platte bleibt kalt.
Die Töpfe werden immer noch heiß und diese Touch-Oberfläche ist empfindlich gegen Wasser.
Also wenn Wasser draufkommt und wer hätte das ahnen können, dass Wasser bei
einem Herd irgendwie auftauchen könnte.
Also wenn das passiert, dann schaltet sich das komplett ab. Also alle Kochfelder
gehen aus und dieses Control geht aus, dass man separat einschalten muss.
Also man kann nicht einfach sagen, ich möchte rechts oben anmachen.
Nein, man muss erst mal den ganzen Apparat einschalten.
Das machst du, indem du einen Knopf gedrückt hältst.
Dann piepst es irgendwann, dann ist es an. Dann kannst du die Temperatur einstellen.
Die Temperatur stellst du auch nicht ein, indem du die Controls auf 1 bis 12
oder 1 bis 9 oder sowas stellst.
Die gibt es dann nicht. Die Zahlen auf dieser Bedienfläche sind gucke ich es
zusammen, kriege 0, 1, 2, 5, 8, 10, 11,
13, 14, 16a.
Das ist das, was man auswählen kann. Das ergibt keinen Sinn.
Jeder, der mal gekocht hat, weiß, das hilft nicht. Und jeder,
der mal ein Rezept gelesen hat, weiß, dass da immer steht bei mittlerer Hitze,
bei hoher Hitze, bei kleiner Hitze. Was anderes gibt es gar nicht.
Und es ist auch keine Fibonacci-Folge oder sowas und es sind auch keine Primzahlen.
Ich weiß nicht genau, was es ist.
Ich habe mich auch geweigert, mich damit zu befassen, weil das so offensichtlicher Quatsch ist.
So, und da habe ich gedacht, okay, das ist eindeutig schlechter als vorher.
Es hat wirklich keine Vorteile.
Und dann habe ich geguckt, okay, wie der Hersteller das auslobt, dieses Feature.
Und tatsächlich tut er das, nämlich als ein Designmerkmal, das Weglassen der Knöpfe.
Es ist jetzt also quasi schöner als vorher und es ist leichter zu reinigen.
Den letzten Punkt kann ich Ihnen zugestehen, das ist richtig.
Allerdings muss man auch sagen, das Reinigen von Knebeln am Herd war eigentlich
nie so ein großes Problem.
Es gibt Dinge, die sind wirklich schwer zu reinigen, aber Drehknöpfe eigentlich nicht so wirklich.
Also das schien mir eine vorgeschobene Begründung zu sein.
Aber dann stellt sich natürlich die Frage, warum muss man da was vorschieben?
Also warum ist es überhaupt so, diese ganze Geschichte?
Und jetzt kommt dieses Ambivalente, was sich durch das ganze Verkrempelungsbuch zieht.
Der Herd ist ja nicht in jeder Hinsicht schlechter als der vorige.
Die Induktion ist ja wirklich besser als der vorige Herd.
Es lässt sich sehr fein einstellen, es reagiert unglaublich schnell,
es verbraucht viel weniger Strom und die Oberfläche der Platte wirklich hat es.
Das ist eigentlich alles super.
Also wie kann das sein, dass die Dinge gleichzeitig besser werden und schlechter?
Und an dem Punkt habe ich gedacht, okay, einerseits das ist so offensichtlich
schlechter geworden und in einer anderen Dimension so offensichtlich besser.
Und da wusste ich, okay, jetzt muss ich das, glaube ich, aufschreiben.
Da ist irgendwas da, was Interessantes im Gange.
Also du hast dich, um das zusammenzufassen, entschieden, dass du sagst,
du bist nicht der alte Mann, der nicht mehr zurechtkommt oder der nur sagt,
früher war alles besser.
Ich spreite das energisch.
Okay, das ist sozusagen die persönliche Seite.
Du machst in dem Buch aber auch eher so ein allgemeines Argument zu sagen,
man hat das auch lange, diese Konsumkritik irgendwie so ein bisschen komisch
gefunden, wenn man sich so an die 70er Jahre erinnert oder so.
Da war das ja alles noch sozusagen sagbarer.
Ist nicht so, dass man es heute nicht sagen kann, aber man wirkt auch allgemein.
Jetzt gar nicht nur, weil man alt ist und vielleicht nicht mitkommt,
sondern auch allgemein vielleicht so ein bisschen verstaubt,
wenn man so eine Konsumkritik macht.
Aber auch da sagst du, eigentlich ist das nicht gut.
Wir müssen das auch wieder lernen oder eine Sprache finden, ein Gespräch finden,
um wieder eine Art von Konsumkritik zu machen.
In dem Fall eben, was den Krempel angeht. Vielleicht kannst du das nochmal kurz ausführen.
Ja, also als ich angefangen habe für das Buch zu recherchieren,
ist mir aufgefallen, also wenig überraschend, dass quasi sämtliche Literatur,
die es zu dem Thema gibt, zur Publikumsliteratur, alles so in den Bereich Konsumkritik fällt.
Der Begriff war mir zu dem Zeitpunkt gar nicht, hatte ich gar nicht auf dem
Schirm. Was ich auf dem Schirm hatte, war Warenkunde.
Ich dachte gar nicht an, ich muss die Leute jetzt dafür kritisieren,
dass sie so einen Müll kaufen oder ich muss quasi den Zwang,
etwas Neues kaufen zu müssen, kritisieren, sondern ich wollte mich eigentlich
an den Dingen entlang handeln.
Also ich wollte wissen, warum ist der Herd so?
Warum ist die Klimaanlage im Auto so? Warum ist der Duschschlauch so?
Und das hängt vielleicht damit zusammen, dass ich, also das wurde mir dann mal
irgendjemand so reininterpretiert, ich hatte den Gedanken gar nicht,
aber dass ich über Objekte promoviert habe.
Aber ich habe über objektorientierte Ontologie promoviert, wo man versucht,
die Dinge ernst zu nehmen.
Also es ist ein Zweig der zeitgenössischen Philosophie,
die sich halt ganz oberflächlich gesprochen für Dinge und unbelebte Dinge und
komplexe zusammengesetzte Dinge interessiert und deren Innenleben.
Also eine Philosophie, die nicht nur über das Sein und die Zeit und das Wesen der Welt redet,
sondern die sich interessiert für Styroporbecher und Plastikflaschen.
Und das, was dann irgendwann das Anthropozän genannt wurde,
wo wir quasi ganze geologische Epochen benennen nach den Hinterlassenschaften unserer Zivilisation.
So, und...
Ich wollte ausgehen von den Dingen und ich wollte wissen, warum die Dinge so
sind, wie sie sind und ich wollte wissen, warum der Herd so ist.
Und dann kommt man natürlich irgendwann an den Punkt, dass es Gründe gibt dafür
und dass es Incentives gibt und dass die Dinge nicht grundlos schlechter werden. und.
Man kommt dann an, also ich kam über diese Warenkunde dahin,
weil ich erst ganz naiv dachte,
naja, wenn wir das Wissen um diese Produkte und wie man die Qualität von Waren
des täglichen Lebens beurteilen kann, wenn wir dieses Wissen irgendwie mehr
unter die Leute bringen,
dann würden die auch weniger komische Sachen kaufen und würden die nicht nach
so merkwürdigen Kriterien beurteilen, sondern nach Kriterien,
die nützlich sind, die hilfreich sind.
Und es gab diese Bemühungen ja alle schon.
Es gibt ja diese Disziplin der Warenkunde.
Und es gab diese Bemühungen auch schon im großen Stil, der quasi einer Volkserziehung,
wenn man so will, so in der Weimarer Republik,
wo der Werkbund versucht hat, dieses Wissen über Waren, wie sie entstehen und
woran man ihre Qualität bemisst, unter die Leute zu bringen.
Das ist ja quasi komplett verschwunden.
Und ich kam eigentlich über diese bisschen naive.
Herangehensweise an dann natürlich irgendwann auch das Konsumverhalten,
also warum kaufen wir diese Dinge, warum denken wir, dass wir diese Dinge kaufen müssen und,
Dann kommt man sonst läufig auf die Frage, wer ist denn eigentlich schuld da
dran und wem schieben wir jetzt die Schuld in die Schuhe,
weil das ist ja auch sehr, also es ist ja Bestandteil dieses Diskurses,
ja, also ist der Konsument schuld, weil er diesen ganzen Mist kauft,
ist die Industrie schuld, weil sie diesen ganzen Mist produziert, ist die Politik schuld,
weil sie nicht verhindert, dass dieser Mist produziert wird und so weiter.
Und es ist ein riesiger Verkrempelungszusammenhang, in dem alle munter mitmachen.
Und diese sehr unangenehme und auch nicht so überraschende Pointe zieht sich
natürlich auch durch das Buch, weil ich natürlich nicht von der Kanzel herunter
erklären möchte, ja, kauft bitte nur teure, gute Sachen.
Weil ich ja selber weiß, wie mein eigenes Einkaufsverhalten ist und wie man
dann doch am Ende bei Amazon irgendwas bestellt, weil man nicht quer durch die
Stadt fahren möchte, um irgendwas zu kaufen, was es früher in einem kleinen
Laden um die Ecke gab. Der Laden ist aber verschwunden.
Und jetzt muss man für die absurdesten Sachen in den E-Commerce gehen.
Es gab Phasen in meinem Leben, wo ich keine Drogerie und keine so Kurzwaren, hieß das früher.
Und das hieß schon früher so, als ich noch klein war. Da habe ich meine Mutter
gefragt, was sind Kurzfahren?
Also so Geschäfte, wo man sich Nadel und Faden kaufen kann oder Schipp und Besen oder Handfeger.
Es gab Phasen in meinem Leben, ich habe lange Zeit in Frankfurt am Main gewohnt
und dann in Berlin, in Prenzlauer Berg.
Und ich hatte solche Geschäfte nicht in Laufweite.
Also ich konnte diese Dinge nicht mehr kaufen, ohne quasi in die U-Bahn steigen
zu müssen, mehrere Stationen fahren, um in ein Warenhaus zu gehen, was es noch gab.
Damals im Kaufhof am Alexanderplatz, um zum Beispiel einen kleinen Mülleimer
zu kaufen oder sowas. Und dann verschwand der aber auch.
Also die Haushaltswarenabteilung verschwand daraus, weil es alles komplett vom
E-Commerce gekillt wurde und man solche Sachen,
also Dinge des täglichen Lebens, dann online kaufen musste. Das gibt jetzt zum
Glück eine Gegenbewegung.
Es gibt wieder mehr Geschäfte, die sowas verkaufen. Das ist auch alles gut.
Aber dann lernt man halt, was mit einem passiert, wenn man online kauft und
das Produkt der Eigenschaften haben, die man erst bemerkt, wenn sie weg sind, also wenn sie fehlen.
Und dann hat man ein Produkt gekauft, das irgendeine bestimmte Eigenschaft,
von der man annahm, dass es sie haben müsste, nicht hat.
Aber dann liegt das Produkt schon zu Hause und man hat es bestellt und hat Tage
darauf gewartet und will es nicht zurückschicken, weil es ein Riesenaufwand ist. Und.
Dann ist man plötzlich umgeben von Sachen, die man nie gekauft hätte,
wenn man sie im stationären Handel in der Hand gehabt hätte.
Also Beispiele sind ganz triviale Sachen.
Fusselige Brillenputztücher.
Wo die Brille dann hinterher voller Fussel ist, wenn man die damit vereimigt hat.
Oder Netzteile, die brummen, wenn man den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt und alles summt und brummt.
Es gibt Leute, die sind davon sehr genervt, ich gehöre dazu.
Manche hören das gar nicht, die können sich sehr glücklich schätzen.
Dinge mit erstaunlich klebrigen Oberflächen, also so Soft-Touch-Plastik,
der mit der Zeit immer klebriger wird, auch eine große Mode bei so Elektro-Kleingeräten,
oder Dinge, die das falsche Gewicht haben, zum Beispiel der Fuß des Wasserkochers.
Man würde erwarten, dass das Ding ein halbwegs ein Gewicht hat,
aber mittlerweile sind die Dinge so leicht, dass die halt wegrutschen,
wenn man versucht, den Wasserkocher wieder draufzustellen und man nicht genau hinguckt.
So, und da gibt es tausend Beispiele. Eins davon im Buch ist der beidseitige
Drehwirbel beim Duschschlauch.
Das sind so kleine Centwerte, Teile am Ende des Duschschlauchs,
die machen, dass der sich mitdreht, wenn man sich duscht.
Dass der quasi nicht eine Orientierung hat, in die der irgendwie immer zurückzerrt,
sondern dass der sich einfach mitbewegt.
Kein Mensch kennt diese Dinge, weil die jahrzehntelang einfach normal waren im Duschschlauch.
Leute, die angefangen haben zu duschen in den 80er Jahren, in den 90er Jahren,
die kennen das gar nicht anders. bis dann irgendwann die Hersteller gemerkt
haben, okay, wir können diese Dinge auch weglassen.
Dann nervt es zwar kolossal, aber dann bieten wir halt einen separaten Duschschlauch,
einen teureren Duschschlauch an, der die beidseitigen Drehwirbel wieder drin hat.
Die machen wir dann 10 Euro teurer, kostet dann nicht mehr 10 Euro, sondern 20 Euro.
Und damit der Kunde versteht, dass er da was Besseres kauft,
geben wir dieser Produkteigenschaft, die man früher für selbstverständlich gehalten hat, einen Namen.
Diese Produkteigenschaft heißt jetzt Twist-Free.
Ich wünsche mir das ausdenken, aber das ist tatsächlich so.
Und wenn du einen Twist-Free, also
einen verdrehfreien Duschschlauch haben möchtest, musst du draufzahlen.
Die Marge, die sich dadurch ergibt, ist natürlich sensationell,
weil wir von einem Teil sprechen, das praktisch keinen Wert hat.
Das sind wirklich keine Centbeträge.
Aber das rechtfertigt einen Aufpreis von locker 100 Prozent gegenüber dem vorigen Duschschlag.
Da gibt es natürlich Incentives. Also warum macht ein Hersteller das?
Klar, natürlich will er Geld verdienen, logisch.
Aber das hat natürlich was damit zu tun, wer das Sagen hat in diesen Herstellungen.
In diesen Unternehmen. Und da kommt dann das ganze Fass mit Private Equity und
Beteiligungsgesellschaften, die Unternehmen übernehmen,
die dann sehr auf Effizienz trimmen, Kosten runter, die Gewinne rauf,
weil man natürlich das Geld, was man da reingesteckt hat,
gerne auch mit Rendite wiederhaben möchte.
Genau, vielleicht machen wir das so der Reihe nach. Du hast das Beispiel schon
von dem Online-Shopping genommen.
Da hatte ich so einen Eindruck, das ist so eine extreme Ausformung von dem,
was natürlich überhaupt modernes Wirtschaften ausmacht, dass man eben eigentlich
keine Beziehung zum Hersteller mehr hat.
Also das heißt, der Handel, der moderne Kapitalismus in der modernen Marktwirtschaft
ist vermittelt durch ganz viele unterschiedliche Glieder, vor allem durch Händler.
Und die Person, die das herstellt, gibt es in der Form natürlich gar nicht mehr,
was hoch arbeitsteilig ist.
In einer weniger arbeitsteiligen Gesellschaft kann man noch zu jemandem hingehen und sagen, mach das.
Aber in der Massenproduktion ist das nicht so. Und man hat eben diese Händler dazwischen.
Und jetzt hat man eigentlich mit diesen Plattformen so einen Extremhändler.
Der nicht mal mehr die Ware vorrätig hat, der einem nur noch sozusagen das Bild
dessen zeigt und man eben diese extreme Vermittlung hat und die Qualitäten irgendwie
gar nicht mehr richtig prüft.
Ich meine, du hast das Beispiel genommen, es wird auch immer aufwendiger,
das Ding mal an die Hand zu nehmen überhaupt, bevor man es kauft.
Und man hat sich aber auch daran gewöhnt, man hat vielleicht auch gar keine
Zeit, sich da irgendwie richtig damit auseinanderzusetzen und hat das schnell geklickt.
Und würdest du sagen, es ist auf so eine gewisse Weise sozusagen selbstverständlich
so den Preis, den man irgendwie dafür zahlt, also dass man so unfassbar viele
Dinge kaufen kann und haben kann,
dass da so ein bisschen Schwund ist sozusagen auch an Krempel oder würdest du
sagen, man kann das eben doch wieder einfangen,
man doch wieder in die alte Welt vielleicht zurückkommt?
Ja, will ich in die alte Welt zurück?
Ich weiß gar nicht. Ich will ja gar nicht in die Welt der Manufakturen zurück,
sondern ich will ja eigentlich nur gute Industrieprodukte.
Also es ist ja nicht denkbar,
so einen großen Produktivitätsgewinn und so eine große Arbeitserleichterung,
Komfortgewinn für Milliarden von Menschen ohne Industrieproduktion.
Man muss sich nur ein Leben ohne Waschmaschine vorstellen.
Das will auch keiner.
Wir wollen einfach nur normal funktionierende Waschmaschinen.
Wir wollen keine Waschmaschinen mit riesigen Touch-Displays,
die ins Internet gehen oder die, wenn sie fertig gewaschen haben,
für 30 Sekunden lang die Forelle von Schubert spielen, wie das Samsung-Maschinen machen.
Also es ist offensichtliche Scheininnovation, freidrehende Fortschrittssimulation,
offensichtlicher Unsinn, mit dem nichts gewonnen ist.
Aber eine industriell hergestellte, gut funktionierende Waschmaschine möchte
ich schon haben. und die Waschmaschine ist einfach nur ein besonders prägnantes
und auch irgendwie unschuldiges Beispiel, weil niemand was gegen Waschmaschinen hat.
Wenn man anfängt, ein Auto als Beispiel zu nehmen, dann stehen sie schon alle
auf der Matte und schreien.
Und es gibt mehr oder weniger unschuldige Konsumgegenstände und die Waschmaschine
finde ich ein relativ gutes Beispiel, weil niemand will ohne Waschmaschine.
Okay, so und ist das der Preis, den wir zahlen müssen, dafür,
dass man jetzt alles haben kann?
Ich glaube, die Frage ist nicht richtig, weil wir können gar nicht alles haben.
Also ganz viele Dinge können wir nicht haben. Wir können, wenn man Plastikboxen sucht auf Amazon,
können wir offenbar tausende verschiedene Plastikboxen haben,
um so Tupperware-mäßige Dinge
nennen, Lebensmittel haltbar zu machen oder Schrauben irgendwo reinzutun.
Aber was wir haben, ist eine riesige Menge an total fragwürdigen,
nicht zu Ende gedachten Dingen, die sich trotzdem verkaufen,
weil es natürlich Incentives gibt dafür.
Also der einzelne Verkäufer, der einzelne Hersteller der bunten Plastikboxen,
für den lohnt es sich ja immer noch, das zu machen.
Also für den ist es ja gut, wenn wir Plastikboxen kaufen, die vielleicht nicht
richtig schließen oder wo irgendwelche Chemikalien raussuppen oder die komische
Formate haben oder die sich nicht stapeln lassen und so weiter.
Also da gibt es ja tausend Beispiele für schlechte, billige Artikel.
Und ich weiß gar nicht so, was heißt denn den Preis dafür zahlen?
Für den Händler ist das ganz offensichtlich okay, das funktioniert ja,
für den Hersteller auch.
Und der Kunde schreibt dann hinterher in die Rezension, ja, tut, was es soll.
So 4,5 Sterne, weil er auch keinen Vergleich hat.
Also er hat scheinbar verglichen, indem er auf Amazon aus 2000 verschiedenfarbigen
Plastikkisten welche ausgewählt hat, aber es ist natürlich auch nicht sein Job
zu entscheiden oder zu vergleichen irgendwelche Plastikkisten.
Darf ich nochmal kurz einhaken jetzt bei der Problemanalyse?
Also du hattest jetzt gesagt, bei den Schläuchen, wo es ja ganz offensichtlich
irgendwie ein Downgrading gab und dann noch eine Art betrügerisches Extra-Feature,
was eigentlich vorher die zentrale Aspekt der Funktionalität überhaupt war.
Und wenn man jetzt so ein ganz naiver Streiter für die Marktwirtschaft wäre,
würde man ja sagen, okay, normalerweise gibt es da eben halt Konkurrenz.
Also dann, wenn der eine Hersteller aufhört, dieses Feature anzubieten und das
für 10 Euro mehr anbietet, dann gibt es halt immer noch drei andere Schlauchanbieter,
die daneben hängen und die ich jetzt kaufen kann, die noch einen ordentlichen
Schlauch machen für den Preis, der vorher üblich war.
Also wieso funktioniert das dann nicht?
Ist es dann ein Phänomen von Monopolisierung oder ist es jetzt nochmal spezifisch etwas,
was mit diesem Online-Handel zusammenhängt, dass ich eigentlich einfach nicht
mehr so richtig gut am Regal stehe und das irgendwie mir angucken kann,
ob das blöde Ding dran ist und dann einfach das Billigste nehme?
Also wieso ist dieser Mechanismus überhaupt nicht in Kraft mehr dort?
Also genau die Frage habe ich mir auch gestellt, weil ich natürlich bin ja selber
Unternehmer und habe drei Firmen mitgegründet und bin natürlich der Auffassung gewesen,
dass solche schlechten oder überteuerten Produkte, dass sie sich nicht halten können.
Also da muss ja ein Wettbewerber auftauchen und den irgendwie niederringen,
weil da ist immer noch genug Marge in einem Schlauch, der nicht 20,
sondern 18 Euro, 16 oder 12 Euro kostet. Das muss doch gehen.
Und tatsächlich gibt es diese Hersteller auch noch, aber es ist sehr viel schwerer,
die zu finden, weil die in den großen Märkten dann nicht sind.
Also an der Stelle hat der E-Commerce einen interessanten Vorteil,
nämlich ein kleiner Provinzhersteller, der nicht in den großen Baumärkten gelistet
ist und sein Produkt dort nicht verkaufen kann,
den kannst du online finden und kannst bei dem direkt quasi ab Werk den Schlauch bestellen.
Du musst nur erst mal wissen, dass dieses Problem überhaupt existiert.
Und dann musst du wissen, dass es eine Lösung dafür gibt.
Und dann musst du dich trauen, irgendwo bei Hinz und Kunz Duschschlauchfabrik.
Irgendwo im Schwäbischen, den Schlauch zu bestellen.
So, und das heißt, was wir hier erleben, ist natürlich eine extreme Verengung
des Angebots, dadurch, dass man bei einigen wenigen großen Ketten einkauft.
Also wenn ich in einen Duschschlauch denke, dann denke ich natürlich erstmal
an die Marken, die ich sehe, wenn ich irgendwo sanitäre Einrichtungen sehe.
Ich denke an, was ich grohe oder sowas, die ich sehe, wenn ich diese Dinge,
wenn ich so eine Hand wähle, eine Hand Bedienung, wie heißt das Ding,
also so ein Wasserhahn halt bediene. Das steht ja immer drauf.
Und wenn mir dann bei Amazon oder wenn ich einfach google Duschschlauch,
weil das für mich ja gar kein High-Involvement-Produkt ist, wo ich jetzt eine
starke Präferenz für irgendeine Marke habe, wie das Leute haben,
die zum Beispiel eine Sonnenbrille kaufen, die wollen eine ganz bestimmte Marke kaufen,
das ist ja kein High-Involvement-Produkt.
Das ist ja eh wie so ein Sandwich-Maker, wo es auch egal ist, was die Marke ist.
Wenn ich sehe, dass das Ding funktioniert, man kauft dann kein bestimmtes Produkt.
Und so ist es bei dem Duschen auch. Ja, eigentlich auch.
Du willst dich ja nicht damit befassen. Du willst ja einfach nur duschen.
Und das heißt, du musst merken, erstens, okay, das Produkt hat nicht mehr die
Eigenschaft, die ich für normal gehalten habe oder die ich für notwendig erhalten habe.
Dann ist es möglicherweise schon zu spät, weil du es dann schon gekauft hast
und dann musst du dich damit befassen und es zurückschicken und so.
Dann musst du quasi heraus, musst du richtig recherchieren, gucken,
wo ist denn jetzt das Produkt, das diese Eigenschaft noch hat.
Du musst überhaupt das mal rausfinden, dass es um dieses Problem geht und dass
es nicht dein eigenes Problem ist.
Ich habe ja eine ganze Weile gedacht, naja, der Duschschlauch ist neu und der
ist jetzt so störrisch, weil das Material noch so hart und straff ist und das
wird sich schon irgendwie aushängen mit der Zeit. Aber das tat es ja nicht.
Also es sind sehr, sehr viele und wir reden jetzt nur um so einen dummen Duschschlauch.
Und das haben wir ja bei ganz, ganz vielen Produkten.
Und das Problem ist, dass du quasi gezwungen wirst, dich mit dem ganzen Scheiß zu befassen.
Es geht wahnsinnig viel Zeit und Energie dafür drauf, sich damit zu schaffen.
Und es kann nicht jeder sich hinsetzen und sagen, so, weil ich jetzt ein Buch
schreibe und ich hier eine Redakteurin habe, die das hinterher alles nochmal
hinterfragt und nachrecherchiert.
Und ist das denn auch wirklich so mit diesen Schläuchen? Und wie heißen diese Dinger denn wirklich?
Und sich dann hinsetzt und das dann recherchiert.
Das ist natürlich Quatsch, das kann ja keiner machen.
Das heißt also die Kombination aus den Eigentumsverhältnissen der Unternehmen,
die eben dazu führen, dass man in kurzer Zeit extrem viel Gewinn rausholen muss
aus Sachen, die absichtlich schlechter sind, als sie sein müssten.
Den Vertriebswegen, die dazu führen, dass man einerseits eine Konzentration
im stationären Handel hat,
wo du als kleines Unternehmen ganz schlecht reinkommst, weil du Werbekostenzuschüsse
und alles mögliche zahlen musst, um überhaupt in diesen Märkten aufzutauchen.
Drittens, der Online-Handel, der macht, dass man die Dinge nicht wirklich vergleichen kann,
wenn man sie nicht in die Hand nehmen kann und auch diese Produktvergleichsseiten
das Ergebnis von Zahlungsflüssen sind und nicht das beste Produkt ganz oben steht,
also eine scheinbare Vergleichbarkeit nur herstellt.
Und all diese Dinge zusammen führen dazu,
dass du am Ende ein Produkt hast, das schlechter ist als vorher,
Du hast mehr bezahlt, du bist unzufrieden und das häuft sich in ganz vielen
Produktkategorien und es entsteht eine latente Unzufriedenheit, wo man den Eindruck hat,
das war doch eigentlich mal früher besser.
Und dann wirst du noch hineingeschämt, das nicht sagen zu dürfen,
weil du ja da natürlich so eine Reaktionär bist.
Und das kann doch nicht sein. Wir leben doch in so einem großen,
reichen Land mit Wohlstand wie noch nie.
Was soll denn das? Wir jammern, kauf doch was anderes, wenn es dir nicht passt.
Also wie du es drehst und wendest, ist es extrem frustrierend.
Und diesen Zusammenhang habe ich halt Verkrempelung genannt.
Aus diesem multidimensionalen Frust heraus.
Ich finde das ganz interessant. Also es klingt ja schon so, als hättest du noch
so eine gewisse Sympathie für die, also ich will dir jetzt keinen Konservatismus unterstellen,
aber so eine gewisse Sympathie für irgendwie die gute alte Markenwelt,
wo es halt noch irgendwie die Leute gab, wo das Schild noch irgendwie für was
stand und da gab es dann noch das Familienunternehmen.
Also es ist ja jetzt natürlich auch nie so gewesen, dass da irgendwie ganz strahlende
Unternehmerpersönlichkeiten waren,
die nur das Wohl ihres Kunden im Auge hatten, sondern es war eigentlich auch
immer natürlich eine gewinnorientierte Veranstaltung,
nur eben unter anderen Bedingungen.
Und irgendwie gab es schon das Gute und das Schlechte am Kapitalismus war schon immer irgendwie da,
aber es scheint doch nochmal eine neue Phase und eine neue Qualität von Schlechtigkeit
auch aufgetaucht zu sein.
Also hätten wir wirklich nochmal eine neue Phase des Kapitalismus,
in dem es halt nicht mehr nur jetzt irgendwie die Ausbeutung und die ökologische Zerstörung gibt,
sondern auch noch den kompletten Blödsinn, selbst bei dem Produktangebot,
das uns eigentlich beruhigen sollte und uns glücklich machen sollte.
Selbst da irgendwie ist das Glücksversprechen irgendwie bedroht,
wenn es anfängt plötzlich, dass die Produktwelt dysfunktional wird und die Innovation,
Pseudo-Innovation ist, die nervt.
Ich weiß nicht, ob du damit was anfangen kannst, aber es scheint irgendwie doch
wirklich nochmal eine ganz neue Qualität zu sein, oder?
Also ich bin völlig bei dir, was quasi meine Sozialisierung angeht.
Ich bin...
Also ich bin tatsächlich mit dem Vertrauen in große Marken sozialisiert und
ich würde gerne dieses Vertrauen haben können.
Also ich würde gerne vertrauen können, dass wenn da ein bestimmtes Logo,
ein bestimmter Name draufsteht, dass das einen gewissen Standard hat.
Und ich habe Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation studiert.
Also ich bin eigentlich ausgebildeter Werbefuzzi. Ja, also ich habe das alles
gelernt, wie Marken aufgeladen werden und wie man den Wert von Marken bemisst und wie man das eben,
wie man das alles, also wie die Mechanik halt genau ist davon.
Und natürlich, also diese Enttäuschung, die sich auch in diesem Buch äußert,
hängt auch damit zusammen, dass dieses Versprechen nicht mehr eingelöst wird.
Also die, als mir irgendwann dämmerte,
dass Marken einfach auch nur Gegenstände sind,
die gehandelt werden und die man irgendwo draufpacken kann und die komplett
ihre Bedeutung dadurch verlieren, weil es keinen eindeutigen Absender mehr gibt
und weil es niemanden mehr gibt, der verantwortlich gemacht werden kann dafür.
Das erschien mir schon so irgendwie als Verrat an dieser Idee weil man damit die,
diese Idee an sich gar nicht schlecht weil die den Hersteller eigentlich in
die Pflicht nimmt wenn du sagst, wir schreiben da nicht Miele drauf,
wenn das nicht unseren Ansprüchen genügt und dann können wir auch nicht den
doppelten Preis des nächst billigeren Wettbewerbers,
sonst für nehmen also das ist ja quasi die,
Eine Marke ist ja quasi, so wie dieser Vertrauensbegriff, eine Vor- oder Nachform des Wissens.
So ist das ja auch. Du weißt noch nicht, ob das Produkt gut ist,
du weißt nicht, welche Eigenschaften es haben muss, damit es dir im Alltag dienlich
ist, aber du weißt aus einer anderen Produktkategorie, dass wenn dieser Name
draufsteht, dass es liefern wird.
So, das ist eigentlich gut, weil es Komplexität rausnimmt und weil du weißt,
okay, ich muss mich nicht im Detail damit befassen, ich kann das quasi outsourcen
an den Hersteller, der hat das für mich gemacht.
Genau, Reputation im Prinzip.
Genau, so und dann schließt dann natürlich auch das ganze Thema Wartung,
Ersatzteile, Garantie und so weiter an.
Aber wenn du irgendwann merkst, dass diese ganzen alten Marken,
mit denen man natürlich auch nostalgisch irgendwas verbindet,
braun oder sowas, grundig oder sowas,
dass die alle keine Bedeutung mehr haben, weil die für jede Produktkategorie
an andere Unternehmen auslizenziert werden, die nichts miteinander zu tun haben,
dann verliert das natürlich das ganze Konzept seine Bedeutung und die Idee der
Marke verliert ihre Bedeutung und Leute, die früher sehr stark an bestimmte
Marken gebunden waren, über Jahrzehnte,
sind es heute nicht mehr.
Ich wurde früher von meinen Eltern gefragt, warum eigentlich heißt es.
Die werberelevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen.
Warum werden die 50-, die 60-, die 70-Jährigen eigentlich nicht mehr umworben?
Die haben doch Geld und die haben Zeit.
Und der Grund ist relativ einfach. Es ist in die jüngere Kundschaft so viel
Geld investiert worden, damit die eine gefestigte Vorstellung davon haben,
welche Marke ihre Marke ist.
Die kann man nicht mehr ändern dann. Also die Leute haben dann Ende 40 wissen
die, wir haben immer Mercedes gekauft, wir werden jetzt nicht BMW kaufen.
So Beispiel aus dem Schwäbischen.
Aber das ist natürlich bei Wurstwaren das Gleiche und bei Laptops und so weiter.
Und das bröckelt aber. Also diese Markentreue bröckelt, weil natürlich irgendwann
die Kunden auch merken, dass sie keine Bedeutung mehr haben,
die Marken. Also im Guten wie im Schlechten.
Jetzt kann ich ein Braungerät kaufen, das nicht gut ist, aber ich kann auch
ein chinesisches E-Auto kaufen
von einem Hersteller, von dem ich noch nie gehört habe, was gut ist.
So, damit ist das ganze Thema Marke im Eimer. Ich weiß nicht,
ob wir eine Renaissance der Marke erleben würden, ja, aber wenn man sieht,
wie immer mehr Produktkategorien zu Commodities werden, also zu standardisierte Produkte hast,
die sie nicht mehr unterscheiden, die ein gewisses Niveau haben,
die müssen sich dann durch andere Dinge unterscheiden.
Und dann geht es halt los mit dem ganzen Quatsch.
Dann geht es halt los mit Spülmaschinen, die ins Internet gehen und Waschmaschinen,
die Musik spielen und so weiter.
Und da merkt man die ganze Hilflosigkeit des Produktmanagements und wenn du
so willst, natürlich die Hilflosigkeit des Kapitalismus am Ende,
weil man ja irgendwie rechtfertigen muss, ein neues Produkt zu verkaufen.
Es gibt ja in Deutschland einen Händler, der das versucht zu lösen,
indem er eben Dinge verkauft, die, ist der Spruch genau, die Dinge,
die noch gut sind oder es gibt hier noch die guten Dinge, Manufaktum,
die ja eigentlich genau auf deiner Linie liegen würden, aber da bist du wiederum
skeptisch und sagst eigentlich, dass das keine wirklich akzeptable Lösung ist für das Problem.
Ja, also ich mag durchaus einige Produkte, die die anbieten,
aber das ist natürlich eine totale Nische und ein Luxus-Warenhaus für ein Publikum,
das...
Den kulturellen und den finanziellen Background hat, um das zu würdigen.
Also das sind Leute, die kaufen dann die ganze wahrenkundliche Geschichte mit
ein und die freuen sich dann, wenn da noch so eine handgemachte.
Ich sage immer als Beispiel so Bierfilz, Mundgefilster,
Bierfilz von saubischen Mumen oder sowas.
Also wir sind so extrem aufgeladen und eigentlich finde ich das witzig und toll,
weil man dann natürlich noch mit einem sehr trivialen Gegenstand irgendwie,
also man dann ein bisschen rückgebunden wird an den Herstellungsprozess und
an den Hersteller und so und das ist eigentlich schön.
Aber das ist ja keine Lösung. Also das ist ja keine massentaugliche Lösung für
das Problem, das wir haben.
Und außerdem kriege ich bei Manufaktum halt auch kein Handy.
Also das löst bestimmt in bestimmten Produktkategorien.
Wenn du eine Rechen kaufen willst für 120 Euro, dann glaube ich,
bist du gut aufgehoben dort.
Aber jetzt muss man wahrscheinlich einen TikTok machen und Leuten erklären,
was ein Rechen ist oder so, aber das ist für bestimmte Produktkategorien und
für einen kleinen Teil der Bevölkerung ist das attraktiv.
Aber das löst ja nicht wirklich die Probleme, die wir haben.
Ja, man kann eigentlich eher sagen, dass eben diese Frustrationserfahrung auch
da letzten Endes wieder einen neuen Markt oder eine neue Nische schafft.
Das ist natürlich das Schöne an Kapitalismus.
Es ist alles wird irgendwie zu einer Nische gemacht und findet seinen Markt.
Aber es geht halt schon um die Massenprodukte, die eigentlich,
habe ich jetzt nochmal gedacht.
Also es geht eigentlich darum, dass es irgendwie mal doch so in der Nachkriegszeit
so eine Phase gab, da hat das irgendwie so einigermaßen funktioniert.
Da gab es auch noch nicht so viele tolle Angebote vielleicht oder vielleicht
doch, aber es gab auf jeden Fall irgendwie eine stabile Mitte der Massenproduktion,
die irgendwie einigermaßen was geliefert hat, was sie wollte oder sollte.
Und wenn man jetzt irgendwie handgefertigte Sachen holt, ist es halt,
es war halt auch damals vermutlich schon möglich irgendwie so distinktionsmäßig
irgendwelche handgefertigten Dinge zu kaufen oder vielleicht auch ein paar Autos,
wo dann nochmal am Ende jemand noch irgendwie was selbst mit der Hand gemacht hat oder so.
Also ich habe in meiner Arbeit, weil ich ja auch ein bisschen konsumhistorisch
unterwegs bin, ein schönes Zitat aus den 1880er Jahren.
Da hat einer, das ist doch aus der Vorphase vor dem Werkbund,
so ein Kunstgewerbler geschrieben,
dem, wie war das, so ein maschinell massenhergestelltes, was war denn das,
Eisengitter oder sowas, ist nur noch dem armen Manne erlaubt.
Und wer was auf sich hält, der wird jetzt schon wieder Handarbeit nehmen.
Also es war dann Ende des 19. Jahrhunderts eigentlich schon die Phase,
wo so massenproduzierte Produkte langsam ein Zeichen der Armut waren.
Und wer was auf sich gehalten hat, hat schon wieder Handarbeit gekauft.
Ja, aber auch das kannst du drehen und konsumierbar machen, wenn du dir anschaust,
wie Apple zeigt, wie ein Laptop hergestellt wird.
Also es gibt ja genug Videos, auch Werbevideos, in denen die zeigen,
welche Maschinen wie dieses Ding herstellen und wie da ganz genau rausgefräst
und rausgelasert und so wird.
Und es ist total faszinierend, sich das anzugucken. und du hast nicht das Bedürfnis,
ach, würde doch mein Handy von Hand zusammengebaut.
Das willst du ja gar nicht.
Weil du hast das Vertrauen in diese Maschinen, die das sicherlich besser können.
Und außerdem hat das natürlich auch ein Ogu, wenn ich den Eindruck haben müsste,
mein Handy wäre irgendwie von Menschen in folterartiger Arbeit zusammengebaut.
Also als es jetzt hieß, der amerikanische Handelsminister unter Trump,
der dann oder Zuständige für Außenseite.
Wirtschaftsverhältnis, ich weiß gar nicht, wer das war, aber jedenfalls gab
es dieses schöne Zitat, wo er meinte,
die vielen Millionen Chinesen, die mit ihren kleinen Händen die iPhones zusammenschrauben
oder so, ja, diese Jobs wollen wir nach Amerika bringen.
Alles daran ist irre, aber die Vorstellung,
die vermutlich falsch ist, aber die Vorstellung, dass da viele Millionen Menschen
mit ihren kleinen Händen mein Telefon zusammenschrauben, die ist widerwärtig.
Die willst du nicht assoziieren mit dem Produkt, was clean und slick und quasi
eigentlich wie so ein 2001 Monolith vom Himmel gefallen ist.
Das kann nicht sein, dass da jemand rumgefurzelt hat.
Und wenn rumgefummelt wird mit Fingern an etwas,
dann bitte nicht Millionen Menschen, sondern eine Person, die eine jahrzehntelange
Ausbildung hat und dann ein halbes Jahr lang in Glashütte in Sachsen meine Uhr
für 41.000 Euro von Hand zusammenbaut,
um sie dann wieder auseinanderzubauen,
alle Teile zu reinigen und sie nochmal zusammenzubauen.
Und dann wird mir das verkauft.
Also Handarbeit auf eine ganz bestimmte Weise, ja.
Aufrufen dieser alten Manufakturtraditionen und dann utopische Preise verlangen,
aber nicht Handarbeit als Massenproduktion, Kinderarbeit, gar schlechten Arbeitsbedingungen und so.
Das wollen wir natürlich nicht. Das kann man dann auch nicht verkaufen.
Ja, ich glaube auch, dass bei der Handarbeit eigentlich geht es eher und auch
diese, also ich glaube zum Beispiel, wenn man sich richtig auf die Maschine
einstellt und das macht ja dann Apple, ist die Wirkung eigentlich ähnlich.
Am Ende geht es eigentlich um die Liebe sozusagen in der Produktion,
die Liebe zu dem Produkt, die man sich eigentlich kauft.
Und dann ist es egal, ob das eben sozusagen diese Tüftelei und diese perfekte Maschine,
wo man auch den Menschen eigentlich im Hintergrund hat, der sich das ausgedacht
hat, der dafür sorgt, dass das alles so ist und der das versucht auch rüberzubringen
und dir zu erklären, was das für eine tolle Sache ist,
ist eigentlich für mich funktional äquivalent zu der Vorstellung,
dass das jemand mit Hand, mit Liebe gemacht hat.
Also eigentlich geht es um diese, dass man das Gefühl hat, man ist eben nicht
nur ein Kunde, der völlig egal ist, der einfach nur das Geld rüberschiebt,
sondern es ist eine Art von parasozialer Beziehung sozusagen da zwischen Produzent und Konsument.
Ja, also das, was du jetzt Liebe nennst, das ist ja etwas, was der Konsument erkennen können muss.
Also der muss ja den Unterschied erkennen können, irgendwie,
zwischen dem mit Liebe gemachten Produkt und dem irgendwie gemachten Produkt.
Und ich glaube irgendwann in den Nullerjahren gab es ein Interview mit Steve
Jobs, der erklärt hat, die Kundschaft, die sie eigentlich haben wollen,
ist der discerning Customer.
Das ist eigentlich der, der imstande ist, zu unterscheiden.
Und die Beispiele, die dann gegeben wurden, später sind so Sachen wie,
ich weiß nicht, das Problem ist heute, glaube ich, gelöst, aber das war bis
vor, glaube ich, Billing-Produkte, die wurden immer noch nicht gelöst,
Wie machst du mit einer Hand einen Laptop auf?
Die Apple-Geräte kannst du seit 2002 oder so mit einer Hand aufmachen,
weil die schwer genug sind auf der Unterseite, dass du den Bildschirm hochkippen
kannst, ohne dass alles umfällt.
Und das war bis, ich glaube, du kannst immer noch Windows-Geräte kaufen,
wo du das festhalten musst, weil die Gewichtsverteilung ist falsch,
der Magnet ist zu schwach oder es gibt keinen Magneten.
Also es gibt tausend kleine Details, aber du musst irgendwann an den Punkt kommen
für Apple, dass du sagst, ich will das nicht.
Ich möchte nicht das festhalten müssen, um es aufzunehmen.
Ich will das mit einer Hand quasi beiläufig öffnen können. Und auf dem Niveau
quasi unterscheiden zu können, dazu muss man überhaupt erst mal die Vergleiche haben.
Wenn du die Vergleiche nicht hast, da schließt sich der Kreis zu diesem Wunsch
nach wahren Kunde, dass der Kunde sagen würde, das ist nicht gut, was hier passiert.
Und zwar aus den und den Gründen.
Und das alles ergibt aber natürlich nur Sinn, wenn es eine Auswahl gibt.
Und wenn du entscheiden kannst, ich kaufe nicht dies, sondern jenes.
Und wenn dir das extrem schwer gemacht wird, dann ist am Ende das sich Abarbeiten
an der Warenkunde nicht wirklich die Lösung des Problems.
Also wir haben viel größere strukturelle Probleme als das auch nachvollziehbare
Nichtwissen des Konsumenten über das, was er da kauft.
Also dieses geschmackliche Wissen ist natürlich deswegen notwendig,
weil nur wenn man das hat, dann hat man Kunden, die deutlich mehr zahlen als
bei den anderen und auch bleiben. Das würde ich auch sagen.
Aber ist das ein geschmackliches Wissen oder ist das eben auch ein sachliches, würde ich mal sagen?
Also ich kenne diesen Begriff gar nicht so gut. Ehrlich gesagt,
Jan wird es bestimmt wissen, der ist ja promovierter Designhistoriker,
aber ich weiß gar nicht, wo kommt denn das her?
Also kann man Warenkunde noch studieren? Ist das irgendwie institutionalisiert?
Und ist nicht Stiftung Warentest auch Warenkunde irgendwie?
Ja, also die Stiftung Warentest habe ich auch eigentlich immer als so korrektiv
in diesem wahren Chaos verstanden,
aber ich glaube nicht,
dass die das wirklich ist oder sein kann.
Und das hängt mit ganz vielen verschiedenen Dingen zusammen.
Ähm,
Ein gutes Beispiel ist, woran die Stiftung Warentest festmacht,
dass ein Produkt quasi eine gewisse Quantität hat.
Also nehmen wir wieder die Waschmaschinen, die machen ja diese Dauertests und
lassen die Maschinen ein halbes Jahr lang quasi jeden Tag und Nacht laufen und
messen dann, wie lange das dauert, bis irgendwas ausfällt.
Und ich habe dann die Stimmung gefragt,
warum denn eigentlich ein Test,
der eine, ich glaube, Benutzung der Waschmaschine jeden zweiten Tag simuliert,
über einen Zeitraum von acht Jahren, zehn Jahren, irgendwie sowas.
Und warum, wenn das erreicht wird, warum das dann gut ist oder sehr gut sogar.
Warum dann der Dauertest als bestanden gilt.
Warum also die Simulation von 10 Jahren Benutzung gut ist und die erfolgreichen
Bestehungen, das erfolgreiche Bestehen eines 10-Jahrestests. Warum nicht 20?
Warum 10? So, es ist erstaunlich schwer, darauf eine befriedigende Antwort zu kriegen.
Und eine, die mich aber auch sehr ratlos zurückgelassen hat,
war, naja, um zehn Jahre Waschmaschine zu simulieren, brauchen wir schon irgendwie ein halbes Jahr,
inklusive Vorbereitung und Nachbereitung der Tests und so.
Und wenn wir dann das Testergebnis veröffentlichen, dann ist das Produkt manchmal
schon gar nicht mehr auf dem Markt.
Wie soll man so arbeiten? Weil natürlich ein sehr einfaches Kriterium wäre,
um Qualität irgendwie, gerade bei sowas wie einer Waschmaschine,
festzustellen ist natürlich, wie lange hält das Ding?
Und warum gehen wir uns mit zehn Jahren zufrieden? Und wenn die Schiffverwaltest
das nicht testen kann, weil es einfach zu lange dauert, wie wäre es denn damit,
wenn wir die Hersteller einfach dazu zwingen würden?
Wenn wir sagen, so, die Gewährleistungsfrist ist jetzt nicht mehr irgendwie
sechs Monate, zwei Jahre oder sowas, sondern 20 Jahre.
Das wäre ja möglich. Man könnte ja sagen, Produkte müssen 20 Jahre halten.
Das geht aber halt nur bei diesen operationalisierbaren und messbaren Kriterien.
Wenn du jetzt sagst, können wir auch darüber diskutieren, was ist denn hier
eigentlich noch Geschmack?
Ein Laptop öffnen zu können mit einer Hand, ohne den festhalten zu müssen,
ist das eine Geschmacksfrage oder ist das eine Funktion, ist das Primärfunktion
des Dings oder was diskutieren wir da dann eigentlich?
Oder die Touchscreens im Auto.
Ist das eine Geschmacksfrage, dass ich gerne, ohne hinzugucken,
die Klimaanlage kälter oder wärmer stellen möchte?
Oder ist das nicht vielleicht eher etwas, was der Fahrsicherheit dient,
dass ich nicht erst mal in ein Menü muss oder hier rechts unten hingucken muss, wo der Screen ist,
der möglicherweise noch reflektiert von der Sonne oder wo ich nichts erkennen
kann, weil meine Fingerabdrücke drauf sind.
Also ich finde, das sind eigentlich schon übergeschmackliche Fragen ganz oft.
Und ich versuche, diese reinen Geschmacksfragen eigentlich auszublenden,
weil die Diskussion kann man ja, also da ist die Diskussion ja quasi der Gegenstand.
Und das versuche ich bei einer Waschmaschine oder bei einem Thermostat von der
Heizung eigentlich auszublenden.
Versuche nicht, die Geschmacksdiskussion zu fügern.
Jetzt hast du das Beispiel von einer gesetzlichen Gewährleistungspflicht schon genannt.
Es gibt auch, was zumindest die Herkunft angeht, dieses Lieferkettengesetz,
was in so eine ähnliche in diesem Feld Richtung geht.
Es gibt diese Diskussion Recht auf Reparatur, dass man auch sagt,
im Design muss das auch so gestaltet sein, dass da Teile ersetzt werden können.
Also es gibt, glaube ich, an verschiedenen Stellen so gesetzliche Vorhaben.
Ich habe das nicht im Blick, wie erfolgreich die sind.
Ich glaube, das ist sehr schwierig, weil es eben natürlich schon in die Eingeweide
sozusagen der marktwirtschaftlichen Funktionsweisen geht.
Du hast natürlich in dem Buch, das kann man ja dazu sagen, nicht den großen
Masterplan, wie man der Verkrempelung begegnet.
Aber kannst du das einschätzen? Also kann das doch, also inwiefern kann das der Staat machen?
Inwiefern kommen die Warnkunde da vielleicht auch hin und Kunden,
die diese Unzufriedenheit, du hast ja gesagt, auch jetzt mal für sich annehmen
und sagen, ich habe da jetzt auch wirklich einen Punkt. Ich will mir das eigentlich
nicht länger gefallen lassen.
Und wenn ich das nächste Mal das habe, dann versuche ich den Hersteller rauszufinden
und da mal zumindest eine wütende Mail zu schreiben, was auch immer da kommt.
Wenn es keinen Kundenservice mehr gibt, dann kann auch das egal sein.
Aber vielleicht kannst du uns einen Einblick geben, wo du ansetzt oder wo du
vielleicht auch Hoffnung hast, dass dein Buch vielleicht auch irgendwo was bewirkt.
Ja, das sind natürlich so sehr fromme Wünsche, dass das Buch irgendwas bewirkt.
Also wenn du bei Surkamp ein Buch veröffentlichst, erreicht es eine ganz bestimmte
Gruppe an Leuten und eine sehr viel größere Gruppe an Leuten erreicht es vermutlich nicht.
Und die Diskussion darüber, also überhaupt, wenn man sich mal vorstellt,
wie klein die Menge der Menschen ist, die an etwas teilnehmen,
was wir hier jetzt irgendwie Diskurs nennen, das ist ein Witz eigentlich.
Ja, also das ist wirklich unerheblich in the grand scheme of things.
Also wenn man das Konsumverhalten hat.
Hat man vor allem eh nichts zu sagen.
Ja, also sehr, sehr schwer. Es gibt ja Produktkategorien, in denen es tatsächlich
keine richtig schlechten Waren mehr gibt.
Also im Buch bringe ich das Beispiel für Fotoapparate.
Die Industrie hat den Kampf gegen die Smartphones, was so die Massen- und Schnappschussfotografie
angeht, verloren und hat das akzeptiert und gesagt, gut,
dann bauen wir jetzt Fotooperate, die gar nicht mit Smartphones konkurrieren,
sondern die ganz bewusst das machen, was ein Smartphone nicht kann,
nämlich das ganze haptische Erleben der Fotografie.
Also nicht nur in größerer Optik natürlich, sondern eben die schöne Schalter
und Knöpfe und Drehrädchen, wo also quasi das Sinnliche des Fotografierens im Vordergrund steht.
Und da gibt es mittlerweile eine riesige Auswahl an durchweg sehr guten Produkten.
Also es gibt in den New York Times einen Test von deren Verbraucherseite Wirecutter.
Und die Bottomline ist, es gibt keine schlechten Kameras mehr.
Und das ist ja eigentlich interessant und ein gutes Zeichen, weil es geht offenbar.
Der Punkt ist natürlich, diese Kameras sind alle sehr teuer.
Auch die billigsten sind wirklich teuer. Also da muss man schon,
das spielt sich dann schon eher so in der 1000 Euro und mehr und deutlich mehr
Dimension, aber auch so kleine Systemkameras, also nicht nur so große Profi-Dinger.
Aber da hat sich der Markt eigentlich ganz vernünftig aufgefächert.
Nämlich, wer einfach nur Fotos machen will, ist mit einem Smartphone sehr gut
bedient. Die machen ja fantastische Fotos.
Und wer professionell fotografieren will, der muss halt mehr Geld ausgeben und
kriegt aber auch anständige Produkte. Also es geht irgendwie.
Es muss halt, also ich will damit gar nicht sagen, es muss immer der politische
Eingriff passieren. Aber auf der anderen Seite kann ich auch nicht sagen,
der Markt regelt das schon, weil es tausend Beispiele gibt und denen ja überhaupt nichts regelt.
Und da müsste dann halt schon eingegriffen werden. Also in Kalifornien gibt
es mittlerweile gesetzliche Regelungen,
die sehr viel größere Mindestgewährleistungen für E-Auto-Batterien erzwingen.
Da sind wir, glaube ich, bei jenseits von zehn Jahren, wo das staatlich quasi geregelt ist.
Was das Recht auf Reparatur angeht, gibt es auch so Entwicklungen,
die nicht schlecht sind, aber es ist alles noch viel zu schwach und viel zu
punktuell und viel zu viele Schlupflöcher und so.
Also aber zum Beispiel, es gibt in mehreren US-Bundesstaaten gesetzliche Regelungen
zur Reparierbarkeit elektrischer Rollstühle.
Weil das offensichtlich, das war ein Markt, in dem es nicht viel Wettbewerb
gibt und wo die wenigen Kunden verhältnismäßig gesehen, die diese Produkte brauchen,
wirklich darauf angewiesen sind.
Und man die quasi vor den Herstellern in Schutz nehmen muss,
weil die diese Geräte nicht reparieren können selber oder nicht reparieren lassen können.
Und das musste quasi erzwungen werden.
Und es wird halt so Produktkategorie für Produktkategorie betrachtet.
Das gibt es noch nicht irgendwie gesamt.
Auch diese EU-Richtlinie zum Recht auf Apparierbarkeit bezieht sich nur auf
ganz bestimmte Produkte und alle möglichen sind ausgenommen.
Und die Lücken in dieser Regelung sind auch gigantisch.
Du bist nicht gezwungen, die Sache reparierbar zu machen, wenn es irgendwie
nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu machen ist.
Also das heißt, wenn du jetzt einen Fernseher hast und der geht kaputt,
der muss so abstrakt reparierbar sein.
Weil dann stellst du fest, okay, das Panel, was dann ausgetauscht wird,
also quasi das, was die Bildpunkte enthält in dem Gehäuse des Fernsehers, ist dann so teuer.
Oder der Umbau, du findest niemanden, der dir das dann macht.
Und um es zum Hersteller zu bringen, ich hatte das konkret in einem Fall,
heißt es dann, ja gut, dann müssen sie den Fernseher jetzt nach Rostock schicken, von Berlin aus.
Also niemand möchte einen Fernseher verschicken. Das ist einfach irre.
Also lange Rede, kurzer Sinn.
Teilweise regelt der Markt, meist regelt er nicht.
Du brauchst, glaube ich, eine gesetzliche regulatorische Eingriffe und du brauchst
Kunden, die besser informiert sind und sagen, stopp, das wollen wir nicht.
Wir wollen hier zurück. Es gibt Beispiele, wo das erfolgreich war.
Also als zum Beispiel VW angefangen hat, ihre Lenkräder nicht mehr mit Tasten
für Lautstärke, Tempomat und sowas auszustecken, sondern mit so berührungsempfindlichen
Flächen, die man nicht ertasten kann,
die man nicht bedienen kann, wenn man nicht hinguckt und die man irrtümlich
drückt, einfach indem man sie greift.
Das haben die ein paar Jahre gemacht.
Jetzt rudern sie zurück, die Tasten sind wieder da. Jetzt probieren sie einen
anderen Scheiß, der also auch an designerischer Kleingeistigkeit eigentlich nicht zu toppen ist.
Nämlich elektrische Fensterheber, eigentlich vier Tasten, für jedes Fenster
eine, vorne beim Fahrer, links in der Armauflage.
Da haben jetzt mehrere Hersteller angefangen, die zwei hinteren Tasten einzusparen.
Dass es jetzt nur noch zwei Tasten gibt.
Und wenn du die Fenster hinten rauf und runter machen willst,
musst du eine Touchfläche drücken, auf der Rear steht.
Und dann haben die beiden Tasten die Funktion für die hinteren Fenster.
Das geht natürlich nur, indem du hinguckst.
Mach das mal, wenn da hinten die Kinder schreien. Du bist auf der Autobahn,
du willst jetzt hinten die Fenster rauf oder runter machen.
Du musst gucken, wie das geht. Irre, absolut irre.
Ein, zwei Mikroschalter gespart. Ja, Pfennige.
Für eine User Experience, von der keiner sagen kann, das ist wirklich besser als vorher.
Ich bin froh, dass man mir die hinteren beiden Schalter weggenommen hat.
Das wird auch zurückgerollt werden, weil das ist so offensichtlich und Kunden werden Terz machen.
Aber wahrscheinlich hat die Marktforschung gesagt, unser Auto wird im Durchschnitt
nur von 1,3 Menschen gefahren.
Da können wir die beiden Schalter für hinten eigentlich einsparen.
Also es wird irgendeinen Grund gegeben haben, der dazu geführt wird.
Also mit anderen Worten, manchmal ist der Protest der Kundschaft wird gehört
und führt irgendwo hin und.
Da reden wir ja nicht nur von so kleinen Sachen wie ist der Schalter jetzt da
oder nicht, sondern auch von so ganz großen Sachen wie können wir bitte billige
Elektroautos haben und dann kaufen wir sie halt aus China, wenn die deutschen
Hersteller nicht willens oder imstande sind.
Also da gibt es und dann greift der Staat dann auch wieder ein,
aber auf so eine unangenehme Weise mit, wir machen diese Autos jetzt einfach
mal 10.000 Euro teurer, um unsere riesigen Arbeitsplätze zu schützen,
um die nicht so guten Autos besser zu verkaufen.
Also du willst auch nicht immer den Staatseingriff haben. Das muss man halt auch sagen.
Jetzt hast du schon gesagt, es gibt dann die Meetings und es gibt ja irgendeinen
Grund oder so sind wir auch eingestiegen, dass sowas entschieden wurde.
Da frage ich mich natürlich auch immer, was dann der Beitrag der Wissenschaft
so ein bisschen sein kann.
Und wenn ich so an die Organisationssoziologie denke, die ja genau sich fragt,
wie entstehen eigentlich Entscheidungen in Organisationen, muss ich auch daran
denken. Aber ohne mich da jetzt eben auszukennen, sind mir da jetzt auch keine Studien.
Also es gibt sicherlich im weiteren Sinne Studien, die versuchen,
sowas nachzuvollziehen, warum es eben krasses Marktversagen gibt oder sowas.
Hast du da dich irgendwie umhören können? Also ich weiß auf jeden Fall,
dass das extrem schwierig ist von Leuten, die ich kenne, die solche Studien
gemacht haben in der Industrie,
weil man natürlich mit Anonymisierung, man muss über Jahre zum Teil Vertrauen
aufbauen, um da überhaupt Interviews zu bekommen und so weiter.
Das ist unheimlich aufwendig, das zu publizieren.
Deswegen kann ich mir vorstellen, dass es überhaupt schwierig ist und wenn es
natürlich das Thema schon ist, den Krempel, den ihr herstellt,
so kann man das natürlich überhaupt gar nicht machen.
Aber vielleicht hast du da so ein bisschen Einblick bekommen,
inwiefern man auch wirklich ganz, sozusagen ganz objektivierbar verstehen kann,
was läuft eigentlich in so einer Organisation.
Ist das sozusagen schon bösartig, dass man sagt, das sind diese Optimierer,
diese Unternehmensberater oder die Rechner, die BWLer, die jeden Cent einsparen, sind die schuld?
Oder ist es eben tatsächlich ja so ein, da ist gar niemand so richtig schuld,
dass es irgendwie aus diesen tausend Faktoren kommt das immer wieder in ganz vielen Fällen.
Ja, also dazu kann ich zwei Sachen sagen, eins aus eigenem Erleben und eins
durch so Hintergrundgespräche.
Was Hintergrundgespräche angeht, also ich habe mit Organisationen gesprochen,
wo ich mich frage, warum seid ihr so scheiße?
Und wie kann das, Wie konnte das passieren? Also da gibt es ja genug Beispiele,
wo sich Leute fragen, wie konnte das eigentlich passieren?
Irgendwie Beschilderungen in Bahnhöfen oder an Flughäfen, wo man denkt,
hier müssen doch so viele Leute daran gearbeitet haben, dieses Thema irgendwie
hinzukriegen, dass man sich nicht verläuft und dass man weiß, wo man hin muss und so.
Und das sind dann oft ganz, also irgendwie unschuldige Gründe,
wie der Prozess hat so lange gedauert, dass in der Zwischenzeit so viele Leute
ihre Jobs gewechselt haben und die Menschen,
die die ursprünglichen Entscheidungen getroffen haben, nicht mehr da sind und
die Übergaben irgendwie nicht stattgefunden haben und am Ende die Person nicht
mehr wusste, warum am Anfang mal irgendwas so entschieden wurde und das dann
geändert wurde, die anderen Personen nicht mehr da sind.
Oder wenn der Auftraggeber wie ein Flughafen BR im,
In Berlin drei verschiedene staatliche Einrichtungen sind, die dann auch noch
miteinander konkurrieren.
Also Bund, Land, Stadt und so.
Und da dann öffentlichkeitswirksam Leute rausgeworfen werden müssen und Abteilungen
geschlossen und so. Dabei geht natürlich sehr viel kaputt.
Du hast auf der anderen Seite aber auch so Sachen wie so organisierte Verantwortungslosigkeit,
die oft auch in bester Absicht eigentlich herbeigeführt wird,
weil es unter Partizipation läuft.
Also ich habe genug Unternehmen erlebt, in denen Produktentscheidungen eben
nicht mehr von irgendwie einer Person, die am Ende irgendwie gerade stehen muss
für etwas getroffen werden,
sondern in so Meetings, wo möglichst viele Leute zusammensitzen und dann Post-its
an die Wand kleben mit lauter Ideen und Input und so.
Und dann ist es oft eine Person von außen, die dann so als Moderator oder Facilitator,
wie das heißt, dazu geholt wird, der das dann clustert, was da an Input kam.
Und die Person ist natürlich gar nicht so tief im Thema und kennt das Produkt
auch gar nicht so gut, sondern die guckt da so abstrakt drauf und die ist auf
einer Flughöhe unterwegs, wo der einzelne Fensterheber keine Rolle mehr spielt.
Und das Management macht das, weil es sich natürlich quasi rückversichern kann,
die richtige Entscheidung getroffen zu haben, indem möglichst viele Leute partizipiert
haben. Ihr hättet ja alle ins Meeting kommen können.
Ihr saßt ja am Meeting, ihr wurdet ja gehört.
Eure Idee war auf dem rosanen Post-it und klebt da an dem Fenster.
So, es wurde ja alles besser.
Und da gibt es strukturell so viele Fehler und Schwächen in diesem Prozess.
Also alle Ideen haben etwa das gleiche Gewicht, unbedeutende und riesige Änderungen
stehen auf gleich großen Posts, in gleich großer Stift, haben das gleiche Gewicht.
Leute, die einfach nur in dem Meeting sitzen, weil sie gerade nichts Besseres
zu tun haben, haben genauso viel Stimmgewicht wie die Leute,
die den ganzen Tag nichts anderes machen, als an diesem Produkt zu arbeiten.
Die Zusammensetzung dieser Meetings ist auch oft völlig zufällig und ergibt
sich halt einfach irgendwie, wer hat gerade Zeit und wen interessiert es oder
wer hat zufälligerweise eine starke Meinung in irgendwas.
Und am Ende hast du ein Ergebnis, das so diffus ist, dass du es nicht mehr nacherzählen kannst.
Also ich habe das öfter gehabt, dass ich dann eine Woche später mit Mitarbeitern
gesprochen habe in Unternehmen.
Was kam denn eigentlich raus bei dem Workshop letzte Woche?
Ja, das kann ich jetzt eigentlich gar nicht so genau, weiß ich jetzt gar nicht so.
Und am Ende hast du so eine völlig akteurslose Situation, wo Dinge am Ende rauskommen,
die keiner gewollt hat von denen, aber der Prozess dahin war so schlecht.
So und dem einfach nur gegenüberzustellen, so quasi das eine Genie,
eine unternehmerische, designerische, der sagt, wir machen das jetzt so.
Also Apple hat das so gemacht, ja, mit einsamen Entscheidungen,
die dann entweder genial oder total daneben waren.
Aber so kann man halt auch keine Firma führen. Also was die Lösung dafür ist, weiß ich nicht.
Aber das ist dieses, das heißt ja auch Design by Committee, das ist es nicht. Das kann es nicht sein.
Weil du hast Verantwortungsdiffusion, auch wie gesagt nicht in böser Absicht,
auch so zur Absicherung, dass man hier irgendwie nichts falsch macht.
Aber ein Management, das sich gar nicht mit dem Produkt identifiziert,
das hergestellt wird, weil es von außen reingeholt wurde und eigentlich fachfremd
ist, ist, glaube ich, gar keine gute Idee.
Da habe ich sehr viel Merkwürdiges schon gesehen, wo ich dachte,
wenn du das Produkt selber benutzen würdest, wenn du wissen würdest,
wie unsere Kunden dieses Produkt benutzen,
dann wäre dir das nicht so egal, was hier passiert.
Dann würdest du das nicht hinnehmen, dass am Ende so ein Entscheidungsbrei passiert.
Also so eine gewisse Identifikation,
mit dem Produkt der Arbeit, wäre im Management, auch im Top-Management, eine sehr gute Idee.
Also wir hatten das auch mal phasenweise.
Es gab so Erzählungen, glaube ich, über Ferdinand Pirch, der irgendwie sich
ständig in die Autos gesetzt hat, im halbfertigen Zustand die Türen zugeschlagen
und aufgemacht hat und das alles nicht gut fand und so.
Also ja, das ist alles dieses patriarchale, so hoppla, jetzt komme ich, auch nicht schön.
Aber immerhin ist da jemand, der den Hut auf hat und sagt, ich stehe dafür gerade,
dass wir das so entschieden haben.
Es ist nicht so, dass 25 Leute mit den Achseln zucken und sagen,
wir hatten doch einen Workshop.
Das geht natürlich so ein bisschen über die Frage hinaus, aber das glaube ich
auch, dass es schon diese Verantwortlichkeit ist.
Also ich habe manchmal das Gefühl, das ist auch so eine allgemeine Stimmung
gerade, dass man auch in der Politik eigentlich nicht mehr damit rechnet,
dass eben Leute den Hut aufhaben und sozusagen sich irgendwie verbunden mit der Sache fühlen,
hast du das Gefühl, dass auch so eine allgemeine Sehnsucht, kann man natürlich
erstmal kritisieren, dass es vielleicht Hybris ist, dass da einer davon dahinter
steht, aber du wirst trotzdem auch sagen, ohne dieses Verantwortungsgefühl und ohne diese,
es ist ja auch wirklich eine Form von Ehre, dass das wirklich,
also wenn eben so eine Firma merkt, wir bauen hier Schrott, der eigentlich so
nicht geht, dass das auch für die Selbstachtung sozusagen dieser Organisation
und der Leute, die dort arbeiten, ein Problem ist.
Wenn das nicht mehr stattfindet und Selbstachtung nicht mehr,
dass das mehr oder weniger egal ist, auch weil es die Marke nicht mehr gibt.
Die Marke hat man sich eh gekauft irgendwo.
Und dass alles irgendwie so, ja, alle nur noch so ein bisschen irgendwie ihren
Job machen, dass das auch nicht funktionieren kann, würdest du eigentlich schon sagen.
Auch wenn das, wir haben es ja schon ein paar Mal im Gespräch,
so ein bisschen konservativ klingt und so ein bisschen kulturpessimistisch.
Also ist es konservativ zu sagen, man möge sich mit dem Produkt seiner Arbeit
identifizieren? Ich glaube nicht.
Es wird vielleicht konservativ, indem man sagt, das Management,
die Leitungsfunktionen, die müssen sich mit dem Produkt ihrer Arbeit entwickeln,
aber eigentlich auch das nicht.
Es wird vielleicht erst konservativ, wenn man da so ein Geniekult dran heftet
und sagt, nur er kann uns retten oder so. Das ist auch schon nicht mehr konservativ,
das ist schon weit drüber hinaus.
Aber die Identifikation mit dem Produkt ist, glaube ich, durch nichts zu ersetzen.
Und die Identifikation mit dem Produkt hängt an Einzelpersonen, glaube ich.
Also wenn du das nicht möchtest, dann musst du eine Marke bauen.
Weil dann versuchst du quasi Leute hinter einer Idee und einem Anspruch von
etwas zu versammeln und möglichst viele Leute.
Also mir hat, ich habe das mal in irgendeinem Seminar gehabt,
da hatte ein Markenprofessor erzählt von seiner Frau,
die als junge Frau für Dior gearbeitet hat, in einem Warenhaus,
im Erdgeschoss in der Kosmetikabteilung.
Und die mussten bestimmte Klamotten tragen, um als Dior-Mädchen,
so hieß das, quasi dort arbeiten zu können.
Und die hatten bestimmte, von Christian Dior designte Kleider an,
die Reißverschluss hinten hatten, damit die die nicht vorne quasi selber aufmachen
konnten, um dann zu leger auszusehen.
Man brauchte also eine zweite Person, um hinten dieses Kleid zu schließen und
die Frauen, die es da ging, kamen eines Tages irgendwie zu spät und dann war niemand da,
der ihr hinten helfen konnte, dieses Kleid anzuziehen, also ist sie in ihren
normalen Klamotten an den Dior-Stand gegangen und hat da halt angefangen, Parfüm zu verkaufen.
Und dann kam die Abteilungsleiterin, die Bereichsleiterin, just an diesem Tag
vorbei und schickte sie weg und sagte, wie sehen Sie denn aus?
Sie können doch in diesem Aufzug hier nicht arbeiten.
So und unter Tränen gingen die dann nach Hause, weil die ihre Arbeit halt dann nicht machen durfte.
Und hat dann am Abend ihrem Mann erzählt, der sie natürlich fragte,
wie es ihr geht und wie das alles gelaufen ist.
Sagt sie, ja, das ist natürlich schrecklich und furchtbar, aber sie sei trotzdem
oder deswegen am Ende wahnsinnig stolz gewesen, ein Dior-Mädchen zu sein. Vielen Dank.
Das ist eine Marke. Du wirst zusammengefaltet und gehst nach Hause und denkst,
ja doch, scheiße, ich habe diesem Anspruch nicht genügt.
Das ist natürlich ein sehr extremes und reaktionäres Beispiel, aber das ist eine Marke.
Dass es den Leuten eben nicht egal ist. Und ich sage nicht, dass die Marken
Probleme lösen werden, um Gottes Willen, nein.
Aber das ist ein gutes Beispiel dafür, was es bedeutet, sich mit der Arbeit
zu identifizieren, auf eine abstraktere Weise.
Da ist nicht der individuelle Arbeiter nur, sondern so, ich stehe für etwas,
was einen gewissen Qualitätsanspruch, was vielleicht einen bestimmten gestalterischen
Anspruch oder Anspruch an Innovation oder irgendwas verkörpert.
Ja, wenn du so willst, eine konservative Kritik an Waren,
deren Herstellungsprozess und Gestaltungsprozess irgendwie egal zu sein scheint.
Ja, ich muss ja auch an die Arts & Craft Bewegung denken. Da habe ich immer
so ein Zitat, was mir da im Kopf geblieben ist von Charles Ashby.
Das war einer von denen, der da auch seine kleinen Unternehmen,
seine Manufakturen hatte.
Und der hat eigentlich gesagt, diese Arts & Craft Bewegung, da geht es natürlich
irgendwie um diese Handarbeit.
Dadurch ist das ja auch irgendwie in dieser reaktionären Ecke.
Aber er hat eigentlich gesagt, dass es um Qualitätsstandards geht im Leben und in der Arbeit.
Und diese Bewegungen, die haben wir deswegen, um diese Standards in allem,
was wir tun und in allem, was wir herstellen, zu sichern.
Also das war dann eben natürlich an die Idee der Zünfte angeschlossen und so weiter.
Und da kann man auch ganz viel kritisieren, dass das natürlich irgendwie nicht
ganz passend ist fürs Industriezeitalter.
Aber dass das irgendwie auch resoniert noch mit uns heute und dass es damals
schon irgendwie so ein Punkt war, das muss man da, glaube ich,
sehr ernst nehmen. Also das...
Also ich hadere auch noch so ein bisschen. Also ich finde, man braucht dann
trotzdem noch irgendwie auch ein strukturelles Verständnis davon,
was ein Unternehmen eigentlich ist und wessen Interessen da von wem in welcher
Form irgendwie vertreten werden und wessen nicht.
Also man kann natürlich auch immer
den Leuten sagen, hier, das ist jetzt hier, wir alle sind VW oder so.
Aber das heißt ja nicht, sagt ja noch nicht, dass wir alle das Gleiche kriegen
oder die gleichen Mitbestimmungsrechte haben oder die gleiche Macht.
Und VW, ich kann, sagt natürlich, solange deutsches.
Tolles Unternehmen irgendwie nutzt diese symbolische Kraft, solange das halt
passt und wenn es nicht mehr passt, dann tut VW das halt nicht.
Also das sind halt kontingente, kulturelle Aspekte, die da mit reinspielen und die dann auch,
ökonomisch verwertbar sind, aber ich würde nicht sagen, dass jetzt irgendwie
das Unternehmen, also sozusagen eine ethische Substanz hat, die man sozusagen
jenseits von den strukturellen Machtverhältnissen auch einfach irgendwie beschwören kann.
Und so ähnlich geht es mir auch mit diesem Aspekt der Warenkunde und so.
Also ich finde das schon auch irgendwie attraktiv. Man muss das,
man muss irgendwie auch die Leute befähigen, über die Dinge ihrer alltäglichen,
Verfahren und ihrer alltäglichen.
Bedarfe irgendwie kritisch reflektieren zu können und zu verstehen,
wieso funktioniert eigentlich alles so schlecht, was ich gerade für meinen Alltag
brauche und für die Reproduktion meines Lebens.
Aber man muss halt trotzdem auch sehen, also es gibt dann halt irgendwie die
Ökonomie, es gibt den Konsumenten, es gibt die Politik, es gibt die gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Ich will auch gar nicht sagen, dass du das alles nicht auch so siehst. Ich will nur sagen,
wir können nicht über eine Unternehmensethik
und über Consumer-Kompetenzen sowas wie die ökologische Verheerung oder die
Ausbeutung oder eben auch allgemeine Tendenzen in Monopolkapitalismen überwinden.
In welches Verhältnis würdest du das setzen? Oder vielleicht bist du da auch eher einer Meinung?
Also Unternehmensethik, glaube ich, also auch ein irrer Begriff,
kommt auch im Buch, glaube ich, nicht vor.
Ich habe mich ja sehr viel mit Unternehmensgründungen beschäftigt,
selber mehrere Unternehmen gegründet und hunderte GründerInnen beraten in verschiedenen
Funktionen und die Leute,
die das machen, die allermeisten,
haben einen Gestaltungswillen.
Und das kann man nicht einfach wegreden als, das ist ja strukturell ein Unternehmen,
das kann schon per se sowas nicht haben. Doch, doch.
Also vielleicht nicht das Unternehmen, aber da gibt es Einzelpersonen,
die haben einen Gestaltungswillen und die haben sowas wie Werkstolz.
Und diese Leute müssen hoch in den Unternehmen, die müssen befördert werden.
Und in den guten Unternehmen kann das passieren und in den schlechten wird das nicht mal gesehen.
Und das finde ich wichtig. Also das ist nicht der Geniekult,
sondern das ist was anderes nochmal.
Und das haben UnternehmerInnen, die sagen, ich starte das jetzt und gehe da
irgendwie ein Risiko mit rein und sammle dafür Geld ein und sowas.
Das haben aber auch Angestellte, die einfach nur ihren Job machen wollen und
ihren Job richtig machen wollen.
Und das zu nutzen und das zu betonen, scheint mir eine wichtige Aufgabe zu sein
in der Unternehmensführung. Und ich glaube, dass das halt schwer ist oder unmöglich
ist für Leute, die halt von Excel kommen.
Also wer einfach irgendein Unternehmen führt, weil er quasi abstrakt das mal
gelernt hat und weiß, wie das funktioniert,
der aber weit weg ist von dem Erleben der Kundschaft und von dem Herstellungsprozess
des Produkts und so, der da kein Interesse hat, ich glaube, ist eigentlich ungeeignet dafür.
Dann habe ich noch eine letzte Frage. Da haben wir jetzt auch nur am Rande immer
mal drüber gesprochen, nämlich eben der Klimawandel und die ganze Frage,
wie das überhaupt mit dem Konsum weitergeht.
Ich habe da und deswegen war das Buch jetzt eigentlich auch passend immer schon
die Frage für mich, wie kann das funktionieren?
Und auch die Frage von, wird weniger konsumiert, wenn das letzten Endes diese
Mangelerfahrung vermehrt und man das Gefühl hat, wir gewinnen hier nichts,
wenn weniger konsumiert wird, sondern es ist letzten Endes dann diese alte,
tatsächlich diese konservative Linie zu sagen, wir müssen uns beschränken.
Also heute sagen das Konservative nicht mehr.
Die sagen ja Wachstum, Wachstum, Wachstum. Früher, so vor 100 Jahren oder so,
aber auch in der Nachkriegszeit noch gab es Konservative, die sagen,
das ist unmoralisch, so viel zu konsumieren. Man soll sich selbst beschränken etc.
Und diese Form von konservativer Konsumkritik, die ist heute eigentlich eher
sozusagen bei gar nicht so rechten Konsumkritikern.
Also diese einzelnen Elemente hatten wir ja auch schon im Gespräch.
Die wechseln immer mal auch so ihre politischen Seiten.
Für die Gesamtgesellschaft ist das für mich...
Tatsächlich die Frage, wie das geht, Leuten zu sagen, du darfst das nicht mehr,
du darfst das nicht mehr, du darfst das nicht mehr.
Dein Buch geht eigentlich, ohne jetzt eben ein Buch über Klimawandel und über,
auch das hast du ja gesagt, eigentlich nicht konsumkritisch zu sein,
in eine Richtung, wo es eigentlich darum geht, vielleicht kann man, wenn man.
Wieder ein anderes Verhältnis auch zu denen entwickelt und neue Ansprüche vielleicht
auch entwickelt und irgendwie das schafft, auch diese Ansprüche in der Wirtschaft
durchzusetzen, ja auch vielleicht auch auf einem Weg ist, wo tatsächlich weniger konsumiert wird.
Du sagst, so eine Waschmaschine soll auch wieder 20 Jahre halten können.
Und das ist gar nicht nur, weil man sagt, wir sollen nicht so viele Waschmaschinen
herstellen, damit das Klima geschützt wird, sondern tatsächlich auch aus der
Überzeugung und dem Anspruch, die Maschine ist auch schöner.
Die macht mir mehr Freude, wenn ich das Gefühl habe, die ist so gut gebaut, dass sie 20 Jahre hält.
Die ist doch viel toller als eine, die ich alle paar Jahre austausche,
die vielleicht die neuesten Features und Spielereien hat, aber die mir keine Freude macht.
Jetzt lange Rede, kurzer Sinn, ist das vielleicht auch eben so ein Versuch auf
diese Fragen von Klimawandel und überhaupt der Zerstörung eben der Lebensgrundlagen
eine Antwort zu bieten, die nicht eben in die Richtung geht,
wir dürfen nicht zu viel konsumieren, sondern wir müssen eigentlich positiv
auch, können wir in eine Wirtschaft reingehen, die uns sozusagen eigentlich
mehr Genuss auf eine Weise ermöglicht, obwohl es vielleicht weniger Dinge sind.
Ja, es wäre schön, wenn wir eine positive Vorstellung von einem besseren Konsum
erzählen könnten oder vorbringen könnten,
anstatt einfach nur zu sagen, ihr müsst weniger konsumieren.
Das ist natürlich unattraktiv, zu sagen weniger. Ja, und wenn man bedenkt,
dass das, was wir jetzt gerade haben, ist ja eigentlich schon ein Mangel.
Also wir sitzen ja hier und sprechen miteinander, weil wir einen Mangel empfinden in der Welt.
Wir sind umgeben von einem Haufen
Zeug, das wir nicht gut finden und das schlechter geworden ist, ohne Not.
Und wenn wir den einzelnen Dingen...
Diese Aufmerksamkeit zuwenden würden, auch den noch trivialsten Dingen und die
alle ernst nehmen würden,
also auf Herstellerseite, auf politischer Seite, auf Konsumentenseite,
dann würde unser Leben doch nicht schlechter.
Es würde doch nicht schlechter dadurch, wenn wir weniger Sachen kaufen,
wenn wir uns mit den Dingen, die wir in voller Absicht und aus Überzeugung angeschafft
haben und die wir dann dauerhaft behalten können und vielleicht sogar vererben und so weiter.
Das ist doch kein Mangel. Das ist wirklich kein Mangel.
Zugeworfen zu werden mit hinfälligen Sachen, die einen frustrieren,
die man ständig wegwerfen und neu kaufen muss, wo man sich jedes Mal ärgert,
wenn man mit denen zu tun hat, das ist doch ein Mangel.
Also weg von dieser, also ich glaube, dieser Mengendiskussion,
dieser Quantitätsdiskurs, der ist, ich glaube, der führt nicht ans Ziel.
Also einfach nur darüber zu reden, weniger zu konsumieren, das wird zwangsläufig
dann in der Folge weniger.
Das ist so, wie wenn man in einer guten Küche oder in einem guten Restaurant,
es ist nicht die Menge der Zutaten.
Es ist die Qualität der Zutaten und die handwerkliche Fähigkeit der Zubereitung
und die Kreativität, die da reinfließt, ist nicht die Menge.
Und das kann man sicherlich auch auf andere Dinge anwenden. Und wir tun das
ja, bei bestimmten Produktkategorien tun wir das ja.
Bei Armbanduhren wird es gemacht, bei Fotoapparaten wird es gemacht.
Es gibt so bei Messern manchmal, es gibt so Produktkategorien,
wo jeder weiß, ja, da gibt es große Unterschiede.
Das zeigt dann schon die Anschauung, das hier ist etwas, das nicht weggeworfen
wird schnell. Das ist etwas für die Dauer.
Das ist auch eine ästhetische Frage natürlich.
Wenn wir das ausweiten könnten, in diesen Gedanken und zwar eben auch in der
Herstellung und sagen, ist das wirklich jetzt für die Dauer?
Dann kommen wir vielleicht ein bisschen weg von diesem, ja, wir müssen einfach weniger konsumieren.
Dieser ganze zur Schau gestellte Minimalismus ist ja auch irgendwie Quatsch.
Wir werden auch in Zukunft irgendwie Kuschelschubladen haben,
wo Sachen drin sind, wo wir nicht wissen, ob wir die nicht vielleicht mal brauchen
in zwei Wochen oder in zwei Jahren und so.
Und einfach nur glatte Oberflächen zu haben und das dann Minimalismus zu denen,
das ist ein bisschen Quatsch.
Das ist ein weiteres Produkt, das man verkaufen kann und keine Lösung für irgendwas.
Ich würde auch nur da nochmal, sorry, ich klinge wie so ein altbackener Sozialist aus dem 19.
Jahrhundert, aber ich meine auch nur da muss man dann aber auch strukturelle
Widersprüche auch zur Kenntnis nehmen, denke ich.
Also es gibt schon Branchen, wo es halt einfach auch nicht dem unternehmerischen
Interesse dient, würde ich sagen, die Produkte eben besonders langlebig zu machen.
Und es ist eben einfach, also wenn man davon ausgeht, dass Kapitalismus tatsächlich
was ist, was immer wachsen muss, dann ist es vielleicht eben auch strukturell nicht möglich.
Dann braucht eben der Kapitalismus strukturell Leute, die immer mehr und regelmäßig kaufen.
Und wenn das so ist, dann kann es nicht funktionieren, dass sie nur sozusagen
über qualitätsvolle Produkte befriedigt sind für 20 Jahre Waschmaschine.
Man muss die halt vielleicht auch öfter absetzen, damit der ganze Laden läuft,
an dem dann wieder die Arbeitsplätze hängen und die Politik interessiert ist,
weil sie die Steuereinnahmen gewinnt und so.
Und dann haben wir einen strukturellen Zusammenhang, der eben einfach nicht
darüber hinwegkommen kann, wenn er nicht sozusagen auch strukturell verändert ist.
Ja, also...
Ich glaube, das ist quasi der, an dem Punkt endet das Buch eigentlich,
ein bisschen im Rückgriff auf diese Utopien aus den 70ern und 70er Jahren über Bedürfnisse.
Wo ich ja auch ende mit der bisschen achselzuckenden Feststellung,
dass wir das Problem mit den Wahren nicht lösen können.
Also auch nicht mit den guten Wahren.
Damit lasse ich die Leserin dann am Ende allein, weil ich hier auch kein sozialistisches
Manifest geschrieben habe oder schreiben wollte,
weil ich habe keinen Alternativsystemvorschlag hier gemacht,
sondern versucht zu beschreiben, dass dieser Aspekt der komischerweise schlechter
werdenden Dinge irgendwie interessant ist, weil man uns ja auch im Kapitalismus
eigentlich das Gegenteil versprochen hat.
Die Dinge müssen ja besser werden und der Fortschritt ist ja unaufhaltsam und
die Konkurrenz belebt das Geschäft und so weiter.
Und dass das komischerweise nicht so ist und nicht durchwegs so ist,
welche Konsequenzen daraus gezogen werden auf politischer oder persönlicher Ebene, not for me to say.
Ja, also das müssen dann, diese Bretter müssen dann, glaube ich, andere Leute bohren.
Ich kann mich jedenfalls nicht
hinstellen und sagen, der Kapitalismus wird diese Probleme alle lösen.
Ich kann mich aber auch nicht hinstellen und sagen, der Sozialismus wird diese Probleme alle lösen.
Dann nehmen wir das als Schlusswort und empfehlen zum Abschluss eben auch nochmal das Buch.
Ich habe auch, es liegt ja auf dem Schreibbuch und gerade gemerkt,
dass es genau dieselbe Oberfläche hat wie das MacBook, was daneben steht.
Also das passt auf jeden Fall, sodass wir auch den Bogen zum Beginn geschlagen
haben. Die Verkrempelung der Welt heißt es zum Stand der Dinge des Alltags bei SoKamp erschienen.
Und ein paar Beispiele hast du heute auch schon genannt, die im Buch sind.
Ein paar sind da auch mehr drin. Also es lohnt sich auf jeden Fall nochmal reinzugucken.
Dann, Gabriel, danke dir.
Ich danke euch.
Das war die 103. Folge von Das Neue Berlin.
Wie immer empfehlt uns weiter online wie offline.
Hinterlasst uns gegebenenfalls auch eine Rezension mit fünf Sternen,
um den Algorithmus ein bisschen zu beeinflussen.
Wir hören uns bei der nächsten Folge von Das Neue Berlin.
Tschüss, macht's gut.